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Mittwoch, 7. Februar 2024

Weisheit und Frömmigkeit

Ein Zitat

Mose lässt aus einem Stein Wasser fliessen. Statue vor der Bibliothek des in Washington D.C. beheimateten Wesley Theological Seminary.
Foto © Jörg Niederer
"Vereint das so lange getrennte Paar, Wissen und lebendige Frömmigkeit - Lernen und christliches Leben zusammen." Charles Wesley im Lied "A Prayer for Children" (Ein Gebet für Kinder, 5. Strophe)

Ein Bibelvers - 4. Mose 20,11

"Dann hob Mose seine Hand. Er schlug zwei Mal mit seinem Stab gegen den Felsen. Sofort floss so viel Wasser heraus, dass die Gemeinde und ihr Vieh davon trinken konnten."

Eine Anregung

So wie auf dem Foto stelle ich mir Gandalf der Graue vor, dieser Zauberer aus dem Werk "Herr der Ringe". Nur wenn diese Plastik Gandalf wäre, dann würde sie dafür total am falschen Ort stehen. Sie befindet sich nämlich vor der Bibliothek des Wesley Theological Seminary in Washington D.C..

Nein, es ist nicht Gandalf, der mit einem Stab einen Stein traktiert. Es ist die Darstellung von Mose, wie er in Kadesh aus einem Felsen Wasser fliessen lässt. Vor der Bibliothek einer Theologischen Ausbildungsstätte darf die Erkenntnis schon fliessen und den Durst nach Gotteserkenntnis stillen.

Nicht allein eine Statue von Mose steht an dieser Stelle. Auch John Wesley auf Pferd reitend findet sich auf dem Campus nahe bei der Universitätskirche. Methodisten haben seit den Anfängen in die Bildung der Menschen investiert. Auch die grosse American University in Washington D.C. wurde durch methodistische Christen gegründet. Stolz verweist die Webseite dieser Universität auf deren Herkunft und Gründung im Jahr 1893 durch Bischof John Fletcher Hurst. Weiter steht da: 

"Der Methodismus hat eine lange Tradition im Streben nach offener und ehrlicher intellektueller Forschung. Die frühen Methodisten wurden ermutigt, sich so gut wie möglich zu bilden. Charles Wesley, der Bruder von John Wesley, er ist der Begründer des Methodismus, schrieb in einem Kirchenlied: 'Vereint das so lange getrennte Paar, Wissen und lebendige Frömmigkeit - Lernen und christliches Leben zusammen'. Spirituelles Wachstum und intellektuelle Strenge wurden nicht als Widerspruch, sondern als notwendig angesehen. Infolgedessen haben Methodistinnen und Methodisten allein in den USA über 110 Schulen und Universitäten gegründet, die dieses Engagement für das Lernen widerspiegeln."

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 19. Januar 2024

Es war magisch

Ein Zitat

Ein defekter Schirm als Installation auf einem Gehsteig in Frauenfeld
Foto © Jörg Niederer
"Magie ist keine Zauberei. Es sind die wundervollen Momente im Leben die uns geschenkt werden und uns magisch vorkommen." Sylar Wax (Produzent von Zaubertricks)

Ein Bibelvers - 2. Mose 9,23

"Mose reckte seinen Stab zum Himmel empor. Da ließ der Herr es donnern und hageln. Blitze fuhren auf die Erde, und der Herr ließ Hagel auf Ägypten fallen."

Eine Anregung

Von weitem sah es in der Dunkelheit aus, als würde ein zusammengeklappter Schirm mit dem Knauf nach unten wenige Zentimeter über dem Boden schweben. Von weitem nicht zu sehen waren die dünnen Drahtstreben, die den Schirm in dieser Position hielten. Mit jedem Schritt auf die Installation zu schwand aber dieser magisch wirkende Eindruck und machte der schnöden Realität Platz. Beim schwebenden Schirm handelte es sich nicht um Harry-Potter-Zauberei, sondern lediglich um Littering. Am Abend hing dann der defekte Schirm in der Hecke. Nur noch Abfall, ganz sicher nicht mehr Kunst.

Schade, schwebend hat er mir besser gefallen. Die Wirklichkeit ist halt oft banaler, schnöder, langweiliger, hässlicher. Soll ich mir da nicht die Illusion erhalten, statt den Dingen auf den Grund gehen? Mir scheint, dass viele Verschwörungsgläubige genau das tun. Sie wollen nicht richtig hinsehen, weil das dazu führen würde, dass der Zauber des Besonderen schwindet.

Ich habe in meinem Leben erfahren, dass mit dem genauen Hinschauen und in der Folge der End-Täuschung beim vermeintlichen Wunder ein wirkliches Staunen folgt. Gerade auch in der Theologie und bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Bibel habe ich meinen Glauben nicht verloren, sondern neu, tiefer und erfüllender gefunden. Es lohnt sich halt schon, den Kopf nicht in den Sand zu stecken (was übrigens auch Straussenvögel nie tun würden). Allein schon die Vorstellung vom Sand in Mund und Augen... 

Heute will ich mich verzaubern lassen von der wirklichen Welt. Das ist nicht sonderlich schwierig an diesem Tag, sieht doch der frische Schnee, der sich über alles gelegt hat, einfach magisch aus.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 25. August 2023

Frucht der Gier

Ein Zitat

Ein Buchsbaumzünsler hat sich in die Wohnung verirrt.
Foto © Jörg Niederer
"Mit dem Feuer spielt man nicht." Redensart

Ein Bibelvers - 2. Mose 3,1+2

"Mose hütete die Herde seines Schwiegervaters Jitro. Jitro war der Priester von Midian. Einmal trieb Mose die Herde über die Steppe hinaus. So kam er an den Berg Gottes, den Horeb. Da erschien ihm ein Engel des Herrn: Eine Flamme schlug aus einem Dornbusch. Mose bemerkte, dass der Dornbusch in Flammen stand und trotzdem nicht verbrannte."

Eine Anregung

Er ist eine Folge der Geschäftstüchtigkeit und Gier. Weil in Asien die Buchsbäume günstig eingekauft werden konnten, hat man sie von dort geholt, statt sie mühsam in den eigenen Baumgärtnereien aufzuziehen. So wurde dem Buchsbaumzünsler die Überfahrt nach Europa ermöglicht. Die Raupen des Falters stiessen bei uns auf paradiesische Zustände. Ohne Fressfeinde breiteten sie sich schnell in alle Himmelsrichtungen aus. Nun sind sie da und wir werden sie nicht mehr los. Mit anderen Worten: Der Schuss der Geschäftsleute ging nach hinten los.

Wer immer Buchsbäume sein eigen nennt, fürchtet nun den wunderschön hellen Schmetterling mit seinen schwarzgoldenen Trauerrändern. Dieser Tage hat einer der Falter bei uns in der Stube an der Decke gerastet.

Doch auch bei den invasiven Neozoen weiss sich die Natur oft selbst zu helfen. Zwischenzeitlich sind einheimische Vögel und Wespen auf den Geschmack gekommen und machen sich gerne über die Raupen der Buchsbaumzünsler her. Auch die Buchsbäume sind oft widerstandfähiger als befürchtet und treiben nach einem Befall wieder aus. Wer manuell die Räupchen vom befallenen Busch abliest, und den Fressfeinden gute Bedingungen im eigenen Garten bietet, braucht nicht zur Giftkeule zu greifen.

Zünsler heisst der Falter übrigens nicht, weil die Buchsbäume durch ihn oft wie verbrannt aussehen. "Zünzeln" ist ein altes Wort für "flimmern" oder "flackern". Falter und Schmetterlinge suchen abends oder nachts ja oft solche flimmernden und flackernden Lichtquellen auf.

Und doch scheint das Wort auch verwandt zu sein mit dem Schweizer Dialektwort "zeuseln" in der Bedeutung: "leichtsinnig mit Feuer spielen". Gezeuselt haben die Gärtnereien, als sie die Buchsbäume aus Asien importierten. Den Buchsbaumzünsler trifft keine Schuld.

So sehen auch heute immer einmal wieder Buchsbäume wie gescheitere Versuche aus, einen Busch in Flammen zu setzten, ohne dass er verbrennt. Doch das bleibt dem brennenden Dornbusch aus der Bibel vorbehalten, der Mose einst auf die Gottesgegenwart an heiliger Stelle hinwies. Nachzulesen ist diese Geschichte vom sich offenbarenden und befreienden Gott in 2. Mose 3,1 - 4,17. Auch interessant dabei ist, wie Mose genau da zauderte, wo Gott sich ihm zeuselnd im brennenden Buchsbaum – äh Dornbusch offenbarte.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 7. Juli 2023

Mose-Vogel

Ein Zitat

Ein Teichrohrsänger kletter geschickt im Schilf der Allmend Frauenfeld herum.
Foto © Jörg Niederer
"Die Freiheit ist jedem gegeben. Wenn der Mensch sich zum Guten wenden und ein Gerechter werden will, so kann er das." Moses Maimonides (um 1135-1204)

Ein Bibelvers - 2. Mose 2,2+3

"Die Frau wurde schwanger und brachte einen Sohn zur Welt. Als sie sah, wie schön er war, versteckte sie ihn drei Monate lang. Länger konnte sie ihn nicht verborgen halten. Deshalb nahm sie ein Kästchen aus Papyrus und dichtete es mit Asphalt und Pech ab. Dann legte sie das Kind hinein und versteckte es im Schilf am Ufer des Nil."

Eine Anregung

Den Teichrohrsänger hört man, bevor man ihn sieht. Er ist im Schilf zuhause, durch das er mehr rutscht und klettert als fliegt. Seine Nester sehen wie Füllhörner aus und sind sehr stabil.

Um viele Vögel ranken sich Geschichten oder Legend. Doch zu den Rohrsängern hat nicht einmal die auf künstliche Intelligenz basierende Suchfunktion etwas gefunden. So habe ich mir gedacht, erfinde ich selbst eine Legende zu diesem hübschen, kleinen Vögelchen.

Also: Es war einmal eine Frau, die damit rechnen musste, dass ihr neugeborenes Kind den Sicherheitskräften in die Hände fallen würde. Das wäre dessen Ende gewesen, damals vor mehr als 3300 Jahren im Ägypten der Pharaonen. Und so setzte sie den Jungen in einem abgedichteten Weidenkorb im Schilf des Nils aus. Das wurde von einem kleinen Teichrohrsänger mit grosser Stimme beobachtet. Nun muss man wissen, dass Teichrohrsänger ausgesprochen kinderlieb sind. Sie tun alles für ihren Nachwuchs und können es kaum verstehen, wenn ein Kind ausgesetzt wird. Selbst erleben sie nur zu oft, dass ein Kuckuck sein Ei in ihr Nest legt, was unweigerlich in einer Katastrophe endet für den eigenen Nachwuchs. Der junge Kuckuck aber profitiert von dieser Kinderliebe und lässt sich dick und fett füttern von dem unermüdlichen Teichrohrsängerpaar. Wie also unser Vogel das Baby in seinem schwimmenden Nestchen sah, sammelte er flink einige Käferchen und Fliegen ein und brachte sie zum Kleinen. Dieses fand solcherart Nahrung gar nicht lustig, und begann jämmerlich zu schreien. Erschrocken flog der Rohrsänger ins Schilfdickicht und zeterte und schimpfte ob diesem Undank von dort aus verärgert mit.

Solch aussergewöhnliches Lärmen konnte nicht verborgen bleiben und führte in der Folge dazu, dass die gerade in den Nähe badende Pharaonentochter den kleinen Jungen zu sich holen liess, und ihm den Namen Mose gab. (Alles Weitere dazu steht im 2. Buch Mose in der Bibel nachzulesen.)

Seit dieser Zeit nennt man die Teichrohrsänger in Ägypten auch Mose-Vögel. Nur davon weiss bis jetzt nicht einmal das Internet.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 22. Juli 2022

Afrikaner an der Thur

Ein Zitat

Familie Nilgans geniesst das Thurwasser bei Frauenfeld. Auch auf dem Bild: Zwei Waldwasserläufer.
Foto © Jörg Niederer
"Der Nil ist Ägypten." Sprichwort

Ein Bibelvers - 1. Mose 1,2

"Die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag über dem Urmeer. Über dem Wasser schwebte Gottes Geist."

Ein Anregung

Ich bin an der Thur, suche mit dem Feldstecher die Kiesbank ab. Noch bevor ich die Flussregenpfeifer entdecke, fällt mir eine ganz besondere Gans auf. Und es kommt noch besser. Etwas eine halbe Stunde später vergnügt sich eine fünfköpfige Vogelfamilie in der Thur. Genauer: Vogelfamilie Nilgans.

Die Vögel kommen also aus Afrika. Hier in Europa wurden sie als Ziervögel gehalten. Dann büxten sie aus und verbreiten sich ab ca. 1970 von den Niederlanden und Belgien aus entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse. In der Schweiz brüten sie regelmässig, wie man anhand der Jungtiere leicht sehen kann.

Wer das Foto ganz genau betrachtet, entdeckt noch zwei Waldwasserläufer. Ab Mai sind diese Wattvögel bei uns auf der Durchreise in den Süden, wobei die einen früher unterwegs sind, die andern später.

Die Nilgänse gab es schon zur Zeit, als Mose in Ägypten lebte? In Theben galten sie als heilige Vögel des Schöpfergottes Amun. Auch sollen sie das Weltenei gelegt haben, aus dem der Sonnengott Re einst "schlüpfte".

Die Nilgans wird daher auch mit dem Geist Gottes gleichgesetzt, der im ersten Schöpfungsbericht der Bibel über der Urflut schwebte. In der Tat war die Gans für mich eine Erscheinung wie aus einer archaischen Welt, einer Welt, der Mose noch näher gestanden war als ich heute.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 8. Juli 2022

Die zehn Gebote des Jean Ziegler

Ein Zitat

Historisches Flanellbild von Mose und den Gesetzestafeln.
Foto © Archiv EMK

"Solange ich atme, hoffe ich."
Marcus Tullius Cicero (106-43 v.Chr.)

Ein Bibelvers - 2. Mose 20,1

"Gott sprach alle diese Worte: Ich bin der Herr, dein Gott! Ich habe dich aus dem Land Ägypten herausgeführt – aus dem Leben in der Sklaverei."

Ein Anregung

Ein bisschen wie Mose ist der Soziologe und langjährige SP-Nationalrat Jean Ziegler schon. Dem 88-Jährigen Mitglied im Beratenden Ausschuss des Menschenrechtsrats der UNO geht es wie einst Mose um die Befreiung geknechteter Menschen. Kein Wunder, gibt es von Jean Ziegler auch eine Version der 10 Gebote. Hier ist sie: 

  1. Höre deinem Gegner zu und respektiere seine Meinung!
  2. Gib nie auf, für deine Überzeugung, für Aufklärung und Freiheit zu kämpfen! 
  3. Vermeide Arroganz und Eifersucht! 
  4. Verletze nie jemanden in seiner Menschenwürde! 
  5. Übe unendliche Geduld in deinem Kampf gegen die kannibalische Ordnung der Welt! 
  6. So wie du behandelt werden möchtest, behandle jeden anderen! 
  7. Was auch immer dir zustösst, lass die Hoffnung nicht sterben! 
  8. In allem, was du tust, denkst, sprichst oder träumst, soll Liebe deine letzte Motivation sein! 
  9. Lebe jeden Tag, als sei er der letzte! 
  10. Sei dankbar für jeden Moment deines Lebens! 

Mir gefällt besonders die Aussage: "Lass die Hoffnung nicht sterben!" Das können wir gut gebrauchen, angesichts pessimistischer Zukunftserwartung.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde