Ein Zitat
Foto © Jörg Niederer
"Es geht auch keine Woche hin, dass man nicht von Unglücksfällen hörte, und Du magst fragen, wen Du willst, jeder ist schon vielmals umgeworfen und hat auch mitunter Schaden genommen, wäre es auch nur ein zerschlagener Kopf oder geschundenes Bein, aber die Leute meinen, das gehöre so dazu." Annette von Droste-Hülshoff über den Strassenverkehr in der Schweiz um 1836
Ein Bibelvers - Epheser 5,33
"Es gilt aber auch für euch: Jeder Einzelne von euch soll seine Frau in der gleichen Weise lieben wie sich selbst. Aber die Frau soll ihren Mann achten."
Ein Anregung
Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) war die wohl bedeutendste deutschsprachige Dichterin ihrer Zeit. In ein westfälisches Adelsgeschlecht hineingeboren stand sie unter den üblichen Zwängen der damaligen Zeit, die Frauen wenig Entfaltungsmöglichkeiten boten. Mit 19 Jahren schrieb sie in einem Gedicht: "Fesseln will man uns am eigenen Herde, unsere Sehnsucht nennt man Wahn und Traum".
Noch bevor Sie mit der Novelle "Die Judenbuche" 1842 den Durchbruch schaffte, verbrachte sie 1835-1836 einige Monate in der Schweiz; im Schloss Eppishausen bei ihrer Schwester Jenny und deren Mann Joseph von Laßberg. Doch da sie kaum Zugang hatte zu den zeitgenössischen Dichter und Denker, war es ihr bald langweilig. Die Ostschweiz blieb ihr fremd. An Karl von Haxthausen schrieb sie am 8. August 1836:
"Aber vorerst hast Du kaum einen Begriff von der Öde eines hiesigen Winters, wenigstens wie wir ihn erlebt haben – fast sechs Monate lang Schnee, schon im Oktober lag er einigemal so tief, dass man nicht wusste, wie man die Weinlese bewerkstelligen solle. Von der Mitte November an blieb er liegen, ohne einen Tag Tauwetter bis hoch im März, und noch fast durch den ganzen April war es den einen Tag grün und den andern weiß. Das schlimmste aber war ein Nebel, aus dem man Brei hätte kochen können, der gar nicht fortging, und ich kann ohne Übertreibung sagen, dass ich das unmittelbar vor uns liegende Dorf mehrere Monate lang nur gehört, aber nicht gesehn habe, den ganzen Tag klingelten Schlitten und bellten Hunde, die nebenher liefen, und Mama sagte ein ums andere Mal 'Lappland!'...
Wir, nämlich Mama und ich, mit noch vier anderen, haben vor vierzehn Tagen eine kleine Bergreise gemacht, in die Appenzeller Alpen, wo wir fleißig Milch getrunken, Alpenrosen gepflückt und mitten im August an Schneefeldern gestanden haben. Das Merkwürdigste aber ist, dass wir binnen vier Tagen drei verschiedene Kutscher gehabt haben, wovon uns der erste umwarf, der zweite ein noch ungebrauchtes und der dritte ein kolleriges Pferd vorspannte, sodass wir dreimal in die größte Lebensgefahr geraten sind. Es gibt überhaupt nichts Elenderes als einen Schweizer Kutscher, grenzenlos ungeschickt, furchtsam wie alte Weiber und doch aus Habsucht das Unvernünftigste unternehmend..."
In dieser Zeit entstand aber auch ein wunderschönes Gedicht vom Säntis. All das und noch mehr über diese bemerkenswerte Frau weiss ich nur, weil ich auf einer Wanderung vorbei am Schloss Eppishausen durch eine Inschrift auf die Dichterin neugierig gemacht wurde. Ich finde, es hat sich gelohnt.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde