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Dienstag, 27. August 2024

Raben, Schädel, Hopfen

Ein Zitat

Historische Beschriftung der Apotheke zum Kreuz in Oltens Altstadt.
Foto © Jörg Niederer
"Ein Apotheker ist Komplize des Arztes, Wohltäter des Bestatters und Ernährer der Würmer." Ambrose Gwinnett Bierce (1842-1914)

Ein Bibelvers - 1. Mose 8,6+7

"40 Tage später öffnete Noah das Fenster, das er in die Arche eingebaut hatte. Er ließ einen Raben hinausfliegen. Der kehrte immer wieder zurück, bis das Wasser verschwunden und die Erde trocken war."

Eine Anregung

Schädel und gekreuzte Knochen, Raben und - so interpretiere ich das - Hopfen finden sich an der Beschriftung der Apotheke zum Kreuz in Oltens Altstadt. Raben und Totenkopf sind Elemente, die immer auch in der christlichen Religion als Symbole zu finden sind. Raben als Boten Gottes, die Gebeine als Zeichen der Sterblichkeit. Doch was haben diese Symbole mit dem Gesundheitswesen, den Apotheken zu tun?

Das fragte ich die Künstliche Intelligenz, nachdem ich via Google nicht besonders viel dazu in Erfahrung bringen konnte. Und das ist die Antwort von Microsofts Copilot:

"Historisch gesehen haben Apotheken oft das Symbol des Schädels und der gekreuzten Knochen verwendet, um auf die Gefahren von Giften hinzuweisen. Diese Symbole dienten als Warnung, dass bestimmte Substanzen in der Apotheke gefährlich oder giftig sein könnten, wenn sie nicht richtig verwendet werden.
Heutzutage sieht man diese Symbole weniger häufig, aber sie sind immer noch ein Teil der Geschichte und Tradition der Pharmazie. Sie erinnern uns daran, dass Apotheken nicht nur Orte sind, an denen man Heilmittel bekommt, sondern auch Orte, an denen man Respekt und Vorsicht im Umgang mit Medikamenten und Chemikalien lernen kann."

Zum Raben gibt es diese Erklärung:

"Der Rabe ist ein Symbol, das in der Geschichte der Pharmazie und Medizin eine besondere Bedeutung hat. In vielen Kulturen wird der Rabe als ein intelligentes und weises Tier angesehen, das Wissen und Geheimnisse bewahrt. In der Alchemie und frühen Medizin wurde der Rabe oft als Symbol für Transformation und Heilung verwendet... Der Rabe kann auch als ein Zeichen für die Weisheit und das Wissen der Apotheker interpretiert werden, die ihre Kunden beraten und ihnen bei der Heilung helfen."

Zuletzt noch der Hopfen: "Hopfen hat auch medizinische Eigenschaften und wird in der Pharmazie verwendet." Hopfen habe eine beruhigende Wirkung, sei verdauungsfördernd und antibakteriell. 

Wer sich nun noch bewusst macht, dass es oft Mönche und Nonnen waren, welche die Funktion von Apotheker:innen und Bierbrauer:innen ausübten, kann leicht verstehen, dass man sich die Symbolik von Schädel und Rabe geteilt hat in Kirche und Medizin. Die Oltner Apotheke zum Kreuz trägt zudem im Namen das zentrale christliche Zeichen.

All das kann wohl kein Zufall sein.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen


Mittwoch, 29. März 2023

Totenvogel und Intelligenzbestie

Ein Zitat

Martin Schilt, er führte Regie beim Film Crows-Krähen, beantwortet anschliessend an die Vorführung im Schlosskino Frauenfeld Fragen aus dem Publikum.
Foto © Jörg Niederer
"Krähen und Raben haben mich durch dieses Jahr begleitet, von den Wäldern Maines bis an die Wiener Autobahnbrücke. Sie werden mich etwa am Polarkreis, in Neukaledonien und Japan auch weiter noch eine ganze Weile begleiten - und sie werden mir ihre Geschichten erzählen. Geschichten, die im Grunde zugleich auch jene der Menschen sind." Attila Boa, Kameramann (1966-2023)

Ein Bibelvers - Psalm 147,7+9

"Singt dem Herrn beim Dankopfer ein Lied! Musiziert für unseren Gott mit der Leier!... Den Tieren gibt er genug zu fressen. Krächzen die jungen Raben, füttert er sie."

Eine Anregung

Irgendwo hat es immer eine Krähe. Wenn ich aus dem Fenster blicke, wenn ich durch die Stadt schlendere, irgendwo sitzt oder fliegt eine von ihnen. Da wo die Menschen leben, sind auch die Krähen und Raben.

Am Montag haben wir den Film "Crows-Krähen" von Regisseur Martin Schilt angeschaut. Faszinierend, was da über den Bildschirm flatterte und hüpfte. Und wirklich: Irgendwo hat es immer eine Krähe. Sie begleiten uns Menschen, sie wohnen, wo wir leben, sie beobachten uns und wahrscheinlich reden sie miteinander in einer komplexen Sprache auch über uns. Sie unterscheiden Freund und Feind, sie finden sich zusammen zu grossen Schwärmen, sie nutzen geschickt die Aufmerksamkeit oder auch Unaufmerksamkeit von uns Menschen zu ihrem Vorteil. Ihre Nester bauen sie auch einmal aus stibitzten Drahtkleiderbügel. Selbst Werkzeuge stellen sie her und fischen damit nach Futtertieren.

Krähen sind wie ein Spiegel der Menschen. Vielleicht darum werden sie geliebt und gehasst.

Ich war fasziniert von den Bildern, eingefangen vom bekannten Filmemacher Attila Boa, bekannt vom Bienenfilm "More than Honey". Er überlebte die Premiere des Films nur um wenige Tag. Am 7. Februar ist er nach schwerer Krankheit verstorben.

Im vollen Kinosaal war auch Regisseur Martin Schilt und stellte sich den Fragen. Mit neun Jahren habe ihn sein Sohn - damals begeistert von Vögeln - dazu inspiriert, einen Film über Rabenvögel zu drehen. Nun, nach 10 Jahren sei der Film fertig und sein Sohn in einem Alter, da in andere Dinge mehr interessieren würden.

Raben sind in der Bibel wie überall sonst vorurteilsbehaftete Tiere. Sie treiben sich im Müll herum, finden sich auf Ruinen, folgen dem Blut der Kriegsknechte und gesellen sich zu den Hingerichteten auf den Galgen. Folglich gelten sie als unrein. Aber da und dort werden sie auch zu Gottesboten. Elia wird von Raben mit Essen versorgt. Noah sendet den Raben als Boten aus, um zu sehen, ob sich nach der Sintflut Land zeige. Seeleute orientierten sich am Erscheinen dieser Landvögel. All das zeigt: Der Satz "Irgendwo ist immer eine Krähe" stimmte auch schon zu biblischen Zeiten.

Ich kann diesen Film sehr empfehlen. Wer in schauen möchte, vielleicht mit jemandem zusammen, für den oder die hätte ich da noch ein Ticket zu vergeben, bei dem eine von zwei Personen gratis ins Kino kommt. Der ersten Person, die sich bei mir meldet, werde ich diesen Eintrittsschein zustellen. Also bitte melden!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Montag, 13. Februar 2023

Möwe fotografiert, Bildband erhalten

Ein Zitat

"AVES VÖGEL Charakterköpfe" ist ein aussergewöhnliches Buch mit Fotos von Tom Krausz und Texten von Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni.
Foto © Jörg Niederer
"Unsere Tierliebe gilt heute den Individuen; aber darauf können wir uns nichts einbilden, das geschieht aus der Not." Professor Dietmar Schmidt in: Tom Krausz, Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni, "AVES VÖGEL Charakterköpfe", München und Hamburg 2020, S. 15

Ein Bibelvers - 1. Mose 2,19+20a

"Gott der Herr formte aus dem Erdboden alle Tiere auf dem Feld und alle Vögel am Himmel. Dann brachte er sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde. Jedes Lebewesen sollte so heißen, wie der Mensch es nannte. Also gab der Mensch ihnen Namen..."

Eine Anregung

Weil ich unter den vielen tausend Lachmöwen die eine entscheidende fotografierte, wurde mir als Preis ein besonders schönes Buch überreicht. Ich hatte also Glück, dass ich genau den richtigen Vogel ablichtete. Einmalig war dieser Moment auch weil ich dort in Zürich an der Sihl wohl kaum wieder sagen könnte, welche Lachmöwe es gewesen war, die mir nun Lese- und Sehvergnügen bereitet mit einem Buch, in dem zwar viele Vögel vorkommen, aber keine Lachmöwen. 

Gut, auch mit dieser Möwe hätte es nicht eine solche Wendung genommen, wäre sie nicht just im rechten Moment auf dem Kopf eines Mannes gestanden. Es wäre wohl auch anders herausgekommen, hätte dieser Kopf nicht einem bekannten Journalisten und Buchautor gehört, einem überaus kreativen Vogelliebhaber. Nichts wäre aus dem Buch geworden, wäre das Foto von Urs Heinz Aerni – so heisst dieser Journalist – mit der Möwe auf dem Kopf nicht in einer grossen Zürcher Zeitung erschienen, was wiederum eine kleine Kettenreaktion an Verdankungen auslöste, beim Journalisten mit Wein und bei mir mit dem Bildband von Portraits gefiederter Charakterköpfen. 

Ich bin fasziniert von Tom Krausz' Fotografien. Geniale Tiere, genial festgehalten. Physiognomien, Gesichtszüge von grosser Eindringlichkeit, nicht farbig schrill wie ein Teil der Vogelwelt, sondern in klassischem Schwarzweiss, so dass die Formen, der Blick, die Strukturen offensichtlich Verborgenes erkennbar hervortreten lassen. Zu jedem abgebildete Vogel gibt es Texte von Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni. Diese haben es in sich, es geht augenzwinkernd und philosophisch zu, Schwarzweiss gedruckt und doch weit mehr als Licht und Schatten. 

Dann wäre da noch auf einer der ersten Seiten diese Buches ein biblischer Bezug in den Gedanken von Professor Dietmar Schmidt zu entdecken. Er schreibt vom "adamitischem Reflex". Gemeint ist die "...Szene, in der Adam, der erste Mensch, die Tiere um sich versammelt, um ihnen Namen zu geben - und um im Akt der Benennung seine Herrschaft über das Tierreich zu proklamieren".

Wir Menschen haben einen Drang, alles zu ordnen und zu benennen. Auch einige Vögel, die Raben etwa, können in ihrer Sprache uns Menschen als Gattung von andern Tieren unterscheiden. Selbst zwischen Mensch und Mensch differenzieren sie, erkennen Gesichter, ordnen den Individuen Eigenschaften zu. "Sie sehen uns an..." schreibt Elke Heidenreich als Allererstes im Buch.

Individualisierung: In einer Mail habe ich Urs Heinz Aerni gefragt, ob die Möwe ihn schon vor dem Foto gekannt habe. Er antwortete (augenzwinkernd?): "...ja, der Vogel heißt Eduard".

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 12. Oktober 2022

Der grosse schwarze Vogel

Ein Zitat

Ein Kolkrabe kreist vor den Sandsteinwänden über der Grand Cariçaie am Südufer des Neuenburgersees.
Foto © Jörg Niederer
"Es soll vorkommen, dass der Unglücksrabe seine Notdurft über einem Glückspilz verrichtet." Daniel Mühlemann, Naturfotograf, Aphoristiker und Übersetzer

Ein Bibelvers - Lukas 12,24

Jesus: "Seht euch die Raben an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie haben keine Vorratskammer oder Scheune. Trotzdem ernährt Gott sie. Wie viel mehr seid ihr wert als die Vögel!"

Ein Anregung

Ich habe ihn gesehen, den Kolkraben. Gross wie ein Bussard und rabenschwarz ist er über uns gekreist, in den Sandsteinklippen bei La Magnena, über den Sümpfen der Grand Cariçaie.

Während ich noch die Felswände mit dem Feldstecher absuchte, flog dieses prächtige Tier plötzlich vorbei, liess sich vom Wind tragen und sein tiefes Kroa, Kroa hören. Kolkraben leben in Dauerehe, sind sehr intelligent und wie wir Menschen "Allesfresser". Vielleicht gerade weil sie so intelligent sind, sind sie auch äusserst scheu und wachsam. Mich haben sie bestimmt entdeckt. Ihre Warnrufe waren nicht zu überhören.

Dass ich bewusst nach diesem Vogel gesucht habe liegt an einem ausserordentlich schönen Buch über sie. Es stammt vom renommierten Naturforscher Heinrich Haller, dem im Schweizerischen Nationalpark unglaublich eindrückliche Fotos von einem relativ zutraulichen Kolkrabenpaar gelungen sind. Und nun hat sich also dieser Göttervogel, dieser Begleiter des nordischen Gotts Odin mir gezeigt.

Das Buch von Heinrich Haller heisst: "Der Kolkrabe – Totenvogel, Götterbote, tierisches Genie" ISBN 978-3-258-08257-8. Hier kann man einen Blick auf die ersten Seiten des Bildbands werfen.

Wer lieber mehr erfahren möchte über Raben in der Bibel, dem sei ein SWR2-Beitrag empfohlen von Maria Meesters, gehalten am 9. September 2013.

Übrigens: Kolkraben gehört zu den Singvögeln.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 4. Februar 2022

Warten auf den Tod

Ein Zitat

"Kein Problem wird gelöst, wenn wir träge darauf warten, dass Gott sich darum kümmert." Martin Luther King

Ein Bibelvers - 1. Könige 17,6+7

Ausschnitt des Erkers am Haus zum Greif in St. Gallen
Foto © Jörg Niederer
"Morgens und abends brachten Raben ihm Brot und Fleisch. Trinken konnte er aus dem Bach. Aber nach einiger Zeit trocknete der Bach aus, denn es gab keinen Regen im Land."

Ein Anregung

Ich weiss ja nicht, wer in der heutigen Zeit in der Schweiz sein Haus mit biblischen Motiven schmücken würde. So in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts hat es der wohl äusserst wohlhabende Caspar Mennhard mit einem geschnitzten einstöckigen Erker am Haus zum Greif in St. Gallen getan. 

Ich weiss ja nicht, welche Motive aus der Bibel man heute wählen würde. Ich weiss aber, welche Motive besagter Mennhard gewählt hat.

Auf der Vorderseite sind zwei Geschichten dargestellt, in denen Menschen warten. Der eine wartet, bis er nicht mehr verfolgt wird; der andere wartet auf den Tod der Andern. Der eine wird bald eine grosse Zahl Menschen hinmetzeln. Der andere ist desertiert, weil er nichts mit Gericht und Tod zu tun haben wollte. Der eine kommt in der Bibel überraschend gut weg. Über den andern ist man mehrfach peinlich berührt. Der eine wird nie sterben, der andere dagegen zweimal.

Auf dem Bild warten also beide. Der eine: das ist Elia in der Wüste (1 Kön 17,1–6) vor seiner Blutorgie an den Baalspriester. Tagelang bringen Raben ihm das Essen. 

Der andere: das ist Jona, ein Untergangsprophet wieder Willen, von einem Fisch verschluckt, für Gott gefügig gemacht, ausgespuckt, in die grosse, heidnische Stadt Ninive gesandt, um deren Untergang anzusagen. Doch die Stadt zeigt Reue, Gott lässt Gnade vor Recht ergehen, und Jona ärgert sich zu Tode, dass Ninives Menschen mehr von Umkehr verstehen als er selbst (Jona 4).

Worauf wartest du? Welchen sich erfüllenden oder auch nicht erfüllenden Erwartungen fieberst du entgegen? Und welche Rolle spielt dein Umfeld?

Was ich auch gerne wissen würde: Welche Geschichten lassen dich nicht mehr los, so dass du damit dein Haus schmücken würdest?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde