Samstag, 16. Oktober 2021

Mietshäuser im Wald

Ein Zitat

Der weitherum sichbarer Teil der Cité du Lignon überragt den Wald bei Genf. Das längste Haus Europas bietet 5700 Mieterinnen und Mietern Wohn- und Lebensraum.
Foto © Jörg Niederer
Noch immer lassen Architekturfotografen sich verführen von der Fassade, die "vom Spiel des Lichts, der Wolken am Himmel und der Natur belebt wird." Georges Addor über die Cité du Lignon (das längste Haus Europas)

Ein Bibelvers - Offenbarung 21,22-24

"In der Stadt sah ich keinen Tempel. Denn ihr Tempel ist Gott, der Herr, der Allmächtige – er und das Lamm. Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die für sie scheinen. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihr Leuchter ist das Lamm."

Ein Anregung

Genf hat so einige architektonische Spezialitäten. Ob der Springbrunnen Jet d'eau dazu gehört? Aber sicher das längste Wohnhaus Europas muss erwähnt werden.

Cité du Lignon nennt sich die von 1962–1971 nach Plänen von Georges Addor erbaute Grosssiedlung, ein Polygonzug, der sich in Vernier über mehr als einen Kilometer erstreckt. Darin wohnen sollten einst 10'000 Menschen. Heute sind es 5700 Mieterinnen und Mieter.

Von der Rhone sieht die Siedlung aus, als würde sie aus dem Wald wachsen. Mir kommen dabei die Retortenstadt Brasilia in den Sinn, oder auch Pläne aus dem Kanton Schaffhausen, eine Waldsiedlung zu erbauen.

Wenn alle Menschen in der Schweiz, die sich als Mitglieder der Evangelisch-methodistischen Kirche verstehen, in Genf zusammengezogen würden, dann hätten sie gut Platz in dieser Cité du Lignon. Löst diese Vorstellung bei dir schon einen methodistischen Dichtestress aus? Oder wäre das Leben in dieser Siedlung sicherer, besser, liebevoller? Würden alle füreinander sorgen, sich umeinander kümmern? Oder wäre es wie in jedem anderen "ehrenwerten Haus"?

In nigerianischen Lagos gibt es eine christliche geprägte, mehrere hundert Wohnhäuser umfassende Siedlung, die wie eine kleine Stadt in der Megacity funktionieren. Gesichert durch Wachpersonal soll es in dieser Siedlung friedlicher und gerechter zu- und hergehen. Auch Nichtchristen ziehen aus diesem Grund dorthin. Es werde weniger gestohlen und mehr aufeinander geachtet.

Würdest du in einer solchen "christlichen Stadt" leben wollen? Oder noch etwas zugespitzter: Würdest du in einer rein methodistischen Stadt leben wollen?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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