Sonntag, 31. Oktober 2021

Wirken und dulden

Ein Zitat

Bauarbeiter arbeitet an der Renovation eines Hauses
Foto © Jörg Niederer
"Lass mich wirken, lass mich dulden..." Bitte aus dem Bundeserneuerungsgebet von John Wesley

Ein Bibelvers - 2. Korinther 1,4b+5

"Wir selbst haben ja ebenso durch Gott Ermutigung erfahren. Allerdings wird auch uns in reichem Maß das Leid zuteil, das Christus erlebt hat. Aber genauso erfahren wir in reichem Mass auch die Ermutigung, die er schenkt."

Ein Anregung

Heute Sonntag geht es im Gottesdienst der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen um die Bitte aus dem Bundeserneuerungsgebet: "Lass mich wirken, lass mich dulden".

Jeder Mensch möchte etwas bewirken in seinem Leben, und sei es auch nur im eigenen Familienkreis. Doch nicht selten gerät das, was man gut getan hat, schnell wieder in Vergessenheit.

Auch Unrecht zu erdulden ist nicht jedes Menschen Sache. Schmerzen und Einsamkeit möchte niemand erleben müssen. Und doch können wir oft nichts zu einer Verbesserung unserer Situationen und Erfahrungen beitragen.

Was geschieht, wenn ich akzeptiere, dass es Gott ist, der mein Wirken bestimmt und mich erdulden lässt?

Mehr erfährt man heute ab 10.30 Uhr auf Youtube, oder ab 10.15 Uhr an der Kapellenstrasse 6 in St. Gallen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 30. Oktober 2021

Farbenfroh

Ein Zitat

Burg Vajdahunyad im Városligeti-Park in Budapest
Foto © Jörg Niederer
"Farben sind das Lächeln der Natur." James Henry Leigh Hunt (1784-1859

Ein Bibelvers - 2. Mose 39,1

"Man machte den Priesterschurz aus Gold, violetter, purpurroter und karmesinroter Wolle und feinem Leinengarn."

Ein Anregung

Bis Mitte November beschäftigt sich das Portal ref.ch mit der Bedeutung von Farben in der Religion. Bisher sind Portraits zu Personen mit Migrationshintergrund erschienen; ein Video mit Priscilla Schwendimann, der Pfarrerin für die Regenbogen-Community; und das Interview mit Regula Hafner, der HEKS-Verantwortlichen der Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika. Ganz neu ist ein Quiz aufgeschaltet, das die Welt der religiösen Farben erkundet. Allein diese ersten vier Beiträge zeigen ein vielfältiges Farbenspektrum. Ich werde auch weiter reinschauen in diesen speziellen Farbraum.

Hinweis: Am Sonntag geht es im Gottesdienst der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen um die 4. Bitte im Bundeserneuerungsgebet: Lass mich wirken, lass mich dulden. Ab 10.30 Uhr können die Gedanken dazu auch via Youtube mitverfolgt werden.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 29. Oktober 2021

Schön und gefährlich

Ein Zitat

Der Mont Blanc erhebt sich über dem Genfersee
Foto © Jörg Niederer
"Gehen, sich bewegen, auf einen Berg steigen und wieder absteigen – das ist eine Parallele zum Leben. So gesehen hat der Berg große Symbolkraft und Bedeutung." Peter Habeler, österreichischer Extrembergsteiger

Ein Bibelvers - Psalm 116,8+9

"Ja, du hast mein Leben dem Tod entrissen. Mein Auge muss nicht mehr weinen, mein Fuß kommt nicht ins Stolpern. Ich darf mein Leben vor dem Herrn führen, hier im Land der Lebenden."

Ein Anregung

Der Mont Blanc ist ein schöner Berg. Jedes Jahr besteigen ihn zwischen 25'000-30'000 Bergsteiger. Die Normalroute ist nicht besonders schwierig. Aber der höchste Berg der Alpen ist mit 4807 Meter von beachtlicher Höhe und Ausgesetztheit. Und so sind dort wohl seit seiner Erstbesteigung im Jahr 1786 schon 6'000-8'000 Menschen tödlich verunglückt. So genau weiss das niemand. Denn weil am Berg soviel los ist, gibt es keine offiziellen Statistiken.

Der Mont Blanc ist ein schöner Berg. Es gibt aber noch gefährlichere Berge. In einem Blog der Zeitschrift "Bergwelten" wird die Annapurna (8091 m) im Himalaya genannt. Von insgesamt 183 Alpinisten, die sich an diesem extrem lawinenexponierten Giganten versuchten, sind 53 ums Leben gekommen.

Überlege dir doch einmal, wo dein Leben der grössten Gefahr ausgesetzt war?
Und wo bist du aussergewöhnlicher Schönheit begegnet?
Bei der Schönheit und in der Bewahrung vor Gefahr ist Dankbarkeit eine gute Reaktion.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Donnerstag, 28. Oktober 2021

Methodistinnen und Methodisten in Mittel- und Südeuropa bleiben im Gespräch

Ein Zitat

Superintendenten Daniel Sjanta, Serbien (Mitte) und Stefan Zürcher, Schweiz (links) im Gespräch mit Bischof Patrick Streiff
Foto © Jörg Niederer
"Wir wollen gehört werden und wir wollen hören." Daniel Sjanta, Superintendent aus Serbien

Ein Bibelvers - 2. Könige 10,15

"Jehu zog weiter und traf Jonadab, den Sohn des Rechab, der ihm entgegenkam. Er grüßte ihn freundlich und fragte ihn: 'Wie sieht es in deinem Herzen aus? Kann ich mich so auf dich verlassen, wie du dich auf mich verlassen kannst?' Jonadab antwortete: 'Ja!' Da sprach Jehu: 'Ja? Dann gib mir darauf deine Hand!' Und er gab sie ihm."

Ein Anregung

Das Exekutivkomitee der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) tagte vom 20.-23. Oktober in Budapest. Ich berichtete schon kurz davon. Nun ist ein umfangreicherer Beitrag darüber in den News der EMK Schweiz erschienen unter der Überschrift: "Offene Gespräche - ungewisse Zukunft".

Wie zu erwarten war ein deutlicher Schwerpunkt der Beratungen und Gespräche die Frage, wie die Zukunft des Bischofsgebiets nach den anstehenden Entscheidungen der inzwischen für 2022 geplanten Generalkonferenz aussehen könnte. Es wird damit gerechnet, dass es dann zu einer Trennung innerhalb der weltweiten Methodistenkirche kommen wird. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen unterschiedliche Haltungen zu Fragen menschlicher Sexualität.

Darüber wurde an der Zentralkonferenz offen und sorgfältig miteinander gesprochen, ohne dass schon ein Entscheid gefallen wäre. Weiter war die bevorstehende Bischofswahl ein Thema. 

 Wer sich darüber hinaus über weitere Themen dieser Zentralkonferenz-Exekutive informieren möchte, kann den weitgehend von mir verfassten offiziellen Bericht als PDF herunterladen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 27. Oktober 2021

Ein Totentänzer am Kirchgemeindehaus

Ein Zitat

Totentanz-Figur von Harald Oskar Naegeli am Kirchgemeindehaus Hottingen, Zürich
Foto © Jörg Niederer
"Wenn die Zeit zu gehen kommt, gehen Sie einfach leise weg und machen Sie keinen Radau."
Banksy

Ein Bibelvers - 2. Mose 35,35

"Gott hat sie mit Weisheit erfüllt, sodass sie jede Arbeit ausführen können: als Kunsthandwerker, Kunstweber und Sticker, die violette, purpurrote und karmesinrote Wolle und feines Leinen verarbeiten. Sie kennen sich auch mit Entwürfen aus."

Ein Anregung

Man nannte sie Sprayereien, die Werke von Harald Oskar Naegeli, dem 1939 in Zürich geborenen "Sprayer von Zürich". Als er in den 80er Jahren gegen die Urbanisierung der Stadt durch seine Strichfiguren protestierte, galten seine Werke als Schmierereien, für die er dann auch zu einer Haftstrafe von 9 Monaten verurteilt wurde.

Heute zählt er zu den Vorläufern der Street Art in Europa. Mit seiner politisch motivierten Kunst hat er immer wieder provoziert. Provokation muss Grenzen überschreiten. Kein Wunder, dass seine Kunst bis heute etwas aufmüpfiges hat, und Naegeli sich kaum an auferlegte Beschränkungen hält. Als er vor zwei Jahr im Karlsturm des Grossmünster in Zürich den Totentanz verwirklichen sollte, achtete er nicht auf die Vorgaben des Bauamts. 

Eine seiner Totentanzfiguren habe ich gestern am Reformierten Kirchgemeindehaus Hottingen in Zürich entdeckt. Dort besuchte ich aus beruflichen Gründen eine Sitzung. Ob Naegeli die Figur aus Frust, dass man ihn im Grossmünster nicht machen liess, oder als Übungsobjekt dort aufgetragen hat, ich weiss es nicht. Die Figur ist da, und an dieser Stelle so willkommen, dass sie bleiben wird. 

Den Wert dieses Street-Art-Beitrags erkennen offensichtlich auch die andern Sprayerinnen und Sprayer an. Keiner und keine hat Naegelis Figur als Einladung verstanden, nun die Wand des Kirchgemeindehauses Hottingen weiter zu bearbeiten. Und so bleibt Naegelis Totentänzer ein einsamer Geselle auf dem Tanzparket des kirchlichen Lebens. Das ist auch gut so.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 26. Oktober 2021

Herbst und Nostalgie

Ein Zitat

Stare fliegen zwischen Äcker und Bäumen hin und her
Foto © Jörg Niederer
"Bunt sind schon die Wälder, / gelb die Stoppelfelder, / und der Herbst beginnt. / Rote Blätter fallen, / graue Nebel wallen, / kühler weht der Wind." Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762-1834)

Ein Bibelvers - Jesaja 35,1

"Die Wüste und das dürre Land werden fröhlich sein. Die Steppe wird jubeln und blühen wie eine Lilie."

Ein Anregung

Herbst. Zeit der trüben Gedanken, der dunkler werdenden Tage. Der Frühling ist viele Tage weit, kein Sommer tröstet mehr über die Zeit. Melancholie, Nostalgie.

Wohl bei einem Lehrer bin ich auf eine Sammlung aus dem alten Lehrmittel "Kurzweiliges Schuljahr" gestossen. Damals in der Schule mussten wir solche Gedichte lernen, manche auswendig. Eine Qual.

Heute lösen sie in mir Gefühle der Vertrautheit aus. Etwa: "Schneeflöckchen, Weissröckchen". Oder Hoffmann von Fallerslebens "Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm". Auch von ihm: "Alle Vögel sind schon da, alle Vögel, alle!". Natürlich Matthias Claudius: "Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land". Oder: "Winter ade! Scheiden tut weh...". Dann "Maikäfer, flieg! Dein Vater ist im Krieg..." von Johannes Trojan. Sehr bekannt, auch in Dialekt: "Regen – Regentröpfchen, es regnet auf mein Köpfchen, es regnet in das grüne Gras, da werden meine Füsschen nass." 

Bisher nicht gekannt habe ich das Gedicht "Kartoffelernte" von Adolf Holst. Nicht dass ich selbst noch diese Form der Ernte miterlebt hätte. Aber in und mit den Worten des Gedichts bin ich doch dabei, rieche die Erde, die gebratenen Kartoffeln am Feuer. Und die Stare, die auffliegen, sehe ich auch heute noch über den abgeernteten Feldern. Ja, sie fliegen immer noch, wenn auch nicht mehr alle in den Süden.

"Nach Süden ziehn nun Storch und Star. / Wir ziehen auch als Wanderschar / mit Hacke, Korb und Spaten. 
Verschlossen liegen Hof und Haus. / Heut graben wir Kartoffeln aus, / und die sind gut geraten.
Die Furchen lang mit hack und hack, / erst in den Korb, dann in den Sack. / Das Schütteln nicht vergessen!
Das ganze Feld in einem Zug; / der Winter dauert lang genug, / dann haben wir zu essen.
Und mit dem dürren Kraute dann, / da zünden wir ein Feuer an, / Kartoffeln drin zu rösten.
Die Schale schwarz, das andre weiss, / gleich aus der Asche glühend heiss, / so schmecken sie am besten!"

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 25. Oktober 2021

Pärke als Orte des Übergangs

Ein Zitat

Im Stadtpark Városliget von Budapest
Foto © Jörg Niederer
"Was ohne Ruhepausen geschieht, ist nicht von Dauer." Ovid (43 v.Chr. - 17 n.Chr.)

Ein Bibelvers - Lukas 22,39+40

"Jesus verließ die Stadt und ging wie gewohnt zum Ölberg. Die Jünger folgten ihm. Als er dort ankam, sagte er zu ihnen: 'Betet, damit ihr die kommende Prüfung besteht!'"

Ein Anregung

Das Stadtwäldchen (ungarisch: Városliget) von Budapest ist kein Wald im eigentlichen Sinn. Der ab 1817 vom Lübecker Landschaftsgärtner Christian Heinrich Nebbien (1778–1841) angelegte Park ist ein beliebtes Naherholungsgebiet. Er erstreckt sich über eine Fläche von 1,2 km² und war einst eine sumpfige Hügellandschaft.

Heute finden sich viele Freizeiteinrichtungen in diesem Park. An Sonntagen und Feiertagen ist er voller Menschen, die dort spazieren, Museen besuchen, Möwen füttern, spielen oder gemeinsam Hunde ausführen.

Viele grosse Städte haben grosse unbebaute Flächen, Parklandschaften, Wäldchen. Manche dieser Orte sind berühmt. Der Hyde Park in London, der Central Park in New York, der Jardin du Luxemburg in Paris, der Englische Garten in München, der Prater in Wien.

Der Park ist die Brücke zwischen Wildnis und Grossstadt. Im Park ist die Natur kultiviert. Der Park ist da, wo die Menschen glücklich sein können oder zutiefst traurig. Im Park zerstreuen sich die Menschen und finden sich. Und im Park verbrachte Jesus die letzten Stunden in Freiheit.

Setze dich doch wieder einmal in einen Park und lass Gedanken und Gefühle zu, wie sie gerade kommen!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 24. Oktober 2021

Budapest am Nationalfeiertag

Ein Zitat

Istvan Bocskai auf dem Heldenplatz von Budapest, Ungarn
Foto © Jörg Niederer
"Sei deiner Welt, soviel du kannst, ein Engel / So wird sie dir, trotz dem Gefühl der Mängel, / So viel sie kann, dafür ein Himmel sein." Christoph August Tiedge (1752-1841), deutscher Schriftsteller

Ein Bibelvers - Lukas 1,19

"Der Engel antwortete [Zacharias]: 'Ich bin Gabriel, der vor Gott steht. Gott hat mich gesandt, um mit dir zu reden und dir diese gute Nachricht zu bringen.'"

Ein Anregung

Da ist er wieder, der siebenbürgische Fürst vom Reformationsdenkmal in Genf (Siehe Blog vom 19. Oktober 2021!). Diesmal habe ich ihn am 23. Oktober, am Nationalfeiertag der Ungarinnen und Ungaren, am Tag also, als der Volksaufstand im Jahr 1956 mit einer friedlichen Grossdemonstration der Budapester Studenten gegen die pro-sowjetischen Machthaber begann, beim Millenniumdenkmal auf dem Heldenplatz in Budapest besucht. 

Istvan Bocskai gelang es, einen Religionsfrieden für die Ungarn und die ungarischen und deutschen Protestanten Siebenbürgens zu erwirken. Auf dem Millenniumdenkmal hält er in der rechten Hand das Zepter, in der linken wohl den Friedensvertrag von Wien aus dem Jahr 1606. Unter seiner Statue findet sich ein Schlachtbild, das auf Ungarisch beschriftet ist mit dem Satz: "Bocskais Haiducken im Kampf mit den kaiserlichen Soldaten"

Ich frage mich: Warum faszinieren diese kriegerischen Gewalttäter so sehr, dass man ihnen martialische Denkmäler widmet? Da ist mir der gekreuzigte Christus vom Auferstehungstag, dem Sonntag, weitaus näher.

Immerhin thront auf dem Heldenplatz in Budapest ganz zuoberst der Erzengel Gabriel auf einer 36 Meter hohen Säule weit über den düsteren Krieger und Königen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde


Samstag, 23. Oktober 2021

Methodistinnen und Methodisten suchen den Weg in eine gemeinsame Zukunft

Ein Zitat

Bischof Patrick Streiff leitet die Tagung der Zentralkonferenz-Exekutive in Budapest, Ungarn
Foto © Jörg Niederer
"Wir auf allen Seiten wollen Kirche Jesu Christi sein." Bischof Patrick Streiff zum Selbstverständnis der unterschiedlich denkenden Methodistinnen und Methodisten

Ein Bibelvers - Johannes 14,26

Jesus "Der Vater wird euch in meinem Namen den Beistand senden: den Heiligen Geist. Der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich selbst euch gesagt habe."

Ein Anregung

Vom 20. bis 23. Oktober tagt die Exekutive der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa in Budapest. Rund 24 Methodistinnen und Methodisten aus 10 europäischen Ländern diskutieren und beraten in intensiven und offenen Gesprächen die Zukunft der Evangelisch-methodistischen Kirche. 

Hilfreich ist, dass man sich erstmals wieder seit 19 Monaten physisch treffen konnte. Der Schutz vor Corona hat dabei hohen Stellenwert. So verlegte man den Tagungsort kurzfristig von Rumänien nach Budapest in Ungarn, dass weniger betroffen ist von der Pandemie. Alle Sitzungen und Besprechungen finden im Hotel statt. Alle Delegierten sind in Einzelzimmern untergebracht, und bei der ersten Sitzung wurde bei jeder Person ein Antigen-Schnelltest durchgeführt. Stefan Schröckenfuchs aus Österreich meinte dazu: «Negativ ist in dieser Zeit ein so positives Wort.» 

Bischof Patrick Streiff leitet geschickt durch die Sitzungen. Dabei zeichnen sich Lösungen ab bei der Frage, wie man trotz unterschiedlichen Vorstellungen in Fragen der menschlichen Sexualität gemeinsam weitergehen kann. Zum Einsatz kam bei einigen Diskussionen die Methode der konsensbasierenden Entscheidungsfindung, was zu deutlich sorgfältiger geführten Gesprächen führte.

Weitere Themen sind die bevorstehende Bischofswahl im November 2022, das Ergehen der Methodistinnen und Methodisten in den verschiedenen Regionen Europas, und neue liturgische Texte für das gottesdienstliche Leben.

Getragen sind die Beratungen durch berührende und vielsprachige Momente der Besinnung auf Gott und das Einstehen füreinander im Gebet.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde


Freitag, 22. Oktober 2021

Dasein für Menschen in besonderen Momenten

Ein Zitat

Claudia Haslebacher
Foto © Jörg Niederer
"Um eine gute Stegreifrede zu halten, brauche ich drei Tage Vorbereitungszeit." Mark Twain

Ein Bibelvers - Apostelgeschichte 3,12b

"Als Petrus die Leute sah, sagte er zu ihnen: Ihr Leute von Israel, worüber staunt ihr?"

Ein Anregung

Claudia Haslebacher ist sicher nicht unterbeschäftigt. Als Mitglied im Rat der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) und als Pfarrerin in der Evangelisch-methodistischen Kirche Oberemmental müsste sie wohl nicht nach einem dritten Standbein suchen. 

So ist ihr Angebot "Zmitts im Läbe" ein Beispiel ihrer grossen Kontaktfreude und der Fähigkeit, Menschen in besonderer Situation zu begleiten. Für Trauungen, Beerdigungen, Reden und die Eventorganisation bietet sie auf sympathische Weise ihre Hilfe und Expertise an. Ein Blick auf diese Angebote lohnt sich.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Donnerstag, 21. Oktober 2021

Historische Fotos und die Evangelisch-methodistische Kirche St. Gallen

Ein Zitat

Das Wohn- und Kirchengebäude der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen an der Wassergasse und Kapellenstrasse
Foto © Jörg Niederer
"Nostalgie sucht gerne Wärme in längst erkalteten Nestern." Michael Marie Jung (*1940)

Ein Bibelvers - Prediger 1,9

"Was früher einmal geschah, wird wieder geschehen. Und was Menschen getan haben, wird wieder getan: Es gibt nichts Neues unter der Sonne!"

Ein Anregung

Im Stadtarchiv St. Gallen wurden neue digitalisierte Fotografien vom Fotogeschäft Gross hinzugefügt. Darunter befinden sich auch historische Aufnahmen von der Kapellenstrasse und der einstigen methodistischen Kapelle. 

Auch heute noch ist die Evangelisch-methodistische Kirche an diesem Standort zu finden. Allerdings ist es keine Kapelle mehr, sondern ein Wohnhaus, in dem die kirchlichen Räume über zwei Stockwerke verteilt zu finden sind.

Wer also zeitlich zurückblenden möchte in die Zeit, als noch die Kapelle stand, kann im Stadtarchiv suchen. Bei meiner Recherche haben sich drei Übersichtsfotos als besonders interessant herausgestellt.

Das erste Foto ist aus dem Jahr 1924 und zeigt unter anderem auch die Kapellenstrasse. Die Kapelle selbst ist nicht besonders gut zu erkennen. 

Auf dem zweiten Foto von 1924 ist die Kapelle im linken unteren Bildteil gut zu erkennen mit ihrem neuen Flachdach-Anbau. 

Auf dem dritten Bild von 1921 zeigt sich die Kapelle noch ohne den Anbau (In der Mitte ganz unten am Bildrand).

2021 jährt sich das Wirken der Methodisten in St. Gallen zum 160. Mal. Gefeiert wird coronabedingt erst nächstes Jahr. Mehr dazu späterer.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 20. Oktober 2021

Safari im Schweizer Mittelland

Ein Zitat

in Fuchs ruht sich auf der alten Weide aus
Foto © Jörg Niederer
"Stets findet Überraschung statt / Da, wo man`s nicht erwartet hat." Wilhelm Busch, deutscher Dichter, Zeichner und Maler (1832 - 1908)

Ein Bibelvers - 2. Mose 3,3

"Mose sagte sich: 'Ich will hingehen und mir diese auffallende Erscheinung ansehen. Warum verbrennt der Dornbusch nicht?'"

Ein Anregung

Gerade noch erzählte ich meiner Begleiterin, dass ich an dieser Stelle beim Schilf auch schon einen Fuchs gesehen habe. Dann gab das Unterholz den Blick frei auf eine alte riesige Weide mit einigen abgestorbenen Ästen. Eine Eule wäre an ihrem zerfurchten Stamm kaum zu erkennen gewesen. Sorgfältig suchten wir den Baum mit unseren Augen ab, als meine Begleitung aufgeregt fragte: "Ist das dort ein Fuchs auf dem Baum?". Und tatsächlich: In gut 5 Metern Höhe hatte es sich Meister Reinecke bequem gemacht, lag flach hingestreckt auf dem dicken Ast und döste der Nacht entgegen.

Wie ein Leopard auf einem Baum in der Afrikanischen Savanne, dachte ich mir. Nur eben bei uns, in unserer geputzten Wildnis. 

Zwischenzeitlich hatte der Fuchs auch uns entdeckt und liess uns auf unserer Safari in den Feuchtgebiete und Auen von Frauenfeld nicht mehr aus den Augen.

Besondere Abenteuer warten vor der Haustür, und sind in ihrem Erlebniswert mitunter viel nachhaltiger als die gekauften Adventure-Touren irgendwo an einem fremden Ort.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 19. Oktober 2021

Ein Türkenfreund verteidigt die Reformation in Ungarn

Ein Zitat

Der reformierte Fürst István Bocskai ist Teil des Reformationsdenkmals in Genf
Foto © Jörg Niederer
"Die Unabhängigkeit unseres Glaubens, unsere Gewissensfreiheit und unsere alten Gesetze sind für uns wertvoller als Gold." István Bocskai 1606 in Košice

Ein Bibelvers - 1. Samuel 22,1+2

"David ging von dort weg nach Adullam und brachte sich in einer Höhle in Sicherheit. Als seine Brüder und alle Verwandten davon hörten, kamen sie zu ihm. Auch andere schlossen sich ihm an: Leute, die verfolgt wurden, die Schulden hatten oder die mit ihrem Leben unzufrieden waren. Er wurde ihr Anführer, bei ihm waren etwa 400 Mann."

Ein Anregung

Wiener Konferenzen gab es mehr als eine. Für die Reformation war die von 1606 und ein daran beteiligter siebenbürgischer Fürst wesentlich. Und weil ich in diesen Tagen nach Rumänien reisen sollte, nun aber aus Pandemiegründen nach Ungarn reisen werde, nehme ich diesen Wegbereiter der Reformation in Siebenbürgen und Ungarn, István Bocskai (1557-1606), genauer in Augenschein. An der Reformationswand in Genf steht er ganz rechts in orientalischer Tracht mit dem Krummschwert auf seinem Sockel. 

Bocskai (Ausgesprochen Botschkai) war ein Siebenbürgischer Fürst, aufgewachsen am habsburgischen Hof, von dem er sich später endtäuscht abwandte und sich dem ungarischen Aufstand gegen die Habsburger anschloss. Dieser Aufstand richtete sich gegen den Wiener Zentralismus und die Gegenreformation.

In Siebenbürgen wurde er von den dort ansässigen Ungarn zum Fürsten von Siebenbürgen gewählt. Auch die Siebenbürger Sachsen anerkannten seine Führung. Speziell: Der reformierte Fürst erhielt von Sultan Achmet I. das eroberte Königreich Ungarn als Lehen. 

Dies war an der Wiener Friedenskonferenz dann ein Glück für den Protestantismus in Ungarn. Der "Frieden von Wien vom 23. Juni 1606 war ein Friedensschluss zwischen dem ungarischen Adligen Stephan Bocskai, Fürst von Siebenbürgen, und dem habsburgischen späteren römisch-deutschen Kaiser, dem damaligen Erzherzog Matthias von Österreich. Er beendete den von Bocskai angeführten anti-habsburgischen Aufstand in Oberungarn 1605–1606." 

In diesem Vertrag wurde den calvinistischen und lutherischen Ungarn in Oberungarn und Siebenbürgen die Religionsfreiheit zugestanden. Bocskai wurde als Fürst anerkannt.

Bocskai selbst hatte von diesem Frieden aber nicht mehr viel. Er wurde kein halbes Jahr später vermutlich vergiftet.

Auch das ist eine Sache, die am Reformationsdenkmal augenfällig ist. Der evangelische Glaube wurde auch militärisch durchgesetzt. Und das nicht nur mit sauberen Mitteln. So setzte Bocskai bei seinen Feldzügen auch die Hajducken ein, bandenmäßig organisierte Gesetzlose, Wegelagerer, Plünderer und Freischärler. Auf politischer Ebene nutzte er opportunistisch die Kontakte zu den muslimischen (ungläubigen) Türken, um seine Ziele durchzusetzten.

Beim Reformationsdenkmal in Genf finden sich neben der Statue Bocskais die ersten Zeilen des Wiener Friedensvertrags von 1606. 

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 18. Oktober 2021

Das Reformationsdenkmal in seiner monumentalen Begrenztheit

Ein Zitat

Das Reformationsdenkmal in Genf
Foto © Jörg Niederer
"Freilich, einen ganz grossen, überwältigenden Eindruck, wie ihn nur das einheitliche, in sich geschlossene Kunstwerk auszuüben vermag, wird man von dieser geschmückten Mauer, die nie als Einheit, sondern nur partiell genossen werden kann, nicht empfangen, und mancher wird die unangenehme Vorstellung von einer Plakatwand oder einer modernen italienischen Kirchhofmauer nicht ganz loswerden." Zitat zum Reformationsdenkmal aus: "Die Schweiz" XII 1908, S. 502

Ein Bibelvers - Kolosser 3,12

"Gott hat euch als seine Heiligen erwählt, denen er seine Liebe schenkt. Darum legt nun das neue Gewand an. Es besteht aus herzlichem Erbarmen, Güte, Demut, Freundlichkeit und Geduld."

Ein Anregung

Genf ohne Besuch beim Reformationsdenkmal, das geht nicht. Mich erinnert dieses Monument an die Denkmäler in Washington DC, an Lincoln, Roosevelt und Martin Luther King. Monumental und unüberschaubar. 

Was vor über 100 Jahren den Schreiber eines Beitrags in der Zeitschrift "Die Schweiz" störte, stimmt schon. Es ist ein Denkmal, durch das und entlang dem man schreiten muss. Anders ist es nicht zu überblicken.

Wer der Mauer entlangschreitet, begegnet bedeutenden Persönlichkeiten der Reformation. Sie alle wollten einst Licht ins Dunkel bringen, gemäss dem über dem Denkmal stehenden Wahlspruch Genfs und der Reformation: "Nach der Dunkelheit Licht"

Dafür stehen die Statuen bedeutender Männer der Reformation. Begonnen bei Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620–1688), Wilhelm von Nassau (1533–1584), Gaspard de Coligny (1519–1572), Guillaume Farel (1489-1565), Johannes Calvin (1509-1564), Theodor Beza (1519-1605), John Knox (1514-1572), Roger Williams (1603–1683), Oliver Cromwell (1599–1658), bis und mit Stephan Bocskai (1557–1606). Weitere Namen von Reformatoren sind zu finden. In der Treppe aus Granit vom Mont Blanc entdeckt man Martin Luther (1483-1546) und Huldrych Zwingli (1484-1531) eingraviert. 

Inklusiv ist dieses Denkmal nicht. Alles Männer aus dem Kulturraum Europas. Das änderte sich mit der Ergänzung von weiteren Namen im Jahr 2002 nur unwesentlich: Hinzu kamen die Vorläufer der Reformation Petrus Waldes (gestorben vor 1218), John Wyclif (1330-1384) und Jan Hus (1370-1415).

Der grosse Quantensprung aber ist die Erwähnung der ersten Reformatorin Marie Dentière (ca. 1495–1561). Natürlich habe ich ihren Namen auf einem der Blöcke am Rande des Monuments bei meinem Besuch glatt übersehen.

Übersehen; das jahrhundertelange Los aller Frauen, auch bei den fortschrittlichen Reformatoren. Sie wurden übersehen, von der Bildung ausgeschlossen, trotz Bildung nicht ernst genommen, gesellschaftlich geächtet und als wissenschaftliche Partnerinnen nicht anerkannt. Man lese nur vom Geschick Marie Dentière

In ihrer Zeit verhaftet hat die Reformation noch manches nicht reformiert und Jahrhunderte hinausgeschoben, was dringend nötig gewesen wäre. Der Umgang mit den Täufern, Juden und Hexen war kein Ruhmesblatt. Und so frage ich mich, wo wir heute unsere blinden Flecken haben, wo heute dringender Handlungsbedarf wäre, wir aber der festen Meinung sind, dass das unnötig sei. Denn auch über uns wird man dereinst in manchen Bereichen unseres Handelns und Glaubens zu Recht den Stab brechen.

Mich hat das Reformationsdenkmal bescheiden gemacht. Gerade in seiner Monumentalität zeigt es unverstellt auch die Beschränktheit vergangener Jahrhunderte.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 17. Oktober 2021

Worüber andere mit dem Flugzeug hinwegbrausen

Ein Zitat

Landeanflug über Aire-la-Ville
Foto © Jörg Niederer
"Wer's großzügig hält, dem dankt die Welt." Christa Schyboll

Ein Bibelvers - 5. Mose 34,5+6

"Mose, der Knecht des Herrn, starb dort im Land Moab. So hatte es der Herr bestimmt. Er begrub ihn auch im Land Moab, in einem Tal gegenüber von Bet-Pegor. Bis heute ist die Lage seines Grabes unbekannt."

Ein Anregung

Da wo die Flugzeuge beim Landeanflug auf Genève Aéroport im Fünfminutentakt der Rhone entlangdröhnen, da überfliegen sie geheimnisvoll Heimliches, kulinarisch Herausragendes, grunzend Sauwohles, heraldisch Verwirrendes, biologisch Rares, und zauberhaft Hässliches. 

Geheimnisvoll Heimliches: Beim Örtchen Chèvres versteckt sich über der Rhone hinter hohen Mauern ein kleiner Waldfriedhof mit frischen Gräbern, der auf keiner Karte zu finden ist. 

Kulinarisch Herausragendes: Das Cafe du Levant in Aire-la-Ville ist gerappelt voll, da trete ich in schmutziger Wanderkluft in dieses von Guide Michelin empfohlenen Lokal mit dem einzigen Wunsch, die Toilette aufsuchen zu dürfen. Ohne Umschweif und obolusfrei wird mir der Zutritt gewährt. Grossartig von Wirt Stéphane Taffonneau. Genau so stelle ich mir auch den Service in der Kirche vor. 

Grunzend Sauwohles: Auf dem einem Feld geniessen die Wollschweine den grossen Auslauf, auf dem andern Feld die bekannten rosa Schweine ihre begrenzte Freiheit. Auf jeden Fall sind das wohl zur Zeit glückliche Borstentiere. 

Heraldisch Faszinierendes: Das Gemeindewappen prangt auf dem Reinigungsfahrzeug von Cartigny und genauso auf dem von Céligny. Beide Wappen sind identisch, bis auf die Farben: Ein Kreuz, darin verteilt fünf Jakobsmuscheln. Im Fall von Céligny liegen die Muscheln auf der Hand. Der Ort liegt am Jakobsweg. Cartigny dagegen findet sich am Sentier du Rhône.

Biologisch Rares: Die einheimische Sumpfschildkröte findet sich noch im Naturschutzreservat Moulin de Vert bei Cartigny.

Zauberhaft Hässliches: Der Name "Zimeysa" ist so wohlklingend, dass er für das Industrie- und Gewerbegebiet von Meyrin-Satigny viel zu schade ist, zumal sich darüber der Mont Blanc in seiner ganzen Pracht erhebt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde


Samstag, 16. Oktober 2021

Mietshäuser im Wald

Ein Zitat

Der weitherum sichbarer Teil der Cité du Lignon überragt den Wald bei Genf. Das längste Haus Europas bietet 5700 Mieterinnen und Mietern Wohn- und Lebensraum.
Foto © Jörg Niederer
Noch immer lassen Architekturfotografen sich verführen von der Fassade, die "vom Spiel des Lichts, der Wolken am Himmel und der Natur belebt wird." Georges Addor über die Cité du Lignon (das längste Haus Europas)

Ein Bibelvers - Offenbarung 21,22-24

"In der Stadt sah ich keinen Tempel. Denn ihr Tempel ist Gott, der Herr, der Allmächtige – er und das Lamm. Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die für sie scheinen. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihr Leuchter ist das Lamm."

Ein Anregung

Genf hat so einige architektonische Spezialitäten. Ob der Springbrunnen Jet d'eau dazu gehört? Aber sicher das längste Wohnhaus Europas muss erwähnt werden.

Cité du Lignon nennt sich die von 1962–1971 nach Plänen von Georges Addor erbaute Grosssiedlung, ein Polygonzug, der sich in Vernier über mehr als einen Kilometer erstreckt. Darin wohnen sollten einst 10'000 Menschen. Heute sind es 5700 Mieterinnen und Mieter.

Von der Rhone sieht die Siedlung aus, als würde sie aus dem Wald wachsen. Mir kommen dabei die Retortenstadt Brasilia in den Sinn, oder auch Pläne aus dem Kanton Schaffhausen, eine Waldsiedlung zu erbauen.

Wenn alle Menschen in der Schweiz, die sich als Mitglieder der Evangelisch-methodistischen Kirche verstehen, in Genf zusammengezogen würden, dann hätten sie gut Platz in dieser Cité du Lignon. Löst diese Vorstellung bei dir schon einen methodistischen Dichtestress aus? Oder wäre das Leben in dieser Siedlung sicherer, besser, liebevoller? Würden alle füreinander sorgen, sich umeinander kümmern? Oder wäre es wie in jedem anderen "ehrenwerten Haus"?

In nigerianischen Lagos gibt es eine christliche geprägte, mehrere hundert Wohnhäuser umfassende Siedlung, die wie eine kleine Stadt in der Megacity funktionieren. Gesichert durch Wachpersonal soll es in dieser Siedlung friedlicher und gerechter zu- und hergehen. Auch Nichtchristen ziehen aus diesem Grund dorthin. Es werde weniger gestohlen und mehr aufeinander geachtet.

Würdest du in einer solchen "christlichen Stadt" leben wollen? Oder noch etwas zugespitzter: Würdest du in einer rein methodistischen Stadt leben wollen?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 15. Oktober 2021

Angekommen

Ein Zitat

In der Kathedrale Saint-Pierre in Genf bringt das Sonnenlicht die Farben der Glasfenster zum leuchten.
Foto © Jörg Niederer
Wer ankommt, braucht ein neues Ziel.

Ein Bibelvers - Matthäus 28,20

"Die Priester, die die Bundeslade des Herrn trugen, blieben im trockenen Flussbett des Jordan stehen. So kamen alle Israeliten trockenen Fußes hinüber, bis der Durchzug durch den Jordan abgeschlossen war."

Ein Anregung

Wir sind angekommen. In der Kathedrale Saint-Pierre in Genf. Vier Stunden danach haben wir auf dem Jakobsweg auch die Grenze zu Frankreich erreicht. Hinter uns liegt der Weg vom Bodensee zum Lac Leman und darüber hinaus.

Wir haben Carouge entdeckt, einige schöne Kirchen, den Mont Saleve. Wir sind am Chemin des Contamines vorbeigekommen, am telefonierenden Elektriker hoch auf der ans Haus gelehnten Leiter neben der Strassenlampe. Beissend kalt war es. Und wunderschön sonnig und warm auch. Und dann stand da auch noch ein WC-Stuhl etwa 50 Meter von der Landesgrenze entfernt am Feldrand. Förster, Jäger oder Zöllner - haben wir uns gefragt. Für wen ist der Stuhlgang geplant? Egal, wir sind angekommen. Und nun geht es weiter, irgendwie, irgendwo, aber wohl wieder in der Schweiz.

Wo bist du in deinem Leben schon alles angekommen?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Donnerstag, 14. Oktober 2021

Die Strasse zur Karosseriewerkstätte

Ein Zitat

Strassenschild zur Rue de la Carrosserie in Crans-près-Celigny
Foto © Jörg Niederer
"Auf einer geteerten Straße kann man den richtigen Weg nicht finden." Bob Marley

Ein Bibelvers - Matthäus 7,13+14

Jesus: "Geht durch das enge Tor! Denn das Tor zum Verderben ist weit, und der Weg dorthin ist breit. Diesen Weg wählen viele Menschen. Aber wie eng ist das Tor zum Leben, und wie schmal ist der Weg dorthin! Diesen Weg finden nur wenige Menschen."

Ein Anregung

Keine Frage: Nach Mühlen sind viele Gassen, Strassen und Wege benannt. Und selbst arbeite ich an einem Kapellenweg und einer Kapellenstrasse. Da es auch Metzgergassen und Schmiedewege gibt, und ein Pier auch einmal nach dem Fischer benannt sein kann, spricht nichts dagegen, auch eine Strasse nach einer Karosseriewerkstätte zu benennen. Im abgebildeten Fall ist es die Carrosserie Bussy in Crans-près-Celigny. Der Gewerbebetrieb hat vielen Mühlen- und Kapellenstrassen eines voraus: Die Karosseriewerkstätte gibt es noch. An vielen Mühlen- und Kapellenstrassen dagegen sind die Mühlen und Kapellen schon längst verschwunden. Genauso wie auf Lindenplätzen oft gar keine Linden mehr stehen.

Wie ist das mit der Strasse, an der du wohnst: Stimmt deren Namen noch mit der Realität überein?

Und wie steht es mit deinem Leben? Stimmt es noch mit deinen Werten überein?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 13. Oktober 2021

Bossey - Theologie für die ganze Welt

Ein Zitat

Das Ökumenische Institut von Bossey mit seinem grosszügigen Park
Foto © Jörg Niederer
"Die Welt war meine Gemeinde." Willem Adolf Visser’t Hooft, 1. Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen und Initiant des Ökumenischen Instituts in Bossey

Ein Bibelvers - Matthäus 5,1+2

"Als Jesus die Volksmenge sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich und seine Jünger kamen zu ihm. Jesus begann zu reden und lehrte sie."

Ein Anregung

Zwischen Nyon und dem Drei-Tannen-Dorf Mies liegen zwei Flecken des Kantons Genf, umkreist von Frankreich und der Waadt. Céligny ist Station auf dem Jakobsweg und hat ein Restaurant mit dem passenden Namen "L'ENCLAVE". Hinzu gehört eine weitere Enklave: Grand Coudre. Dazwischen, auf Waadtländer Grund, findet sich - wie die Nuss im Nussknacker - das Institut Oecuménique de Bossey. Die Einrichtung des Ökumenischen Rats der Kirchen bildet seit 1948 Studierende aus aller Welt und aus unterschiedlichen konfessionellen Traditionen zu Führungskräften für die Kirchen aus. Organisatorisch ist das Institut der Universität Genf angegliedert.

Wer einmal internationale, theologisch gesättigte Luft atmen möchte, kann im Château de Bossey, wo das Institut untergebracht ist, ein Zimmer mit Frühstück mieten.

Von einer Tafel am Jakobsweg erfährt man, dass das Schloss von Bossey zwischen 1125-1536 zur Abtei von Bonmont bei Chéserex gehörte. Im einstigen Zisterzienserkloster gibt es heute viel Kultur, mit dem Ziel, die Abtei für die Öffentlichkeit zugänglich zu erhalten.

Näher am kirchlich christlichen Auftrag ist paradoxer Weise nicht das Kloster, sondern das Schloss. Mir gefällt das. Kirche sollte heute immer mehr ausserhalb der Kirchen stattfinden. Zum Beispiel in einem Schloss, aber es kann auch woanders sein.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 12. Oktober 2021

Fast alle Läden zu

Ein Zitat

Einnachten am Flughafen Genf
Foto © Jörg Niederer
"Wir denken selten an das, was wir haben, aber immer an das, was uns fehlt." Arthur Schopenhauer

Ein Bibelvers - 2. Mose 15,18

"Ja, Gott herrscht als König für immer."

Ein Anregung

Der Flughafen Genf erschien uns in kulinarischer Hinsicht sehr zugeknöpft. Viele Werbebanner erinnerten zwar daran, dass die Läden und Restaurants an 7 von 7 Tagen die Woche geöffnet haben. Die meisten Gaststätten hatten aber  um 18 Uhr den Betrieb schon eingestellt. Offen fanden wir einen asiatischen Imbiss, McDonald's und eine Pizzeria. Auch die Menschenmassen hielten sich in Grenzen. Unpassend poetisch gesagt dämmert der Aéroport der Nacht entgegen. 

Wer aber jetzt denkt, dass es auf eine Flugreise gegangen sei, irrt. Wir bleiben im Welschland, wobei unsere Basis neben der Palexpo wenig Ferienstimmung aufkommen lässt. Macht nichts. Morgen wartet Nyon und der Jakobsweg auf uns. Beides ist auch an 7 von 7 Tagen begehbar.

Überlege dir doch einmal, was dir an 7 Tagen pro Woche zur Verfügung steht? Und dann danke für die Menschen, die dafür arbeiten und sorgen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 11. Oktober 2021

Der Bischof schwingt den Kochlöffel

Ein Zitat

Äpfel sind ideal als Vitaminergänzung im Winterhalbjahr
Foto © Jörg Niederer
"Grundzutaten für gutes Essen: Liebe und Wissen." Georg-Wilhelm Exler

Ein Bibelvers - 1. Korinther 10,31

"Ob ihr esst oder trinkt oder etwas anderes tut, tut das alles zur Ehre Gottes!"

Ein Anregung

Warum Bischof Dr. Eduard Khegay, zuständig für die Evangelisch-methodistische Kirche Euroasien, gemeinsam mit Tochter oder Enkelin öffentlich Pfannkuchen bäckt, weiss ich nicht genau. Vielleicht ist das ein bischöflicher Erntedankbeitrag, oder eine Unterstützung der Volksgesundheit. Jedenfalls wurden die Haferflockenpfannkuchen ohne Zucker und Weizenmehl hergestellt. Herzhaft und mäßig süss seien sie, und gut für die Gesundheit. Durch die Pfannkuchen werde der Körper mit Ballaststoffen, Eiweiss und Magnesium versorgt. 

Auch wer Russisch nicht versteht, kann anhand des Videos und mit etwas Fantasie und Kochkenntnissen das traditionelle Frühstücksessen selbst herzustellen.

Bischof Khegay steht mit seinem sympathischen Beitrag in der Tradition von Kirchengründer John Wesley, der einst nebst der Sorge um den Glauben der Menschen auch Tipps zur gesunden Ernährung und Medizin gegeben hatte.

Man darf gespannt sein, wann der Kirchenmann das nächste Mal öffentlich seinen bischöflichen Kochlöffel schwingen wird.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 10. Oktober 2021

150 Jahre Methodisten in Österreich

Ein Zitat

Die beiden Österreichischen Methodisten Wilfried Nausner und Stefan Schröckenfuchs 2015 in Warschau. Heute sind sie Superintendenten für die EMK Albanien und Österreich.
Foto © Jörg Niederer
"Wendet euch gegen Bestechlichkeit, gegen das Annehmen von Geschenken oder Vergünstigungen, durch die bei Wahlen die Stimmabgabe beeinflusst werden soll. Nehmt dabei auf Stellung und Einfluss der Politiker keine Rücksicht!" John Wesley (1703-1791) aus: Konferenzgespräche 1744

Ein Bibelvers - 1. Mose 1,3+4

"Gott sprach: 'Es soll Licht werden!' Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war, und Gott trennte das Licht von der Finsternis."

Ein Anregung

Das gibt es in der Schweiz nicht, dass der Bundespräsident der Evangelisch-methodistischen Kirche zu ihrem Jubiläum gratuliert. In Österreich aber ist es so: Dort grüsst der Bundespräsident Dr. Alexander van der Bellen höchst persönlich. Und das in einer politisch turbulenter Zeit, in der ein Bundespräsident in anderer Weise mehr gefordert ist. Seine Gratulation zum 150-jährigen Bestehen der methodistischen Arbeit in Österreich fällt äusserst sympathisch aus. Seinem Wunsch nach einer "hellen" Zukunft für die Methodisten, wie auch immer, schliesse ich mich gerne an. 

Hier kann die Grussbotschaft von Bundespräsident Dr. Alexander van der Bellen angeschaut werden. Und hier gibt es mehr zur Geschichte der EmK in Österreich. Und natürlich gibt es auch eine Festschrift.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 9. Oktober 2021

Auf Naturpfaden durch die Stadt

Ein Zitat

Beim Burgweier-Areal
Foto © Jörg Niederer
"Die mit Abstand beste Nerven-Heil-Anstalt ist die freie Natur." Ernst Ferstl, Schriftsteller

Ein Bibelvers - Psalm 111,2+3

"Groß sind die Taten des Herrn. Alle, die sie lieben, erkunden sie gern. Pracht und Schönheit umgeben sein Tun, und seine Gerechtigkeit steht fest für immer."

Ein Anregung

Seit kurzem gibt es in St. Gallen und in Wittenbach zwei neue Naturpfade, nachdem es schon solche in Zizers, Andelfingen/Kleinandelfingen, Dübendorf, Horgen, Hünenberg und Horw gibt. Diese sollen mithelfen, auf spielerische Weise Naturschätze vor der Haustür zu entdecken, und dafür zu sensibilisieren.

Erarbeitet wurden diese beiden Pfade im Rahmen des Modellvorhabens "Tobelwelt Sitter für alle" zusammen mit der Stiftung PUSCH - Praktischer Umweltschutz. 

Acht unterschiedliche Orte pro Naturpfad beleuchten die gewachsene Vielfalt und Biodiversität. Dazu braucht es aber zwingend die App "Naturpfade" und ein GPS-taugliches Mobiltelefon. Diese App ist für Android und iOS kostenlos und kann auf Google Play oder im App Store heruntergeladen werden.

Die Informationen zu den Standorten gibt es nicht auf einer Tafel im Gelände, sondern nur in dieser App.

Zwei solche Schauplätze habe ich heute in meiner Mittagspause besucht. Sie liegen beim und auf dem Burgweier-Areal in St. Gallen.

Die Beschreibungen der Standorte sind freigeschaltet, und können gelesen werden auch wenn man nicht vor Ort ist. Aber zusätzliche Informationen werden erst vor Ort freigeschaltet. Dabei können Punkte gesammelt werden, und es gibt Fragen, die richtig beantwortet weitere Punkte einbringen. Auch Bilder und Töne von Tieren und Pflanzen werden eingespielt.

Die Naturpfade sind lehrreich und unterhaltsam. Und sie führen an Orte, die auf diese Weise eine neue Bedeutung erhalten. Erholsam ist das ganze darüber hinaus auch noch. Also ideal für einen Samstagsausflug mit der ganzen Familie.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde