Donnerstag, 31. März 2022

Pflegen und gepflegt werden

Ein Zitat

Familie mit gepflegtem Erscheinungsbild
Foto © Jörg Niederer
"Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann." Paul Gerhardt (1607-1676)

Ein Bibelvers - Lukas 10,33b-35

"Als er [der Samaritaner] den Verwundeten sah, hatte er Mitleid mit ihm. Er ging zu ihm hin, behandelte seine Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn in ein Gasthaus und pflegte ihn. Am nächsten Tag holte er zwei Silberstücke hervor, gab sie dem Wirt und sagte: 'Pflege den Verwundeten!'"

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "gepflegt" (Englisch: cared). 

Während im Englischen "cared" meist die Pflege von anderen Menschen beinhaltet, kann das deutsche Wort "gepflegt" auch als Adjektiv und im übertragenen Sinn verwendet werden. Dann reden wir etwa von einem "gepflegten Erscheinungsbild" oder einer "gepflegten Sprache". Das eine führt zum andern. Indem jemand pflegt, ist, erscheint oder wird etwas gepflegt. Von alleine kommt nichts. Ohne Fleiss, kein Preis. "Ungepflegt" beschreibt dagegen ein Defizit. Da fehlt etwas. Bei Äusserlichkeiten ist das nicht so schlimm. Aber wenn es um die gesundheitliche Pflege geht, dann darf das nicht geschehen, genauso wenig wie in der Altenpflege.

Gute Pflege macht Freude. Das gilt im sozialen Bereich genauso wie beim Städtebau, in der Kultur genauso wie in der Natur. Wobei es gerade auch in der Natur ein zuviel an Pflege und Eingriffen geben kann. Ein zu sauberer Wald, ein zu gepflegter Garten verliert an Vielfalt, wird artenarm.

Wie viel Pflege ist genug? Muss ich immer so aussehen, als ginge ich an ein Hochzeitsfest? Gibt es im sozialen Zusammenleben ein Zuviel an Pflege? Was, wenn die Pflege für die Pflegenden zu Überlastung führt? Wirst du gerne gepflegt? Oder ist es dir peinlich, wenn du nicht selbst für dich sorgen kannst?

Genug Fragen für mehr als einen gepflegt verbrachten Tag.

Morgen folgt ein Bild zum Wort "halten" (Englisch: keep).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 30. März 2022

Vom Salben und Ölen

Ein Zitat

Olivenöl im Verkaufsregal
Foto © Jörg Niederer
"Schmieren und salben hilft allenthalben." Sprichwort

Ein Bibelvers - 2. Mose 37,29

"Bezalel stellte auch das heilige Salböl her und das reine, duftende Räucherwerk, wie es ein Salbenmischer macht."

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "gesalbt" (Englisch: anointed).

Gesalbt wird was das Zeug hält. Wobei es längst nicht mehr nur Salböl ist, das da eingerieben wird. Handcreme, Fusscreme, Gesichtscreme, Sonnenschutzöl, Anti-Aging-Creme, Anti-Falten-Creme usw. Es gibt salbungsvolle Worte, was meist nicht nur positiv vermerkt wird. Motoren laufen nur geölt gut.

In religiösen und gesellschaftlichen Kontexten wurden Menschen zu Königen gesalbt, werden Kinder symbolisch mit Salböl vom Bösen geschützt und mit Salböl Gott geweiht, dazwischen dann die Taufe. Am Ende des Lebens steht für viele die letzte Ölung.

Ich kann mich an eine Diskussion erinnern an einer Pfarrweiterbildung, bei der es darum ging, welches Öl verwendet werden soll bei einer Salbungshandlung. Man tendierte zu Olivenöl, weil das wohl auch zu Jesu Zeiten häufig anders als in der Salatsauce zur Anwendung kam.

Da frage ich mich nun: Wie stark hat Öl über seine kosmetischen, medizinischen, heiztechnischen und kulinarischen Verwendungszwecke hinaus bei mir eine geistliche Bedeutung?

Morgen folgt ein Bild zum Wort "gepflegt" (Englisch: cared).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 29. März 2022

Mein Platz im Beauty-Salon

Ein Zitat

Glasfenster mit der Fusswaschung in der Augustinerkirche in Zürich
Foto © Jörg Niederer
Füsse "tragen uns im Laufe unseres Lebens rund 130 000 Kilometer weit, also etwa dreimal um die Erde. Damit sind die Füße die meist beanspruchtesten Teile unseres Körpers." www.el-beauty.ch

Ein Bibelvers - Matthäus 20,26-28

Jesus: "Sondern wer von euch groß sein will, soll den anderen dienen. Und wer von euch der Erste sein will, soll euer Diener sein. Genauso ist auch der Menschensohn nicht gekommen, um sich dienen zu lassen. Im Gegenteil: Er ist gekommen, um anderen zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele Menschen."

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "dienen" (Englisch: served). 

Wenn ich im Warenhaus am Beauty-Salon vorbeigehe, sehe ich sie daliegen. Meist sind es Frauen, gelegentlich auch einmal ein Mann. Zu ihren Füssen sitzt dann eine Angestellte, und bearbeitet die Füsse, schneidet die Nägel, entfernt die Hornhaut, peelt und salbt und massiert und lackiert.

Eine der symbolträchtigsten Weisen, wie Jesus vom sich und seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern sprach und handelte, war die Fusswaschung. So wie diese vom Evangelisten Johannes beschrieben wird, war es einerseits eine sehr intime Handlung und zugleich banal. Es ging dabei um Reinheit und Zugehörigkeit zu Gott aber auch um die Weise, wie Menschen, die sich zu Christus halten, sich in die Hierarchien der Welt einordnen sollen. Jesus erklärt sein Tun so: "Ihr nennt mich Lehrer und Herr. Und ihr habt recht, denn das bin ich. Ich habe euch die Füße gewaschen – ich, der Herr und Lehrer. Also sollt auch ihr einander die Füße waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben. Ihr sollt das tun, was ich für euch getan habe."

Bedeutet das nun, dass der Platz im Beauty-Salon des Lebens, den Christus Menschen zuweist, nicht zuerst auf der Kundenseite zu finden ist, sondern am Fussende, da wo gedient wird, da, wo Menschen Lasten abgenommen und Glücksgefühle geschenkt werden, sodass sie leichter und beschwingter ihren Weg weitergehen können? 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "gesalbt" (Englisch: anointed).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 28. März 2022

Erhöht und exponiert

Ein Zitat

Wacholderdrossel in ihrem Nest
Foto © Jörg Niederer
"Es gibt hohe Stellungen, die man am leichtesten in gebückter Haltung erreicht." Robert Lembke (1913-1989)

Ein Bibelvers - Johannes 3,14+15

"Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat."

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "erhöht" (Englisch: raised).

Die meisten Vögel nisten erhöht, in Bäumen, an Felsen und Gebäuden. So wie diese Wacholderdrossel, getarnt zwischen Efeulaub. Warum soll das ein Tier auch nicht tun, das fliegen kann. Es gibt deutlich weniger Raubtiere, die in der Lage sind, das Nest in dieser Höhe zu erreichen. Zudem hat man aus erhöhter Position den Überblick. Und doch gibt es auch viele Vögel, die am Boden brüten. Selbst da, wo sie es erhöht tun könnten.

Wenn von Christus gesagt wird, dass er erhöht worden sei oder erhöht werden müsse, dann hat das eine doppelte Bedeutung. Einerseits ist es ein Euphemismus für die Hinrichtung am Kreuz, andererseits ist es ein Bild für die Einsetzung in allerhöchster Stellung. 

Es hat eben vieles zwei Seiten. Wer hoch oben sein Nest baut, mag alles Überblicken. Zugleich ist er oder sie stärker exponiert. Da oben kann es auch ganz schön stürmen. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "dienen" (Englisch: served).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde


Sonntag, 27. März 2022

Besinnung auf Gott, Gespräche über Kirche und Welt

Ein Zitat

Singen von geistlichen Liedern an der Exekutivtagung der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeurope in der Methodistenkirche in Mulhouse.
Foto © Jörg Niederer
"Wir sehnen uns nach Hoffnung, die nicht zerbricht, die nicht vor dem Tod in die Knie geht, die nicht zerbombt, zerstört, verunglücken, verschwinden kann. Hoffnung, die nicht von dieser Welt ist, die unser Begreifen und Verstehen übersteigt." Jürgen Muthmann, Pfarrer

Ein Bibelvers - Psalm 9,10+11

"So ist der Herr eine feste Burg. Wer benachteiligt wird, findet bei ihm Schutz. Er ist eine feste Burg für die Zeiten der Not. Wer deinen Namen kennt, vertraut auf dich. Denn du, Herr, lässt niemanden im Stich, der deine Nähe sucht."

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "feiern" (Englisch: celebrate). 

An der Exekutivsitzung der Zentralkonferenz vom Mittel- und Südeuropa vom 25.-26. März 2022 in Mulhouse gab es immer wieder Momente des Gebets und der Besinnung. Das Feiern gehörte nicht einfach dazu, sondern war die Basis allen Nachdenkens und Austauschens über die ganze Zeit.

In der Morgenandacht vom Samstag erzählte Daniela Stoilkova aus Nordmazedonien von einer Zeit der Verunsicherung und Furcht in ihrem Leben und den Leben von Andern. Ausgehend davon und mit Bezug zu Psalm 9 lud sie ein, zwei Fragen zu beantworten: 

1. Wo in meinem Leben erlebte ich Verunsicherung und Angst?
2. Was brauche ich in meinem Leben, damit ich mir sicher sein kann und bewahrt bleibe? 

Zwei Fragen, die mich auch an diesem Tag noch weiter begleiten werden. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "erhöht" (Englisch: raised).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 26. März 2022

Die Ankunft des Flüchtlingszugs in der friedliche Schweiz

Ein Zitat

Ein Zug aus Budapest mit Flüchtenden aus der Ukraine und weiteren Reisenden trifft ein.
Foto © Jörg Niederer
"Wir nennen sie nicht Flüchtlinge, wir nennen sie Gäste. Aktuell haben wir sehr viel Gäste." Andrzej Malicki, Superintendent in Polen, wo bisher 2,2 Millionen ukrainische Menschen eingereist sind.

Ein Bibelvers - Psalm 137,1

"An den Kanälen von Babylon da saßen wir und weinten, als wir an den Zion dachten."

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "Mitgefühl" (Englisch: compassion). 

 Ich war zu früh aufgebrochen, gestern auf dem Weg nach Mulhouse. Und so war ich am Bahnhof Zürich, als der Zug von Budapest eintraf. Etliche Frauen und Männer in orangen Warnwesten erwarteten ihn. Besser, sie erwarteten Kriegsflüchtende aus der Ukraine.

In den Wagons konnte man die Menschen nicht unterscheiden. Ob auf der Flucht, auf einer Geschäftsreise, oder auf dem Weg in die Ferien, mir blieben die Gründe ihrer Reise schemenhaft verborgen.

Alte Filme aus der Zeit des 2. Weltkriegs drängten in mein Bewusstsein. Menschen auf der Flucht in überfüllten Zügen. Nie hätte ich gedacht, dass ich zu meiner Lebzeit dabei sein würde, wenn ein Zug mit Vertriebenen in der friedlichen Schweiz eintrifft. Es erfüllt mich mit Scham, mit dem Gefühl von Versagen, das so etwas wieder geschieht. Und ich empfinde Mitgefühl mit diesen Menschen. Nicht Mitleid, Mitgefühl. Ihr Leiden, ihre Schrecken sind nicht mein Leiden, schon gar nicht meine Schrecken. Aber ich fühle mit, das schon. Da ist diese Fähigkeit, die mir als Mensch gegeben ist, zu ahnen, wie es ihnen nun wohl gehen könnte. Die Zerstörung und das Leid habe ich auf Bildern gesehen, die Abschiede der Frauen und Kinder von den Männern. Aber selbst erlebt habe ich das alles nicht. Davon bin ich meilenweit entfernt. Aber Mitgefühl empfinde ich, wenigstens das. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "Feiern" (celebrate).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 25. März 2022

Abschied von Rabbi Tovia Ben-Chorin

Ein Zitat

Rabbi Tovia Ben-Chorin an der Feier zum Interreligiösen Bettag in St. Gallen
Foto © Jörg Niederer
"Die Schöpfung kommt aus der Dunkelheit. Überhaupt, kreativ zu sein, ist, aus einer Dunkelheit raus zu kommen." Tovia Ben-Chorin

Ein Bibelvers - Johannes 19,28-30

"Nachdem das geschehen war, wusste Jesus, dass jetzt alles vollbracht war. Damit vollendet würde, was in der Heiligen Schrift steht, sagte er: 'Ich bin durstig!' In der Nähe stand ein Gefäß voll Essig. Die Soldaten tauchten einen Schwamm hinein. Dann legten sie ihn um einen Ysopbund und hielten ihn Jesus an den Mund. Nachdem Jesus den Essig genommen hatte, sagte er: 'Es ist alles vollbracht.'"

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "genug" (Englisch: enough). 

Sagt Gott irgendeinmal: "Es ist genug!" über einem Menschenleben? Dass es Menschen gibt, die das sagen, weil sie Sterben möchten, das weiss ich.

Wie es bei Rabbi Tovia Ben-Chorin war, weiss ich nicht. Ist er "lebenssatt" gestorben? Jedenfalls hat er Lebensfroh gelebt. Lebensfroh habe ich den Rabbiner von St. Gallen immer wieder erlebt. Wach und mit viel Interesse an allen Menschen. Nun ist er 86-jährig gestorben. Zum letzten Mal getroffen habe ich ihn im vergangenen Jahr an der kalten und verregneten Feier zum Interreligiösen Bettag, und habe ihn bewundert, wie er in der Kälte aushielt, und mir zugleich Sorgen um seine Gesundheit gemacht. Der Religionsfrieden war dem liberalen Rabbi wichtig. Theologisch war er mir eine Inspiration mit seiner jüdischen Version einer Reinkarnationsphilosophie. Wenn er Lieder anstimmte, dann sangen bald alle mit. Nun ist diese Stimme für den Frieden verstummt. 

Es ist genug! Das gilt auch für jede Art von Krieg. Gleich zwei Beiträge dazu kommen von Ausschuss Kirche und Gesellschaft der Evangelisch-methodistischen Kirche Schweiz.

Marietjie Odendaal zitiert aus zwei Verlautbarungen: Dem "Appell für Frieden und Entmilitarisierung" und einer Stellungname des Internationalen Versöhnungsbunds.

Die Gedanken von Markus Nagel sind persönlicher und werden begleitet von einem alten Lied aus dem Jahr 1778, gedichtet von Matthias Claudius: "S ist Krieg". Es ist an Leiden und Gewalt längst schon genug. Mehr Tod braucht es wirklich nicht. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "Mitgefühl" (compassion).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Donnerstag, 24. März 2022

Übervoll oder wunderbar gefüllt?

Ein Zitat

Bis an den Rand gefülltes Glas
Foto © Jörg Niederer
"Wenn einem eingefleischten Pessimisten ein Stein vom Herzen fällt, dann fällt er ihm bestimmt auf den Fuß." Herkunft unbekannt

Ein Bibelvers - Kolosser 2,9+10

"In ihm [Christus] ist die ganze Fülle Gottes leibhaftig gegenwärtig. Und an dieser Fülle habt ihr Anteil, weil ihr zu Christus gehört."

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "gefüllt" oder "erfüllt" (Englisch: filled). 

Das Bild vom halbvollen oder halbleeren Glas wurde schon oft bemüht. Ob jemand aber nun eine Optimist, eine Optimistin ist oder eine Pessimistin, ein Pessimist, das kann auch an einem vollen Glas veranschaulicht werden. 

Der Pessimist moniert, dass beim nächsten Tropfen das Glas überlaufen werde. Der Optimist freut sich: "Das ist jetzt einmal ein richtig schön volles Glas".

Die Pessimistin schimpft: "Wie soll ich das an meinen Platz tragen, ohne dass ich etwas verschütte". Die Optimistin dagegen nimmt es sportlich und wettet, dass sie mit dem Getränk, ohne etwas zu verschütten, den Tisch erreichen werde.

Nun muss ich mir nur noch darüber klar werden, wie ich auf mein randvolles Leben reagieren will. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "genug" (enough).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 23. März 2022

Die Not der Nothelfer

Ein Zitat

Inneres der 14-Nothelfer-Kapelle von Silenen.
Foto © Jörg Niederer
"Such, wer da will, Nothelfer viel, / die uns doch nichts erworben; / hier ist der Mann, der helfen kann, / bei dem nie was verdorben. / Uns wird das Heil durch ihn zuteil, / uns macht gerecht der treue Knecht, / der für uns ist gestorben." Georg Weissel (1590-1635)

Ein Bibelvers - Psalm 50,15

Gott: "Wenn du in Not bist, rufe nach mir! Dann rette ich dich, und du wirst mich ehren."

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "Notwendigkeit" (Englisch: need).

Was kann eine Not wenden? "Was haben wir nötig?"

Früher und auch heute noch wurden in den alten Kirchen die Vierzehn Nothelfer angerufen; "Nothelfer", maskulin - auch wenn darunter drei Frauen zu finden sind. Das waren die vierzehn Klingen am Sackmesser des Glaubens. Am Bekanntesten davon sind wohl die heilige Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute und Mineure, sowie Christophorus, der Christusträger. Auch der heilige Georg ist noch im Bewusstsein vieler Menschen als Drachenkämpfer. Er ist der Schutzheilige in Kriegsgefahr, und wird wohl in Europa gerade wieder etwas häufiger angerufen als auch schon.

Die Reformation hat dann die Heiligen vom Sockel gestürzt. Zuständig für alle Sorgen und Nöte bei den Protestanten ist allein Christus. Sehr schön kommt das in der zweiten Strophe vom Lied "Such wer da will ein ander Ziel..." aus der Feder von Georg Weissel zum Ausdruck. Wer den Zugang zum König hat, muss nicht seine Bediensteten für ein gutes Wort bei ihm bemühen.

Damit ging natürlich auch etwas verloren, wie man schön in einem kurzen Video erklärt bekommt. Es ist das Wissen um Identifikationsfiguren, um das Schicksal von Menschen in der Nachfolge Christi. Diese Idole (ursprünglich für "Götterbild", später Vorbild), von denen es schon Vorläufer der Paninibilder gab, die sogenannten "Heiligenbildchen", wurden ersetzt durch andere Heldinnen und Helden. Nehmen wir Elon Musk mit seinem Fanclub. Wird er der neue Schutzheilige vor Klimaschäden, oder ist das doch eher die Ikone Greta Thunberg? Da hinzu gehört auch der neue Held des Westens, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Was sie alle haben, diese modernen Nothelferinnen und Nothelfer, das ist eine widersprüchliche, gebrochene Biografie. Es waren und sind Menschen, die selbst Nothelferinnen und Nothelfer nötig hatten und haben.

Morgen folgt ein Bild zum Wort "gefüllt" oder "erfüllt" (filled).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 22. März 2022

Teilen oder Shareholder Value?

Ein Zitat

Ehemalige Neue Börse in Zürich
Foto © Jörg Niederer
"Für Börsenspekulationen ist der Februar einer der gefährlichsten Monate. Die anderen sind Juli, Januar, September, April, November, Mai, März, Juni, Dezember, August und Oktober." Mark Twain

Ein Bibelvers - Lukas 12,16-18 (Siehe dazu auch die Predigt vom vergangenen Sonntag!)

"Dazu erzählte Jesus ihnen ein Gleichnis: 'Die Felder eines reichen Grundbesitzers brachten eine besonders gute Ernte. Da überlegte er: Was soll ich tun? Ich habe nicht genug Platz, um meine Ernte zu lagern. Schließlich sagte er sich: So will ich es machen: Ich reiße meine Scheunen ab und baue größere. Dort werde ich dann das ganze Getreide und alle meine Vorräte lagern.'"

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute lautet "teilen" (Englisch: share). 

Als Fremdwort hat das Wort "share" in der Finanzwelt Einzug gehalten. "Share" das ist die Aktie. Die Aktie ist wiederum ein Anteil an einem Unternehmen. Aktien werden an Börsen gehandelt. Doch dabei geht es kaum um eine gerechte Verteilung der weltweiten Güter sondern um Profit und Gewinnmaximierung. Oft verstärkt der Aktienhandel die Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich.

Das Foto von der einstigen neuen Börse Zürich wurde aufgenommen, als dort noch der Shareholder Value regierte. Heute ist eine internationale Organisation im Haus, die Sprach- und Kulturaustausch anbietet. Sicher eine sinnvollere Art, wie Wissen, Kenntnis und Chancen geteilt werden können. Gelegentlich kann das Haus auch besichtigt werden.

Wie hast du es mit dem Teilen? Fällt es dir leicht, oder gehörst du zu den Menschen, die lieber Güter anhäufen? Strebst du nach Reichtum oder nach Gerechtigkeit? Oder nach beidem? Aber geht das: Reichtum und Gerechtigkeit? 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "Notwendigkeit" (need).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

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Montag, 21. März 2022

Mit oder ohne?

Ein Zitat

Brautkleidmode mit Maske
Foto © Jörg Niederer
"Probier's mal mit Gemütlichkeit / Mit Ruhe und Gemütlichkeit / Vertreibst du deinen ganzen Sorgenkram. Und wenn du / Stets gemütlich / Bist und etwas appetitlich ist, dann nimm es dir egal woher es kam." aus: Das Dschungelbuch, Songwriter: Terry Gilkyson

Ein Bibelvers - Psalm 18,30b

"Mit meinem Gott springe ich über Mauern."

Ein Anregung

Das "Photo-a-day"-Wort von heute ist die Präposition "mit" (Englisch: with).

Bald geht die Zeit zu Ende, in der wir an gewissen Orten nur mit Maske sein durften. Nicht mehr lange, und wir müssen selbst entscheiden, ob und wo wir die Maske weiter tragen wollen. 

Entscheiden müssen wir immer wieder, ob wir etwas mit oder ohne wollen: Eine Flugreise mit oder ohne CO2-Kompensation, den Hotelaufenthalt mit oder ohne Vollpension, den Einkauf mit oder ohne Garantieverlängerung, das Mittagessen mit oder ohne Fleisch, mit oder ohne Vorspeise; Döner Kebab "mit alles und scharf"?

Soll ein Fest mit oder ohne Alkohol durchgeführt werden? Will ich eine Wohnung mit oder ohne Balkon, ein Haus mit oder ohne Garten, mit oder ohne Aussicht ins Grüne? Suche ich ein Hotel mit oder ohne Wellnessangebot? Sage ich es mit oder ohne Blumen? Und was, wenn ich in Eile bin? Geschieht das mit oder ohne Weile?

Vielleicht zentraler ist die Frage: Gehe ich durchs Leben mit oder ohne einen Glauben an eine höhere Macht, an Gott? 

Und gilt beim Dessert: "Aber bitte mit Sahne" (Udo Jürgens)? Wir haben die Wahl. 

Bei "mit oder ohne" gibt es auch noch die Zwischentöne: "Bitte nur mit wenig Rahm im Kaffee!" sagen wir dann. 

Was so eine Präposition uns an Denkleistung abverlangt. Ich wünsche uns allen, dass wir heute mit Elan an die Sachen herangehen und unsere Entscheidungen treffen können, ob nun mit oder ohne.

Morgen folgt ein Bild zum Wort "teilen" (share).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 20. März 2022

Von Habgier und Sorglosigkeit

Ein Zitat

Tabernakel in der Kirche von Basadingen
Foto © Jörg Niederer
"Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug." Epikur von Samos (341-271 v.Chr.)

Ein Bibelvers - Lukas 12,32

Jesus: "Hab keine Angst, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch sein Reich zu schenken."

Ein Anregung

Jeden Sonntag lautet das "Photo-a-day"-Wort "feiern" (Englisch: celebrate). 

Das Tabernakel aus der Kirche von Basadingen zeigt durch die Vergoldung, wie wichtig die Hostie ist, also Christus, für die katholischen Gläubigen. Gold drückt Wert aus. Es gibt Menschen, die können nicht genug davon bekommen. Habgier nennt man die Gier nach Besitz.

Nun stell dir vor, dass du all deinen Besitz zurücklassen müsstest, falls du dich nicht einem Diktator unterwirfst. Was tust du? Dich unterwerfen oder fliehen? Eine hypothetische Frage für die meisten Menschen. Aber wie hast du es mit Sorgen. Bestimmen sie dein Leben?

Über Sorgen und Besitzstreben werden wir im heutigen Gottesdienst nachdenken. Vor Ort an der Kapellenstrasse 6 in St. Gallen beginnt er um 10.15 Uhr. Die Predigt kann via Youtube ab ca. 10.30 Uhr angehört werden. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "mit" (with).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

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Samstag, 19. März 2022

Und ich sah noch einmal ganz neu

Ein Zitat

Versteckt mitten in der Stadt Frauenfeld haben sich zwei Eisvögel gefunden
Foto © Jörg Niederer
"Du Mensch, schau dich in deinem Leben nie so an, als wärst du ferne von Gott. Und wenn du dich nicht so ansehen kannst, dass du nahe seist bei Gott, so fasse doch den Gedanken, dass Gott nahe bei dir ist." Meister Eckhart (1260-1328)

Ein Bibelvers - Offenbarung 21,1a

"Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde."

Ein Anregung

Heute geht es um das "Photo-a-day"-Wort "sehen" oder "suchen" (Englisch: looking).

In der letzten Zeit ist mir bewusst geworden, wie oft ich schon unaufmerksam an kleineren und grösseren Dingen am Wegrand vorbeigegangen bin. Neu habe ich mir daher angewöhnt, immer einmal wieder stehen zu bleiben, und die Umgebung genau abzusuchen.

Und siehe da: Plötzlich entdecke ich Dinge, die mir vorher nicht aufgefallen sind. Am meisten staune ich darüber, wie oft ich die grosse Zahl der verschiedenen Vögel nicht gesehen habe. Natürlich, Amseln, Krähen, Elstern, Spatzen, Kohlmeisen und Buchfinken hatte ich schon im Blick, genauso wie die Tauben, Mäusebussarde, Milane und Möwen. Aber dass es da im Geäst über mir Goldammern hat und Wacholderdrosseln, durchaus Vögel von beachtlicher Grösse, ist mir bisher entgangen. Also sehe ich genauer hin, suche zu erkennen. Ich staune neu über den schön gefärbten Zeisig und die Schwanzmeise, ja selbst die Wintergoldhähnchen fallen mir nun auf.

Bewusst hinsehen, sich beim Suchen Zeit lassen, das sind neue Erfahrungen. Und so sind mir dieser Tage auch wieder die Eisvögel begegnet. Ja richtig. Es ist ein Paar, dass da in der Stadt Frauenfeld an unruhiger, stark frequentierter Lage an der Murg eingezogen ist.

Dieses neue Sehen und Suchen ist eine Frucht der Pandemie. Mit dem heutigen Beitrag schaue ich auf zwei Jahre zurück, in denen ich versuchte, täglich etwas weiterzugeben, das hoffentlich meist Mut und Hoffnung bereitet hat. In dieser Zeit habe ich bewusster hingeschaut. Ich habe die Welt noch einmal neu entdeckt. Und ich habe die eine oder andere meiner Ansichten revidiert. Auch Ansichten über Gott und seine Welt. Danke allen, die sich auf diese Texte eingelassen haben. Danke für die Rückmeldungen und Anregungen. 

Vorerst werde ich weiterfahren mit den Blogbeiträgen. Es gibt wieder neue Schrecken in der Welt. Da braucht es weiterhin Gegengewichte der Solidarität, der Schönheit und der Liebe.

Morgen folgt ein Bild zum Wort "feiern" (celebrate).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

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Freitag, 18. März 2022

Pflanzliches, das nach Fleisch schmeckt

Ein Zitat

Planted-Produkte im Verkaufsregal von Coop
Foto © Jörg Niederer
"Cibi innocentes, unschuldige Speisen, sind Speisen, die ohne Blutvergießen gewonnen werden." Hieronymus (347–420)

Ein Bibelvers - 1. Mose 1,29

"Gott sprach: 'Als Nahrung gebe ich euch [den ersten Menschen] alle Pflanzen auf der Erde, die Samen hervorbringen – dazu alle Bäume mit Früchten und Samen darin.'"

Ein Anregung

Beim heutigen "Photo-a-day"-Wort "gepflanzt" (Englisch: planted) hätte ich vor einigen Monaten an Psalm 1 gedacht und an den Baum, der Frucht bringt, weil er am Bach wurzelt. 

Aber nun gibt es bei uns auch "planted"; das ist eine Label und ein Lebensmittelproduzent mit Sitz im schweizerischen Kempthal. Hergestellt wird dort pflanzliches Fleisch. Also etwas, das nicht vom Tier kommt aber schmeckt und aussieht, als käme es vom Tier. Die Produkte sind deutlich umweltverträglicher als Fleisch. Damit kann viel Wasser und CO2 eingespart werden. 

Allerdings frage ich mich, warum man pflanzliche Nahrung so verarbeiten muss, dass es wie Fleisch schmeckt? Warum darf es nicht nach Gemüse oder Getreide schmecken? Warum braucht es diese Form von Convenience Food, und warum muss alles in Englisch angeschrieben werden wenn es doch aus der Schweiz kommt?

Der gesellschaftliche Wandel ist an diesem Produkten mit Händen zu greifen. Convenience Food, Ersatzfleisch, englischsprachige Vermarktung. Im Gegensatz zu Nahrung aus Insekten bleiben diese "planted"-Produkte in den Regalen der Supermärkte. Es bewegt sich etwas. Unsere Konsumwelt scheint an nicht versiegenden Ideenquellen zu wurzen und wuchert ungebremst in immer neue Dimensionen - vielleicht sogar bis in den Himmel. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "schauen" (looking).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde


Donnerstag, 17. März 2022

Leben im Angesicht des Todes

Ein Zitat

Schädel von in den Schlachten 1848 und 1866 gefallenen italienischen und österreichischen Soldaten im Ossarium von Custoza nahe des Gardasees.
Foto © Jörg Niederer
"Life is great, and without it, you'd be dead." (Das Leben ist grossartig, und ohne es wärst du tot.) Karen Quan

Ein Bibelvers - Sprüche 4,23

"Gib acht auf dein Herz, mehr als auf alles andere! Denn davon hängt dein Leben ab."

Ein Anregung

Das heutige "Photo-a-day"-Wort lautet "leben" (englisch: living). 

Unser ältester Sohn war noch keine zwei Jahre alt und voller Lebensfreude, als wir mit ihm das Ossarium von Custoza besuchten. Ganz unbefangen betrachtete er zusammen mit seiner Mutter die Gebeine. Er entdeckte Einschusslöcher, Stiche von Bajonetten und weitere Kriegsverletzungen an den Schädeln und kommentierte dies lebhaft und interessiert. Die Soldaten, deren Gebeinen wir gegenüberstanden, waren Opfer der selben italienischen Befreiungskriege geworden, die wenige Kilometer entfernt in Solferino Henry Dunant zur Gründung des Roten Kreuzes veranlassten. 

Für einen Augenblick entschwand unser Sohn im kreisförmigen Kellergewölbe unseren Blicken, und schon hörten wir es scheppern. Dann tauchte er wieder auf, mit einem Schädel in der Hand. Der Unterkiefer war beim Hochheben geräuschvoll auf den Boden gefallen. Ich vergesse diesen Augenblick nicht mehr: Der kleine Kerl mit der einen Hand auf den Schädel in der andern Hand zeigend, wie er kommentierte: "Tot geschossen".

Zu leben ist ein grosses Wunder. Und doch kann es so schnell vorbei sein. Tun wir doch alles, dass in dieser Welt in Zukunft dem Leben Denkmäler gesetzt werden, und nicht dem Kriegstod. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "gepflanzt" (planted).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde


Mittwoch, 16. März 2022

'Je ne regrette rien' - Wirklich?

Ein Zitat

Wasseramsel im Bachbett der Murg in Frauenfeld
Foto © Jörg Niederer
"Der Mensch sollte sich nie schämen, zuzugeben, dass er Unrecht hatte. Damit drückt er - in anderen Worten - nur aus, dass er heute klüger ist als gestern." Alexander Pope (1688-1744) englischer Schriftsteller

Ein Bibelvers - Sprüche 28,13

"Wer seine Verbrechen vertuscht, wird keinen Erfolg haben. Wer seine Fehler bekennt und sie unterlässt, wird Vergebung erlangen."

Ein Anregung

Das heutige "Photo-a-day"-Wort lautet "bereuen" (englisch: repent).

Im Dialekt sagen wir manchmal: "Das het mi greut" ("Das reut mich.") Es ist ein eher umgangssprachlicher Ausruf. Also nicht dieses tiefgründige "Ich bereue es".

In diesem umgangssprachlichen, entschärften Sinn "hets mi greut", dass ich das falsche Objektiv an der Kamera dabei hatte. Mitgenommen habe ich das 50mm-Objektiv, um einen Kollegen zu portraitieren. Der musste aber so schnell wieder gehen, dass dafür keine Zeit blieb. An der Murg in Frauenfeld dann die Überraschung. Noch nie bin ich dem Wasseramselpaar so nahe gekommen. Sie liessen sich nicht stören durch meine Anwesenheit, flogen immer wieder zu Tauchgängen und kehrten zurück, dazwischen balzten sie einander an, begrüssten sich mit lautem Gezwitscher, das auch das Tosen des Wasserfalls übertönte. Dann flogen sie unter die Flussschwelle, waren nur noch schemenhaft durch das fallende Wasser zu erkennen, suchten das Moos direkt an der Bruchkante nach Insekten ab und tauchten dann geschickt aus dem Giessen wieder auf. Es hätten DIE Fotos des Jahres werden können, formatfüllend und faszinierend - wenn ich das richtige Objektiv dabei gehabt hätte. "Das het mi greut!"

Doch wirklich bereue ich andere Dinge, etwa dass ich mit manchen Menschen nicht mehr Zeit verbracht habe oder dass ich in bestimmten Momenten nicht deutlicher gegen Unrecht protestiert habe. Und was bereust du? 

Auch mit Reue zu tun hat das Musical "City of Mercy" das vom 18.-20. März von der Evangelischen Allianz in der Stami St. Gallen aufgeführt wird. Erzählt wird eine moderne Fassung des Gleichnisses vom verlorenen Sohn. Das Musical wird auch per Livestream übertragen. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "leben" (living).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 15. März 2022

Die Opferung des Opferglaubens

Ein Zitat

Historische Flanellbild über die Opferung des Isaaks
Foto © Jörg Niederer
"Humanität besteht darin, dass niemals ein Mensch einem Zweck geopfert wird." Albert Schweitzer

Ein Bibelvers - Hebräer 9,12

"Christus brachte nicht das Blut von Ziegenböcken und Kälbern als Opfer dar, sondern sein eigenes Blut. So ist er ein für alle Mal in das Heiligtum eingetreten und hat die ewige Erlösung erwirkt."

Ein Anregung

Das Bild zum heutigen "Photo-a-day"-Wort lautet "Opfer" (englisch: sacrifice). 

Eine verstorbene Pfarrkollegin sammelt zu ihren Lebzeiten die Flanellbilder, welche früher in der Sonntagschule bei den Methodisten Verwendung fanden. Eines davon zeigt eine Szene aus der Opferung des Isaaks. Es ist eine archaische Geschichte, in der es darum geht, dass ein erstgeborenes Kind, wie die Erstlingsfrüchte in der Landwirtschaft, Gott geopfert werden soll.

Also machte sich der greise Abraham mit seinem einzigen von Sarah gezeugten Sohn Isaak auf den Weg, um ihn Gott hinzugeben. Das Opfer selbst musste das Brennholz für das Feuer tragen, und wunderte sich auf dem Weg, wo denn nun das Opfertier zu finden sei. Doch bis kurz vor der Schlachtung des Isaak durch den eigenen Vater zeigte sich kein Ausweg. Erst im allerletzten Moment wurde der "Stammvater" dreier Weltreligionen von einem Engel von der Menschenopferung abgehalten.

Was im biblischen Bericht in 1. Mose 22 als Test des Vertrauens daherkommt, war wohl auch eine Geschichte gegen jede Form von Menschenopfer. Mit dieser Begebenheit war göttlich besiegelt, dass ein Mensch nie zum Opfer gemacht werden darf. Wer das nicht beachtet, Menschen in den Tod, in den Krieg schickt, hat Gott nie auf seiner Seite.

Nun überlege ich mir erneut, was es bedeutet, dass gerade von diesem Gott, der die Opferung von Menschen verhinderte und untersagte, nun gesagt wird, er hätte seinen eigenen Sohn für uns hingegeben, oder eben geopfert. 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "bereuen" (repent).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 14. März 2022

Ein schönes Geschenk

Ein Zitat

Graureiher mit Jagdbeute auf einem Feld bei Osterhalden, Frauenfeld
Foto © Jörg Niederer
"Ich habe heute ein paar Blumen nicht gepflückt, um dir ihr Leben zu schenken." Christian Morgenstern (1871-1914)

Ein Bibelvers - Psalm 127,3

"Seht, Kinder sind eine Gabe des Herrn. Ein Lohn ist die Frucht, die er dem Mutterleib schenkt."

Ein Anregung

Das Bild zum heutigen "Photo-a-day"-Wort lautet "Geschenk" (englisch: present). 

Welch ein Geschenk für einen hungrigen Graureiher ist so eine erbeutete Wühlmaus! Welch ein Geschenk für einen Bauern ist der Graureiher auf seinem Feld, der den Schaden durch Wühlmäuse in Grenzen hält! Welch ein Geschenk für mich ist es, dass ich diesen Jagderfolg gerade noch mit dem Fotoapparat festhalten konnten. Schon wenige Sekunden später schaute vom Nager nur noch der Schwanz aus dem spitzen Schnabel des Lauerjägers.

Nur für die Wühlmaus war dieser Moment ganz und gar kein Geschenk. In einem Augenblick wird sie brutal ans Licht gezerrt, erdolcht und kopfüber verschlungen. Die Wühlmaus wird zum Opfer. "Opfer" aber ist das "Photo-a-day"-Wort von Morgen. 

Geschenk und Opfer hängen oft bewusst oder unbewusst zusammen. Denn irgendjemand zahlt immer die Zeche. Auf dem Feld zahlte sie die Wühlmaus, bei den Kleidern die Näherinnen, bei der Schokolade die Bauern, beim Krieg die Zivilbevölkerung, beim CO2-Ausstoss das Klima und damit wieder wir alle.

Ein Geschenk ist erst dann ein richtiges Geschenk, wenn es alle freut und niemandem schadet. Überlege dir doch heute, wem du ein solches "richtiges" Geschenk machen könntest! 

Morgen folgt ein Bild zum Wort "Opfer" (sacrifice).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 13. März 2022

Feiern am Feiertag

Ein Zitat

Begehbares Labyrinth in St. Gallen anlässlich des Jubiläums der Pilgerherberge 2018
Foto © Jörg Niederer
"Dein Lied ist Morgentau, der über Rosen fließt. / Doch weißt du, Freund, daß Tau – auch Wasser ist?" Johann Heinrich Voß (1751-1826), Deutscher Dichter

Ein Bibelvers - Jesaja 62,3

"Du wirst eine prächtige Krone sein, ein königlicher Stirnreif, den der Herr in seiner Hand hält."

Ein Anregung

Das Bild zum heutigen "Photo-a-day"-Wort "feiern" (englisch: celebrate) weist auf die besondere Stellung des Sonntags als Feiertag hin.

Feiern lässt es sich sehr verschieden. So etwa beim schweigenden durchschreiten eines grossen, begehbaren Labyrinths. Oder mit viel Musik und Gesang. Letzteres gibt es heute im Gottesdienst in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen mit einer Zeit der Anbetung und des Gebets. Leiten werden uns Angie am Klavier und Attila an der Gitarre. Dabeisein kann man vor Ort ab 10.15 Uhr. 

Und hier gibt es einen musikalischer Vorgeschmack aus der Feder des Duos: "Yours ist the Crown"

Morgen folgt ein Bild zum Wort "Geschenk" (present).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 12. März 2022

Ausgewählt und für gut befunden

Ein Zitat

Gefärbte Ostereier warten auf die Verteilung
Foto © Jörg Niederer
"Es geht uns mit Büchern wie mit den Menschen. Wir machen zwar viele Bekanntschaften, aber nur wenige erwählen wir zu unseren Freunden." Ludwig Feuerbach (1775-1833)

Ein Bibelvers - 1. Korinther 1,28-30

"Was für die Welt keine Bedeutung hat und von ihr verachtet wird, das hat Gott ausgewählt. Er hat also gerade das ausgewählt, was nichts zählt. So setzt er das außer Kraft, was etwas zählt. Deshalb kann kein Mensch vor Gott stolz sein. Gott allein habt ihr es zu verdanken, dass ihr zu Christus Jesus gehört."

Ein Anregung

Das Bild zum heutigen "Photo-a-day"-Wort "erwählt" (englisch: chosen) zeigt gefärbte Eier, wie sie an Ostern zum Einsatz kommen. Mit diesen Ostereiern bin ich zeitlich natürlich viel zu früh. Aber nicht nur ich. Auch die Einkaufsläden sind schon voller Osterartikel. 

Mit den selbst gefärbten Ostereiern verbinden wir eine Familientradition, die gut zum Erwählungsgedanken passt. In der Familie meiner Frau versammeln sich jeweils drei Generationen zum Eierfärben. Am Schluss, wenn die Eier fertig sind, werden sie verteilt, wobei reihherum jede Person jeweils ein Ei auswählen darf. Jedes Ei wird dabei noch einmal gewürdigt und bewundert.

Wenn Gott uns Menschen erwählt, dann ist jede und jeder wertvoll und bewundernswert. Es ist dann eben nicht so wie beim Schulsport, wo die schlechtesten Spielerinnen und Spieler zuletzt "gewählt" werden. Gottes Wertschätzung gilt allen Menschen zu allen Zeiten an allen Orten unter allen Umständen. Seine Zuwendung ist allumfassend.

Morgen folgt ein Bild zum Wort "feiern" (celebrate).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 11. März 2022

Als man begann, das Gute zu kaufen

Ein Zitat

Querschnitt durch den beheizbaren Boden im römischen Gutshof Seeb in der Schweiz
Foto © Jörg Niederer
"Was ein Mensch an Gutem in die Welt hinausgibt, geht nicht verloren." Albert Schweitzer (1875-1965)

Ein Bibelvers - Klagelieder 3,25-27

"Der Herr ist gut zu dem, der auf ihn hofft, zu dem Menschen, der nach ihm fragt. Gut ist es, sich in Geduld zu üben und still zu warten auf die Hilfe des Herrn. Gut ist es, wenn einer sein Leid trägt, wie er als junger Mann eine Last getragen hat."

Ein Anregung

Im Wort "Gutshof" steckt eine Substantivierung des Adjektivs "gut". Um dieses Wort "gut" (englisch: good) geht es beim heutigen "Photo-a-day"-Bild.

Als der römische Gutsbetrieb Seeb in der Schweiz gebaut wurde, gab es diese Substantivierung noch nicht. Sie ist seit dem 8. Jahrhundert belegt und meint Besitz, Gut, Vermögen. Die Römer, die lebten schon gut, wenigstens die Wohlhabenden. Sie kannten die Bodenheizung, den Mörtel, Toiletten und fliessendes Wasser. Von diesem Gutsbetrieb an bester Lage hatten sie Ausblick auf einen heute verschwundenen See. 

Nun gibt es auch die Substantivierung "das Gute". Da wird meist nicht an Materielles gedacht, sondern an die Summe von dem, was Zustimmung findet, oder im ethischen Sinn eine positiv bewertete Handlung. War Jesus ein guter Mensch? Viele würden diese Frage bejahen. Manche würden sagen, dass er ein vollkommen guter Mensch war.

Bin ich ein guter Mensch? Keine einfache Frage. Einfacher zu beantworten sind dagegen Fragen wie diese: Lebst du gut? Wie viel Hab und Gut hast du? Darf ich ein Guetzli (einen Kecks) haben? Auch in diesem schweizerischen Dialektwort steckt das Adjektiv "gut"

Schon interessant, dass es uns leichter fällt, auf die Fragen: "WAS ist gut?" zu antworten wie auf die Frage: "WER ist gut?".

Morgen folgt ein Bild zum Wort "erwählt" (chosen).


Photo-a-day Lent 2022: Eine methodistische Webseite schlägt für die Fastenzeit vor, jeden Tag ein Foto zu teilen, das von einem bestimmten Wort inspiriert ist. Diese Sache nennt sich "Photo-a-day Lent 2022". So könne man sich der Fastenzeit auf eine neue Weise annähern. Die Bilder soll man mit #rethinkchurch taggen. Weitere Erklärungen zum Bild brauche es nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde