Ein Zitat
Foto © Jörg Niederer |
Ein Bibelvers - 2. Mose 35,35
"Gott hat sie mit Weisheit erfüllt, sodass sie jede Arbeit ausführen können: als Kunsthandwerker, Kunstweber und Sticker, die violette, purpurrote und karmesinrote Wolle und feines Leinen verarbeiten. Sie kennen sich auch mit Entwürfen aus."
Ein Anregung
Man nannte sie Sprayereien, die Werke von Harald Oskar Naegeli, dem 1939 in Zürich geborenen "Sprayer von Zürich". Als er in den 80er Jahren gegen die Urbanisierung der Stadt durch seine Strichfiguren protestierte, galten seine Werke als Schmierereien, für die er dann auch zu einer Haftstrafe von 9 Monaten verurteilt wurde.
Heute zählt er zu den Vorläufern der Street Art in Europa. Mit seiner politisch motivierten Kunst hat er immer wieder provoziert. Provokation muss Grenzen überschreiten. Kein Wunder, dass seine Kunst bis heute etwas aufmüpfiges hat, und Naegeli sich kaum an auferlegte Beschränkungen hält. Als er vor zwei Jahr im Karlsturm des Grossmünster in Zürich den Totentanz verwirklichen sollte, achtete er nicht auf die Vorgaben des Bauamts.
Eine seiner Totentanzfiguren habe ich gestern am Reformierten Kirchgemeindehaus Hottingen in Zürich entdeckt. Dort besuchte ich aus beruflichen Gründen eine Sitzung. Ob Naegeli die Figur aus Frust, dass man ihn im Grossmünster nicht machen liess, oder als Übungsobjekt dort aufgetragen hat, ich weiss es nicht. Die Figur ist da, und an dieser Stelle so willkommen, dass sie bleiben wird.
Den Wert dieses Street-Art-Beitrags erkennen offensichtlich auch die andern Sprayerinnen und Sprayer an. Keiner und keine hat Naegelis Figur als Einladung verstanden, nun die Wand des Kirchgemeindehauses Hottingen weiter zu bearbeiten. Und so bleibt Naegelis Totentänzer ein einsamer Geselle auf dem Tanzparket des kirchlichen Lebens. Das ist auch gut so.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen