Montag, 31. Oktober 2022

Hundschilen - Was ist das?

Ein Zitat

Künstlich geschaffener, der Natur nachempfundener Wald-Wiesen-Übergang bei Bauma in Tösstal.
Foto © Jörg Niederer
"Vielfalt ist schön: Den meisten Menschen gefällt eine rot, blau, gelb und weiss getupfte Blumenwiese besser als ein endloser Acker, ein artenreicher, gut strukturierter Wald besser als einheitliche Fichtenpflanzungen, und viele freuen sich, wenn sie einen seltenen Vogel beobachten können." Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Ein Bibelvers - Psalm 104,10-12

"Quellwasser schickst du [Gott] die Täler hinab. In Bächen fließt es zwischen den Bergen dahin. Alle Tiere auf dem freien Feld trinken daraus, auch die Wildesel löschen dort ihren Durst. Die Vögel des Himmels bauen Nester an ihren Ufern, in den Zweigen trällern sie ihr Lied."

Ein Anregung

Ich habe nicht herausgefunden, woher der Flurname "Hundschilen" kommt. Dabei handelt es sich um Tobel, Wiese und Wald nordwestlich von Bauma im Tösstal. Gab es da einst eine Kirche für Hunde? Oder chillten dort die Hunde von Bauma? Oder lebte da jemand, der wie ein Hund schielen konnte?

Wie auch immer. Aktuell gibt es in der Hunds-Chilen ein BirdLife-Projekt. Ziel ist ein vielfältiger Übergang vom Wald zur Wiese. Dabei wurde der Wald entlang von Seilschneisen abgeholzt. Nun kommt dort wieder Licht auf den Waldboden, es entstehen abwechslungsreicher Übergänge, die ideal sind für selten Vögel, Fledermäuse und für das Wiesel. Als ich am vergangene Samstag durch das Tobel hinunterwanderte und kurz vor Bauma der Wald endete und von einer Wiese abgelöst wurde, fiel mir auf, dass deutlich mehr Vögel zu hören waren als zuvor im Wald. Abe auch Pflanzen profitieren: In den kleinräumigen Rodungen wachsen wieder Eichen, die zuvor von Buchen und Eschen verdrängt worden waren.

Begradigung von Bächen und Feldern war lange Jahre ein unhinterfragtes landschaftsgestalterisches Ziel. Nun wird da und dort versucht, wieder mäanderartige Strukturen in die Landschaft zurückzubringen. Vielleicht hat dies mehr mit "Chilen" bzw. Kirchen zu tun, als es auf den ersten Blick scheint: Eine Kirche für die Biodiversität, für die Vielfalt von Gottes Schöpfung.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 30. Oktober 2022

Neue Zuversicht

Ein Zitat

Frisches, gluschtiges Gemüse
Foto © Jörg Niederer
"Möge in deinem Herzen das Licht der Zuversicht und der Liebe leuchten, möge dein Gesicht vor Freude strahlen." Jochen Mariss (*1955), Autor und Fotograf

Ein Bibelvers - 1. Mose 8,22

"Solange die Erde besteht, werden nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht."

Ein Anregung

Heute ab 10.15 Uhr feiern wir in der Methodistenkirche St. Gallen an der Kapellenstrasse 6 das Erntedankfest. Nach dem Gottesdienst wird eine feiner Suppe aufgetischt. Wie bei jedem Erntedankfest wird die Kirche mit allerlei Früchten, Gemüsen und Blumen geschmückt. Auch in diesem Jahr ist trotz schlechter Weltwirtschaftslage, trotz heissem, trockenem Sommer erstaunlich viel herangereift auf Feldern und in den Baumgärten.

Wie kann uns diese Fülle an Gütern neue Zuversicht geben für ein Leben voller Herausforderungen? Darüber wird die Predigt handeln. Sie kann auf Youtube ab 10.30 Uhr mitangehört werden. Die Geschmacksexplosionen des sich anschliessenden Suppenessens sind leider nicht per Youtube übertragbar. Dafür braucht es deine Präsenz vor Ort. Das gilt auch, um in die Lobpreismusik von Angie und Attila Szilagyi-Cater mit einzustimmen.

Also an alle: Herzlich willkommen! 

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 29. Oktober 2022

Ich schaffe es nicht!

Ein Zitat

Milch in einem Tetra Pak mit Drehverschluss.
Foto © Jörg Niederer
"Humor ist der Milchbruder des Glaubens." Martin Buber (1878-1965)

Ein Bibelvers - 3. Mose 20,24

"Das Land soll euch gehören. Ich werde es euch geben, und ihr sollt es in Besitz nehmen. Es ist ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Ich bin der Herr, euer Gott."

Ein Anregung

Diese Karton-Milchverpackungen gibt es schon lange. Seit einiger Zeit sind sie mit praktischen Kunststoff-Drehverschlüssen versehen. Wenn die Packung nur noch mit 2/3 Milch gefüllt ist, ist das eine äusserst sinnvolles Ding. Einmal abgesehen, dass es halt wieder - nicht sehr umweltfreundlich - aus Kunststoff besteht.

Aber aus einer neuen vollen Verpackung Milch durch diesen Verschluss in eine Glas oder eine Tasse zu giessen, das schaffe ich einfach nicht, ohne dass es spritzt. In dem Moment, in dem beim Ausgiessen Luft angesaugt wird, flutscht die Milch in alle Richtungen. Auch wenn ich versuche, ganz langsam die Milch aus dem Tetra Pak laufen zu lassen, kommt der Moment, bei dem unvermeidlich ein Sprutz daneben geht. Und wenn ich beim Ausgiessen durch Kompression der Packung probiere, gar nicht erst ein Vakuum zu erzeugen, hilft das auch nichts. Bei Absetzen geht garantiert wieder Milch daneben.

Es gibt, so weiss ich, Leute die öffnen die Verpackung so wie früher, als man noch mit der Schere einen sauberen Auslauf in den Karton schneiden konnten. Dann ist die Milchpackung halt nicht mehr verschliessbar, dafür geht jeder kleinste Tropfen dahin, wo er auch soll.

Also, wenn jemand weiss, wie man die Milch durch den Plastikverschluss umfüllt, ohne sie in der ganzen Küche zu verteilen, bitte ich darum, mir diesen Trick zu verraten. Denn bisher schaffe ich es einfach nicht, ohne dabei zu "säuele".

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 28. Oktober 2022

Happy Diwali

Ein Zitat

Teil eines Hinduheiligtum auf der indonesischen Insel Lombok.
Foto © Jörg Niederer
"Bäume verweigern niemandem ihren Schatten, nicht einmal dem Holzfäller." Hinduistisches Sprichwort

Ein Bibelvers - Apostelgeschichte 17,23

Paulus in Athen: "Ich bin durch die Stadt gegangen und habe mir eure heiligen Stätten angeschaut. Dabei habe ich auch einen Altar gefunden, auf dem stand: 'Für einen unbekannten Gott'. Das, was ihr da verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch."

Eine Anregung

Den Amtseid als Abgeordneter legte er vor fünf Jahren mit der Hand auf der Bhagavad Gita ab – eine der zentralen Schriften des Hinduismus. Mit Rishi Sunak ist erstmals ein praktizierender Hindu Prime Minister von Grossbritannien.

Hindus feiern heute den letzten Tag des sich über fünf Tage erstreckenden Fests Diwali. Das ist so etwas wie Weihnachten und Silvester zusammen, wobei es je nach Region unterschiedliche Ausprägungen gibt. Es ist ein fröhliches Fest mit vielen Lichtern. Im Verlauf der Festtage werden Feuerwerke und Knallköper gezündet, wie bei uns an Silvester.

Am 24. Oktober begannen in diesem Jahres die Festivitäten mit dem Tag, an dem das Haus gereinigt und geschmückt wird. Auch neue Gegenstände und Schmuck werden gekauft. Am folgenden Tag, dem Jahrestag, an dem Krishna den Dämon Narakasur besiegte und dabei 10'000 Frauen befreite, wird noch vor Sonnenaufgang ein Bad genommen. Gegenseitige Besuche in neuen Kleidern folgen, es gibt Süssigkeiten und mehr. Der dritte Tag ist der Göttin Lakshmi geweiht. Lichter werden aufgestellt um sie zu begrüssen und zu empfangen. Es ist ein Tag auch der Glückserwartung und der Glücksspiele. Am vierten Tag segnen Frauen ihre Ehemänner mit Lichtern und tupfen ihnen einen Segenspunkt auf die Stirn. Am fünfte Tag segnen dann Schwestern ihre Brüder mit Lichter. Die Geschwister versprechen einander, sich gegenseitig zu beschützen.

Heute ist Diwali wie Advent und Weihnachten ein stark kommerzialisiertes Fest geworden, bei dem die Wohnhäuser, Geschäfte und Strassen durch viele Lichter erleuchtet sind.

Für Christinnen und Christen ist der Hinduismus eine unbekanntere Weltreligion als etwa der Islam oder das Judentum. Die vielen Gottheiten verwirren. Es gibt Vorurteile, stereotype Vorstellungen über heilige Kühe und Reinkarnation.

Einen anderen Zugang suchte einst der US-amerikanische evangelisch-methodistische Theologe Eli Stanley Jones (1884-1973). Er war Missionar in Indien. Er studierte den Hinduismus und versuchte, das Evangelium von Jesus Christus ohne westliche Kultur darzustellen und zu verkünden. Dazu gründete er christliche Ashrams, in denen Menschen gemeinsam eine Auszeit mit Gott erleben konnten. Diese Idee brachte er während des Zweiten Weltkriegs auch in die USA und in andere westliche Länder.

Warum also nicht einmal eine authentische Begegnung mit hinduistischen Gläubigen bei uns erleben? Morgen Samstag, den 29. Oktober 2022 sind alle anlässlich des grössten Lichterfests der Hindus um 18.30 Uhr zu einem "Happy Diwali" in die Kirche Halden an der Oberhaldenstrasse 25 in St. Gallen eingeladen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Donnerstag, 27. Oktober 2022

Reisefüdli oder Stubenhocker?

Ein Zitat

Ein Rotmilan stillt den Durst im Restwasser eines ausgelassenen Beckens des Neeracher Rieds.
Foto © Jörg Niederer
"Gott gibt jedem Vogel Nahrung, aber er wirft es ihm nicht ins Nest." Josiah Gilbert Holland (1819-1881)

Ein Bibelvers - Psalm 50,1.10+11

"Gott, Gott, der Herr, begann zu reden und rief die Welt – vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang... Denn mir gehören alle Tiere des Waldes, das Wild auf den Bergen zu Tausenden. Ich kenne alle Vögel in der Höhe. Ebenso ist mir die Grille auf dem Feld vertraut."

Ein Anregung

Der Zaunkönig ist in der Schweiz der drittkleinste einheimische Vogel (Siehe meinen früheren Beitrag dazu!). Der Rotmilan dagegen ist nach Bartgeier und Steinadler der drittgrösste hier lebende Vogel. In der Schweiz hat die Zahl dieser faszinierenden Vögel stark zugenommen. Nur in den Kantonen Genf und Tessin brüten diese Greifvögel noch nicht. In vielen anderen Ländern ist der Trend aber gegenläufig; es werden immer weniger Tiere.

Wenn ich im Büro aus dem Fenster schaue, kann ich von diesem hervorragenden Gleitfliegern manchmal zehn und mehr Tiere über dem Kulturland an der Thur kreisen sehen. Gelegentlich segeln auch einzelne Rotmilan mitten in die Wohnsiedlung hinein.

Nun ist es deutlich ruhiger geworden um die majestätischen Vögel mit ihrer schönen Federzeichnung. Viele sind in den Süden gezogen oder werden es bis Ende November noch tun. Etwa dreitausend der Rotmilane bleiben in der Schweiz. Es sind vor allem die älteren Tiere, welche die beschwerliche und nicht ungefährliche Reise ans Mittelmeer und ins tropische Afrika meiden. Sie haben gelernt, dass ihre Überlebenschancen hier besser sind. Die Jungtiere aber wollen die Welt sehen. Es ist beinahe so, wie bei uns Menschen. "Reisefüdli" oder "Stubenhocker", das ist auch bei vielen Vogelarten die Frage. 

Beim Rotmilan gibt es von beiden Sorten. Ich würde mich wohl als Kurzstreckenzieher bezeichnen. Mein Reiseradius ist eher klein, dafür nehme ich mir viel Zeit, um jeden Winkel von Gottes schöner, naher Welt kennen zu lernen. Da ich nicht so energiesparend fliegen kann wie ein Rotmilan, bleibe ich dafür auf dem sicheren Boden und bewundere die Tieren, die in der Luft zu Hause sind.

Doch selbst dies ist manchmal nicht ungefährlich. So war ich dabei, als ein Mann sosehr nach einem Rotkelchen auf dem Baum schaute, dass er vom Steg fiel und unsanft im Schilf landete.

Darum: Wenn du den Vögeln nachschaust, bleibe stehen! Wenn du vorankommen willst, schaue auf deinen Weg! Beides kann sinnvoll sein, aber besser nicht zur selben Zeit.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 26. Oktober 2022

Von Kirchenspaltung und der Wahl einer Bischöfin oder eines Bischofs

Ein Zitat

Delegierte an die Zentralkonferenz aus der Schweiz und Frankreich trafen sich am 22. Oktober in Aarau zu einem Informations- und Gedankenaustausch.
Foto © Jörg Niederer
"Die Bischöfe speziell müssen Menschen sein, die geduldig die Schritte Gottes mit seinem Volk unterstützen können, so dass niemand zurückbleibt. Sie müssen die Herde auch begleiten können, die weiß, wie man neue Wege geht." Franziskus

Ein Bibelvers - 1. Timotheus 3,7

"Auch außerhalb der Gemeinde muss er [der Bischof] einen guten Ruf haben. Sonst besteht die Gefahr, dass er ins Gerede kommt und schließlich dem Teufel in die Falle geht."

Ein Anregung

Vom 15.-20. November 2022 findet in Basel eine ausserordentliche Zentralkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) in Mittel- und Südeuropa statt. Dazu trafen sich am vergangenen Samstag rund 35 Delegierte und Ersatzdelegierte aus der Schweiz und Frankreich zu einem Informations- und Austauschtag in der EMK Aarau. Mit dabei war auch Bischof Patrick Streiff. 

Die Zentralkonferenz von Mittel und Südeuropa (ZKMSE) wird an der Tagung zwei grosse Themen behandeln. Zum einen wird sie die Grundlagen legen, dass es für die meisten EMK-Gemeinden in den Ländern, die zur ZKMSE gehören, möglich sein sollte, trotz unterschiedlicher Überzeugungen bei der menschliche Sexualität und dem Eheverständnis gemeinsam in der EMK zu bleiben. Dazu werden die 96 stimmberechtigten Delegierten aus dreizehn Ländern über ein gemeinsames Dokument beschliessen. Das allein schon ist aussergewöhnlich, sah es doch vor 3 Jahren noch so aus, als würde es zu einer Spaltung der ZKMSE kommen. Nun wird wohl nur ein relativ kleiner Teil der ZKMSE die Kirche verlassen. Schon jetzt haben dies die Methodistinnen und Methodisten in Bulgarien und der Slowakischen Republik getan, und sich einer neuen, diesen Mai gegründeten und traditioneller denkenden Methodistenkirche angeschlossen.

Das zweite "historische" Ereignis wird die Wahl einer neuen Bischöfin oder eines neuen Bischofs sein. Grundsätzlich kann jede ordinierte Pfarrperson im aktiven Dienst der EMK in diese Aufgabe gewählt werden. Die Wahl des Bischof oder der Bischöfin erfolgt mit einer 3/5-Mehrheit durch die paritätisch aus Laienpersonen und Pfarrpersonen zusammengesetzte Zentralkonferenz. Die Amtsdauer wird vorerst wohl 6 Jahre betragen, mit der Möglichkeit, nach dieser Zeit auf Lebenszeiten gewählt zu werden.

Die Wahl erfolgt am 17. und 18. November. Die Ergebnisse der Wahlgänge werden per Ticker publik gemacht. Am Sonntag um 14.00 Uhr findet dann im Basler Münster die Weihe und Einsetzung der neuen Bischöfin oder des neuen Bischofs statt. Dieser Gottesdienst wird per Livestream übertragen.

Bischof Patrick Streiff leitet seit dem 1. Mai 2006 die ZKMSE und wird mit 2 Jahren Corona-Verspätung im Sommer 2023 den wohlverdienten Ruhestand antreten.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde


Dienstag, 25. Oktober 2022

Beobachtungen über das Beobachten

Ein Zitat

"Die besten Beobachter sind jene, die während des Vorgangs der Beobachtung von niemandem dabei beobachtet werden, deren Beobachtung sie nur ablenken würde." Christa Schyboll (*1952), Autorin

Ein Bibelvers - Jeremia 18,3-4

Auf dem Bauernmarkt in Yverdon-les-Bains.
Foto © Jörg Niederer
"Ich ging also hinab zum Haus des Töpfers. Der arbeitete gerade an der Töpferscheibe. Wenn das Gefäß unter seinen Händen misslang, formte er aus dem Ton einfach ein anderes Gefäss. Der Töpfer machte es so, wie er wollte."

Ein Anregung

Der Markt war immer schon der Ort, an dem sich Menschen austauschten. Dafür ist der Markt ja auch da. Da werden Güter gegen Bares ausgetauscht, aber auch Informationen.

Informationen kommen zustanden, indem jemand etwas beobachtet oder erfährt. Unlängst hörte ich einem Gespräch zwischen Busfahrerin und Fahrgast zu. Der ältere Herr wurde von der Frau am Steuer gefragt, was er denn schon so früh im Städtchen getan habe. "Nichts Besonderes" meinte dieser: "Ich bin einfach da gesessen und habe den Leuten zugeschaut. Ich beobachte nämlich gerne die Leute." Die Busfahrerin meinte daraufhin: "Ja, die Leute beobachte ich auch gerne. Aber noch lieber beobachte ich Leute, die andere Leute beobachten."

Zuschauen und Zuhören kann immer wieder recht amüsant und aufschlussreich sein. Solange man beim Weitererzählen auf dem Marktplatz oder in den Onlineforen bei der Wahrheit bleibt und die Persönlichkeitsrechte schützt, ist daran meist auch nichts auszusetzen. Jesus zum Beispiel beobachtete einst sogar, wie die Menschen im Tempel spendeten (Lukas 21,1-4). Und Jeremia gewann beim Beobachten des Töpfers die Erkenntnis darüber, wie Gott am Volk Israel handeln wird.

Was werde ich wohl an diesem heutigen Tag beobachten dürfen?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 24. Oktober 2022

Ewige Verantwortung

Ein Zitat

Das Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen.
Foto © Jörg Niederer
"Radio Aktivität / Wenn's um unsere Zukunft geht / Radio Aktivität / Für dich und mich im All entsteht..." aus dem Lied "Radioactivity" von der Gruppe Kraftwerk

Ein Bibelvers - 1. Johannes 2,17

"Diese Welt und ihre Gier vergehen. Aber wer tut, was Gott will, bleibt in Ewigkeit mit ihm verbunden."

Ein Anregung

Ein UFO ist gelandet, am Rand des Aargauer Juras. Bei dem diskusartigen Gebäude handelt es sich um den Synchrotron des Paul Scherrer Instituts (PSI). Darin werden Ionen extrem stark beschleunigt, um sie dann in ein Ziel zu lenken oder mit anderen Elementarteilchen kollidieren zu lassen. Es geht um Grundlagenforschung.

Am PSI gibt es aber auch noch einen Zyklotron. Das ist eine bedeutend kleinere Maschine als der Synchrotron. Er beschleunigt die Ionen auch deutlich weniger schnell, aber dafür kann er in der Medizin eingesetzt werden. Bei bestimmten Krebserkrankungen kann auf diese Weise eine Strahlentherapie vor Ort durchgeführt werden.

Sonst gibt es auf dem Gelände noch Versuchs-Kernreaktoren und das Zwischenlager für radioaktive Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung. Auch noch viele andere Technologie, über die ich nur eine rudimentäre Ahnung habe, wird dort entwickelt.

Noch einmal zu den radioaktiven Abfällen. Ich habe gelesen, dass je nach Abfallkategorie diese Abfälle mehrere zehntausend bis zu einer Million Jahre sicher gelagert werden müssen, bis sie keine Gefahr mehr für Mensch und Umwelt sind. Gerade noch stand ich vor 6000 Jahre alten Steinreihen. Sehr viel wissen wir nicht über die Menschen, die sie aufgerichtet haben und warum sie das getan haben. Und nun sollten wir Abfälle sicher über einige zehntausend Jahre hinweg aufbewahren. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass uns Menschen das gelingt. Es gibt keine Kultur oder Gesellschaft, die bisher auch nur 10'000 Jahre existierte, ohne dass es mindestens einmal zu katastrophalen Umbrüchen kam. Und doch schaffen wir die Fakten, die uns dazu zwingen werden, das Unmögliche zu versuchen und etwas sicher zu verwahren für eine menschliche Ewigkeit.

Da kann ich nur bitten: Gott sei uns gnädig!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 23. Oktober 2022

Brutal ehrlich

Ein Zitat

Die Kantonsschule Olten erhebt sich über dem Hardwald.
Foto © Jörg Niederer
"Es gibt nichts, was diesen Baustil höflich oder niedlich macht. Er ist, was er ist." Architektin Zaha Hadid (1950-2016) über den Brutalismus

Ein Bibelvers - 1. Mose 29,17

"Die Augen Leas waren matt, Rahel aber war von schöner Gestalt und von schönem Aussehen."

Ein Anregung

Meiner Frau gefällt die Kantonsschule in Olten überhaupt nicht. Sie wurde im Stil des Brutalismus in der Zeit von 1969-1973 mitten im Hardwald erbaut. Von 2016-2022 wurde das Gebäude - wie man so sagt - sanft renoviert entgegen dem Wunsch vieler, es abzureissen und einen gefälligeren Bau hinzustellen.

Ich kann mich erinnern, wie ich als Jugendlicher meinen Vater begleitet habe zur Baustelle, an der er als Sanitär- und Spenglermeister engagiert war. Schon damals war man geteilter Meinung über die Weise, wie die Wasser- und Lüftungsrohre sichtbar über dem Beton angebracht wurden.

Mir gefällt dieses Bauwerk. Es wirkt wie eine künstliche Felsenburg, ist aber deutlich erkennbar als Kunstbau aus Beton. Ich finde meinerseits Bauwerke hässlich, die vorgeben, etwa anderes zu sein, als das, was sie sind. Zum Beispiel gefallen mir die Kunstfelsen in den Zoos nicht, die wie Alpengipfel aussehen, und doch nicht ans Original herankommen.

Im Stil des Brutalismus erbaute Gebäude sind brutal ehrlich. In der Stadt
St. Gallen gehört etwas das Theater und die Universität zu dieser Stielrichtung.

Nun, ob etwas als schön empfunden wird, liegt bekanntlich im Auge des/der Betrachtenden. Ob bei den Bauwerken "ehrlich am längsten währt", werden spätere Generation erfahren.

Ich aber finde Brutalismus in der Architektur ehrlich schön.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 22. Oktober 2022

Prinzessin gesucht für Aargauer Dorf

Ein Zitat

Ungewollter Humor im Dorfkern von Villigen.
Foto © Jörg Niederer
"Keiner glaubt von mir, dass ich auch Dinge zu schätzen weiß, die weder vier Beine haben noch bellen oder wiehern." Prinzessin Anne

Ein Bibelvers - Psalm 119,100

"Nur Prinz Joasch, der Sohn des Ahasja, überlebte. Denn seine Tante Joscheba rettete ihn, die Tochter des Königs Joram [also eine Prinzessin] und Schwester Ahasjas. Sie holte ihn aus der Gruppe der Prinzen heraus, die getötet werden sollten. Dann brachte sie ihn in ein Schlafzimmer, wo sie den Säugling vor Atalja versteckte. Seine Amme war bei ihm."

Ein Anregung

Es ist nicht das erste Mal, dass ich diesem "lustigen" Autoparkschild begegnet bin. "Princess Parking only"; auf Deutsch: "Parkplatz nur für Prinzessinnen". Davor steht diese alte, aus der Mode gekommene Badewanne. Wie das wohl zusammen passt?

Ob das Ambiente dieses Parkfelds wirklich positiv auf Prinzessinnen wirkt? Ich habe den Eindruck, dass nicht nur Prinzessinnen andere, höhere Ansprüche an ihren Parkplatz haben. Hinzu kommt, dass die Dichte an Prinzessinnen in der Schweiz ausserhalb der Spielwarenabteilungen nicht sonderlich hoch ist.

Oder ist gar die Badewanne als Prinzessin zu verstehen? Wenn nicht, dann wäre die Wanne auf diesem Parkplatz illegal abgestellt. Danach sieht es aber auch wieder nicht aus.

Es bleibt geheimnisvoll um die Prinzessin von Villigen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 21. Oktober 2022

Mönthal und die Schokolade

Ein Zitat

Mönthal mit den herbstlich gefärbten Weinbergen an den Juraflanken.
Foto © Jörg Niederer
"Geld spricht. Schokolade singt." Quelle unbekannt

Ein Bibelvers - Johannes 5,2

"Beim Schaftor in Jerusalem gibt es einen Teich mit fünf Säulenhallen. Auf Hebräisch wird dieser Ort Betesda genannt. In den Hallen lagen viele Kranke, Blinde, Gelähmte und Menschen mit verkrüppelten Gliedern."

Ein Anregung

Mönthal, das ist ein Juradorf unweit von Brugg im Aargau gelegen. Mit 180 Haushalte, 392 Einwohnerinnen und Einwohnern und einem hohen Steuerfuss von 115% liegt es auf 479 m.ü.M., eingebettet zwischen den Hügeln des Tafeljuras. Viel mehr gibt es zu diesem Dorf nicht zu sagen. So betont die Webseite der Gemeinde in einem sehenswerten Video denn auch vor allem die intakte Natur und den familiären Zusammenhalt des Orts. 

Besiedelt ist dieses Gebirgstal am wenig bekannten Jurapass über die Ampferhöhe seit 2500 Jahren. Deutlich kürzer, seit 1994 gibt es in diesem Dorf aber ein Cateringunternehmen, das sich in der Coronapandemie ganz der Schokolade verschrieben hat. Jürg Binder öffnete gestern extra für uns ausserhalb der Ladenöffnungszeiten sein Verkaufs- und Produktionslokal "SchoggiEgge", in dem wir aus dem Staunen nicht mehr herauskamen. Das Angebot ist wunderschön präsentiert und kann mit den Grossen der Branche geschmacklich problemlos mithalten. Besonderheiten sind zu finden, die es wohl nur in diesem kleinen Laden fast am Ende der Welt gibt. So erstanden wir etwa Glarner Zigerklee Truffes, bestehend aus einer dunklen Truffemasse, umhüllt mit Schabzigerklee. Verkauft wird auch alkoholfreier Schaumwein unter der Marke "Tröpfel".

Auf die Frage, wie er denn so abseits von den Zentren mit einem solch speziellen Sortiment leben könne, verweist Jürg Binder auf die wenigen Mitarbeitenden, auf die Belieferung von Verkaufsläden in der Region und auf die besonderen Schokoladenzeiten wie etwa an Ostern.

Zuhause schaue ich die Liste der Verkaufslokale durch, die Schokolade vom SchoggiEgge anbieten. Und dort entdecke ich ein in methodistischen Kreisen gut bekanntes Unternehmen. Ab November 2022 wird das Bethesda Spital Basel die feinen Süssigkeiten von Jürg Binders SchoggiEgge anbieten.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Donnerstag, 20. Oktober 2022

Sinnlose schön

Ein Zitat

Herbstmischwald am Säli zwischen Olten und Aarburg.
Foto © Jörg Niederer
"Die ganze Vielfalt, der ganze Reiz, die ganze Schönheit des Lebens besteht aus Schatten und Licht." Leo N. Tolstoi (1828-1910)

Ein Bibelvers - 2. Mose 2,2

"Die Frau wurde schwanger und brachte einen Sohn zur Welt. Als sie sah, wie schön er war, versteckte sie ihn drei Monate lang."

Ein Anregung

Was ist der tiefere Sinn der herbstlichen Farbenpracht? Warum sind Tiere, Pflanzen und Gesteine schön. Warum keimen die Blätter der Bäume im Frühling in diesem bezaubernden hellen Grün? Warum leuchten die Früchte in knalligen Farben? Könnten die Blätter nach getaner Arbeit nicht einfach so abfallen, wie sie geworden sind? 

Dass die Welt nebst ihrer Nützlichkeit von uns Menschen auch noch als schön wahrgenommen wird, ist das nicht Verschwendung? Und können Tiere diese Schönheit erkennen? Da gibt es diesen Vogel, der ein Platz mit allerlei blauem Zierrat schmückt. Da ist ein Kugelfisch, der für das Gelege der Eier ein kunstvolles Mandala in den Sand am Meeresgrund zeichnet. Dieses Mandala kanalisiert das Wasser, so dass der Laich ideal mit Sauerstoff versorgt wird. Doch zu allem Überfluss ist dieses kreisrunde Werk auch noch schön und wird von uns Menschen in seiner funktionalen Ästhetik bestaunt. Als würde unsere Bewunderung dem Tierchen in irgendeiner Weise helfen.

Auch die Hässlichkeit wäre nicht nötig in dieser Welt. Und doch gibt es sie. Empfinden Spinnen Ihresgleichen als schön?

Oder ist es anders herum? Empfinden wir Dinge als schön, weil sie für uns Sinn ergeben?

Ganz schön viele Fragen zu einer Sache, die unser Leben überraschend erhellt und zum Glänzen bringt. Mich verweist die Ästhetik der Welt über das Funktionale und Nützliche hinaus auf die Erkenntnis, dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde, und ich ohne diesen Anteil an Unerklärlichem in dieser Welt ein armseliges Leben führen müsste.

Zuletzt eine "letzte" Frage: Ist Gott schön?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 19. Oktober 2022

Stimmungs- und Klimawandel

Ein Zitat

Das Tanklager der Erdölraffinerie von Cressier stört die idyllische Sicht aus dem Wald der Grande Côte zu den Alpen.
Foto © Jörg Niederer
"Das Zeitalter der Steinzeit ist nicht aus Mangel an Steinen zu Ende gegangen, das Ölzeitalter wird nicht erst zu Ende gehen, wenn der letzte Tropfen Öl gefördert worden ist." Scheich Ahmed Yamani, Ölminister Saudi-Arabiens von 1962 bis 1986

Ein Bibelvers - Markus 1,14+15

"Johannes der Täufer wurde ins Gefängnis geworfen. Danach kam Jesus nach Galiläa und verkündete die Gute Nachricht von Gott: 'Die von Gott bestimmte Zeit [Kairos] ist da. Sein Reich kommt jetzt den Menschen nahe. Ändert euer Leben und glaubt dieser Guten Nachricht!'"

Ein Anregung

In den noch nicht ganz 50 Jahren ihres Bestehens hatte die noch verbliebene einzige Erdölraffinerie der Schweiz in Cressier, zwischen Bieler- und Neuenburgersee gelegen, eine bewegte Geschichte. Mehrere Besitzwechsel und auch eine Nachlassstundung mit Einstellung der Produktion im ersten Halbjahr 2012 überstand das Werk, das 25% aller in der Schweiz verkaufter Erdölprodukte herstellt.

Das Rohöl wird in Cressier über die Pipeline Sud-Européen vom Hafen Fos-sur-Mer bei Marseille bezogen. Die Endprodukte werden dann per Bahn und Tank-LKWs in der Schweiz verteilt. Auch interessant ist, dass ein Teil des Tanklagers und der grösste Teil der dazugehörigen Bahnanlage schon zur Gemeinde Cornaux gehört. 

Was auffällt: Die Schweiz ist nicht nur beim Rohöl zu 100% vom Ausland abhängig, sondern ebenso bei den veredelten Raffinerieprodukten, die zu 75% im Ausland erworben werden.

Weiter fällt mir besonders auf: 10 Jahre war es ruhig um die Erdölraffinerie Cressier. An den 270 Arbeitsplätzen wurde still vor sich hin gewerkelt. Doch dann weiss Wikipedia wieder etwas zu berichten. Kurz und knapp steht da: "Am 10. Oktober 2022 wurde die Zufahrt des Geländes durch Klimaaktivisten blockiert."

Die Stimmung ist umgeschlagen. Das Klima hat sich in mehrfacher Hinsicht gewandelt, sowohl ökologisch wie auch gesellschaftlich. Erdöl als nicht erneuerbarer Rohstoff ist zum Symbol verfehlter Politik geworden. Verbrennungsmotoren haben mittelfristig nichts mehr zu suchen auf Strassen und in Häusern. Wir stehen vor einer Zeitenwende.

Die Bibel kennt dafür ein Wort: "Kairos". Noch einmal ein Zitat aus Wikipedia: "Kairos (altgriechisch Καιρός Kairós, deutsch 'das rechte Maß, die gute Gelegenheit') ist ein religiös-philosophischer Begriff für den günstigen Zeitpunkt einer Entscheidung, dessen ungenutztes Verstreichen nachteilig sein könnte."

"Die Zeit ist erfüllt", so wurde und wird bis heute oft "der Kairos ist da" in der Bibel  übersetzt. Hoffen wir beim Klima, dass dieser Kairos noch nicht ganz ungenutzt verstrichen ist.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 18. Oktober 2022

Eine richtige, kleine Methodistin

Ein Zitat

Die Zwergschnepfe stochert unermüdlich im Morast vor der Beobachtungshütte des ProNatura-Zentrums Champ Pittet in Yverdon-les-Bains.
Foto © Jörg Niederer
"Je mehr man liebt, um so tätiger wird man sein." Vincent van Gogh (Bedeutender Maler und methodistischer Laienprediger)

Ein Bibelvers - Sprüche 14,22+23

"Wer böse Absichten hat, geht in die Irre. Wer Gutes im Sinn hat, erfährt Liebe und Vertrauen. Wer viel arbeitet, wird für seine Mühe belohnt. Wer nur redet, hat nichts davon."

Ein Anregung

Sie tanzt bei der Futtersuche wippend und stochernd über den Schlick. Obwohl wir wissen dass sie da ist, nur knapp sechs Meter vor den Sichtschlitzen der Beobachtungshütte, müssen wir sie immer wieder aufs Neue zwischen den Ästchen und Gräsern suchen. Sie arbeitet unermüdlich. Ihr langer Schnabel taucht im Halbsekundentakt ein, immer wieder schluckt sie kleine Tierchen herunter, zu schnell, um zu sehen, was es genau ist. 

Die Zwergschnepfe ist es, ein lerchengrosser Vogel. Ich sehe sie zum ersten Mal in meinem Leben und bin fasziniert von der Schönheit und dem Verhalten des Tierchens. Es ist gerade auf dem Durchzug am Neuenburgersee zwischengelandet, kommt aus der Taiga wo es den Sommer über brütet und die Jungen aufzieht.

Warum sie wippt, lässt sich nur vermuten. Wahrscheinlich zeigt die Zwergschnepfe damit möglichen Fressfeinden an, dass sie sich der Gefahr bewusst ist und jederzeit schnell flüchten kann. Es ist also wohl eine pantomimische Botschaft mit der Bedeutung: "Du erwischt mich doch nicht, als versuche es gar nicht erst."

Und wieder bewegt sich der lange Schnabel einer Nähmaschinennadel gleich in schnellem Auf und Ab. Der Regen hinterlässt kleine Perlen auf dem Gefieder. Abgesehen von den kurzen Schlafphasen ist die Zwergschnepfe nie unbeschäftigt. Den ganzen lieben, langen Tag. Wie eine Jüngerin von John Wesley, nach dessen Worten Kandidatinnen und Kandidaten bis heute bei der Aufnahme in die Dienstgemeinschaft von Pfarrerinnen und Pfarrern der Evangelisch-methodistischen Kirche ermahnt werden: "Sei fleissig. Sei niemals unbeschäftigt. Gib dich nie mit unnützen Anliegen ab. Vertändle keine Zeit. Verweile nie länger an einem Ort, als unumgänglich nötig ist." (Kirchenordnung Art. 336.19a). 

Die Zwergschnepfe: Eine vorbildliche kleine und fleissige Methodistin!?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 17. Oktober 2022

Überall Pilze, nur nicht in der Bibel

Ein Zitat

"In des Neidischen Auge wächst sich ein Pilz zur Palme aus." Sprichwort

Ein Bibelvers - Amos 4,9

Zweierlei Pilze wachsen nebeneinander an einem Baumstrunk.
Foto © Jörg Niederer
"Ich verdarb euer Getreide durch Hitze und Wurmfrass. Ich ließ eure Obstgärten und Weinberge verdorren. Heuschrecken fraßen eure Feigen- und Olivenbäume. Trotzdem seid ihr nicht zu mir umgekehrt! – So lautet der Ausspruch des Herrn."

Ein Anregung

Soviel Pilze wie gerade aktuell in den Wäldern und auf den Feldern wachsen, habe ich noch nie gesehen. Der ganze Forst riecht nach ihnen. Natürlich sehe ich immer nur die, welche nicht oder nicht mehr essbar sind.

In der Bibel gibt es, abgesehen vom Mutterkorn, keine Pilze. Doch dass es sich beim Mutterkorn um Pilze handelt, die da in den Ären wachsen, davon wusste man zu biblischen Zeiten noch nichts und sprach stattdessen von "Wurmfrass".

Allerdings gibt es Menschen, die überzeugt sind, dass die Bibel nach dem Verzehr und unter dem Einfluss von halluzinogenen Pilzen geschrieben worden sei. Sogar der gestrige Tatort griff diese Idee kurz auf als kleiner, einsamer Gag. Ich glaube jedoch, nicht die Bibel, sondern dieser gestrige, recht seltsame Tatort hat seinen Ursprung in den durch Pilzen etwas verschalteten Gehirnwindungen von Drehbuchschreibenden. Wer den besagten Sonntagabendkrimi gesehen hat, weiss, wovon ich spreche.

Also ich finde, die Pilze sehen in der Natur am schönsten aus. Solange, bis sie selbst vom Schimmelpilz verschimmelt werden, oder dem Wurmfrass zum Opfer fallen. Womit wir wieder beim Mutterkorn sind, das eben doch als Inkognito-Pilz in der Bibel vorkommt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 16. Oktober 2022

Die Anasazi vom Valle de Vaux

Ein Zitat

Über den Sandstein-Überhängen, unter denen im Neolothikum und nach der Römerzeit einst Menschen siedelten. Unten: Das Modell der Abri-Siedlung befindet sich im Musée cantonal d'archéologie et d'histoire in Lausanne.
Foto © Jörg Niederer
"Folgten wir nur der Tradition, lebten wir noch immer in Höhlen, folgten wir nur dem Fortschritt, wäre dies bald wieder der Fall." Leszek Kolakowski (1927-2009), polnischer Philosoph

Ein Bibelvers - Psalm 142,1+2

"EIN WEISHEITSLIED, VON DAVID, ALS ER IN DER HÖHLE WAR, EIN GEBET. Aus voller Kehle schreie ich zum Herrn. Laut flehe ich zum Herrn um Gnade."

Ein Anregung

Die Anasazi, das waren Ureinwohner in den US-Bundesstaaten Utah, Colorado, New Mexico und Arizona, welche in den Schluchten des Colorados unter Überhängen schwer zugängliche Siedlungen bauten und bewohnten. 

Nun habe ich neu erfahren, dass zur selben Zeit (vom 4. bis 8. Jahrhundert nach Christus) auch in der Schweiz solche Siedlungen existierten. Konkret fand man im Valle du Vaux (zwischen den waadtländischen Orten Yvonand und Chavannes-le-Chêne gelegen) Siedlungsreste von Menschen, die dort unter den Sandsteinüberhängen in mehrstöckigen Holzhäusern lebten. Wie die Anasazi betrieben sie Landwirtschaft und gingen auf die Jagd. Auch der Vaux-Bach war wohl eine wichtige Lebens- und Nahrungsgrundlage für die dortigen Siedlerinnen und Siedler.

Doch sie waren nicht die ersten. Mit einigen ihrer Pfostenlöcher, die sie in die Felsen meisselten, zerstörten sie Teile einer in den Fels gravierten bronzezeitlichen Jagdszene, bei der Männer auf Pferden Hirschen nachjagten. Auch ein Hund ist auf diesem Bild zu erkennen. 

Weitere Funde belegen, dass in diesem Abri oder Balm, wie man einen solchen Felsüberhang bezeichnet, schon um 4200 vor Christus Menschen wenigsten vorübergehend siedelten. Dafür sprechen Keramikfunde, Schalensteine und geometrische Gravuren. 

Heute führt kein Weg mehr zu den Fundorten. Das Tal des Vaux-Baches ist ein Naturschutzgebiet, und die Felsen sind so richtig nur im Winter einsehbar, wenn die Bäume keine Blätter tragen. So hilft es, die Augen zu schliessen, und sich das einstige Treiben vorzustellen. 

Und dann haben ja auch die Römer ihre Spuren hinterlassen, nördlich und mitten auf den Feldern von Chavannes-le-Chêne. Dort gewannen sie in einem Steinbruch, der besichtigt werden kann, Mühlsteinrohlinge.

Zurück zu den Bewohnerinnen und Bewohner der Höhlenhäuser: Wer weiss, vielleicht erreichte der christliche Glaube noch rechtzeitig die "Anasazi" von Valle du Vaux, bevor sie diese Balmsiedlung wieder aufgeben mussten. Rein zeitlich hätte es gut sein können.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 15. Oktober 2022

Sonntags gab es kein Entrinnen

Ein Zitat

Werbung an einem Wagon der Travys-Schmalspurbahn von Yverdon-les-Bains nach Ste-Croix
Foto © Jörg Niederer
"Ich glaube herausgefunden zu haben, wofür die Woche gut ist: Nämlich, um sich von den langweiligen Sonntagen zu erholen." Mark Twain (1835 - 1910)

Ein Bibelvers - 2. Korinther 2,17

"Der Herr wirkt nämlich durch seinen Geist. Und wo der Geist des Herrn wirkt, da herrscht Freiheit."

Ein Anregung

Sonntags gab es aus Saint-Croix kein Entrinnen per Bahn. Denn die stand in den Jahren ihrer Eröffnung am 17. November 1893 bis ins Jahr 1918 an den Tagen des Herrn jeweils still. So wollte es ihr Erbauer, William Barbey (1842-1914). Diesen Tausendsassa hätte ich gerne kennengelernt.

Der Ingenieur, Botaniker, Bahnunternehmer und von 1885-1909 liberale Grossrat vertrat eine moralisch im Protestantismus der Eglise Libre verhaftete Ethik. So gründete er eine Bibliothek mit moralischem Anspruch und eine Privatschule. Er baute eine Kapelle, eine der Hygiene verpflichtete Badeanstalt und ein Kinderspielplatz. 

Für das weit und hoch im Jura gelegene Saint-Croix baute er für 2 Millionen Franken eben jene Eisenbahnlinie, auf der wir vor zwei Tagen hinaufreisten, um den Chasseron zu besteigen.

Auch gegen den Alkoholismus setzte er sich ein und gründete dazu 1880 das Maison la Violette in Lausanne.

Was heute kaum zu liberalen Politikerinnen und Politiker passen will - es sind ja gerade sie, die dem Sonntag die Ruhe auszutreiben versuchen - ist sein Einsatz für den Sonntag als Ruhetag. So engagierte er sich für ein Sonntags-Autofahrverbot. Und konsequenter Weise dampften an Sonntagen auch keine Züge auf seiner Strecke zwischen Saint-Croix und Yverdon-les-Bains.

Jedoch war er ein entschlossener Gegner jeder Art von staatlichen Eingriffen. Aber vielsagend steht im Historischen Lexikon der Schweiz über ihn der folgende Satz: "Als liberaler Waadtländer Grossrat (1885-1909) vermochte er zu Parteiparolen stets Distanz zu wahren." Er war folglich auch seiner Partei gegenüber ein echter Liberaler.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 14. Oktober 2022

Ich war auf der Nummer 3

Ein Zitat

Blick zurück zum Juragipfel Le Chasseron.
Foto © Jörg Niederer
"Willkommen auf dem höchsten Balkon des Waadtländer Juras!" Webseite des Hotels auf Le Chasseron

Ein Bibelvers - Epheser 4,7+8

"Jeder Einzelne von uns hat die Gnade in dem Maß erhalten, wie Christus sie ihm schenkt. Darum heißt es: 'Er ist in die Höhe hinaufgestiegen. Einen Zug von Gefangenen führte er mit sich. Den Menschen brachte er Gaben.'"

Ein Anregung

Gestern stand ich auf dem höchsten Punkt des Juragipfels Le Chasseron. Von den schweizerischen Gipfeln des Juras ist er mit 1607 Metern nach dem Mont Tendre (1679 m) und dem La Dôle (1677 m) die Nummer Drei. Wobei, meist wird auch der Chasseral mit 1607 m angegeben und noch vor Le Chasseron gelistet.

Auf den Karten von Swisstopo ist man beim Chasseron auch nicht ganz eindeutig. Da kann man je nach Kartenmassstab einmal 1608 m lesen und dann wieder 1607 m. Auch mit einer Höhe von 1606,6 m ist der Berg zu finden, so wie der Chasseral mit einer genauen Höhe von 1606,2 m angegeben wird.

Vermutlich wird auf den Karten die Höhe einfach aufgerundet. Verstanden habe ich die unterschiedlichen Höhenangaben beim Le Chasseron nicht. Vielleicht weiss da eine Leserin/ein Leser Rat. Zumindest bin ich mindestens 40 cm höher gestanden, als wenn ich auf den Chasseral gestiegen wäre.

Warum möchten wir nur so gerne höher hinauf als andere? Natürlich, die Weitsicht und die Leistung. Aber fast von jedem Juragipfel sieht man bei besonders klaren Tagen die Alpen von Säntis bis Mont Blanc. 

Überhaupt trübt die Rekordjagd die Tatsache, dass die Franzosen wieder einmal die Nase vorn haben. Wie in den Alpen mit dem Mont Blanc haben sie im Jura mit der Crêt de la Neige (1720 m) den höchsten Gipfel. Insgesamt 6 französische Gipfel überragen zusammen mit zwei schweizerischen Gipfeln den Chasseron.

Oben auf der Nummer Neun jedenfalls war es friedlich. Die Vögel zwitscherten, die Nebel schwaderten, die Winde säuselten, die Stille breitete und der Regen hielt sich zurück bis kurz vor dem Abstiegsziel in Mauborget. Halleluja. Amen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Donnerstag, 13. Oktober 2022

Ein eiskalter Killer

Ein Zitat

Der Eisvogel mit einem gefangenen Fischchen, das er nun gleich durch Schlagen an den Ast töten wird.
Foto © Jörg Niederer
"Wer die Grausamkeit der Natur und der Menschen einmal erkannt hat, der bemüht sich, selbst in kleinen Dingen wie dem Niedertreten des Grases schonungsvoll zu sein." Christian Morgenstern (1871-1914)

Ein Bibelvers - 1. Mose 9,3+4

Gott zu Noah und allen Menschen: "Alles, was sich regt und lebt, soll eure Nahrung sein. Bisher waren es nur Pflanzen, nun gebe ich euch alles zu essen. Nur Fleisch, in dem noch Blut und damit Leben ist, dürft ihr nicht essen!"

Ein Anregung

Gleich noch einmal ein Vogel. Das Lieblingstier vieler Fotografinnen und Fotografen. "Eisi" werden sie verniedlichend von einigen genannt und Geschichten über sie erzählt vom Warten und Hoffen, dass er sich zeigen möge.

Gestern war ich in La Sauge. Zusammen mit dem angrenzenden bernischen Gebiet "Fanel" ist dieser Teil der Grand Cariçaie am südöstlichen Neuenburgersee bei der Mündung des Broyekanals das Nonplusultra der Ornithologinnen und Ornithologen. An keinem anderen Ort in der Schweiz können mehr Vogelarten in freier Natur beobachtet werden.

Dort im BirdLife-Zentrum kann aus einer Beobachtungshütte heraus ganz bequem der Eisvogel bewundert werden. In unserem Fall kam dann auch noch ein Rehbock mit nur einem Geweihende auf Visite. Das war der Moment, als der Eisvogel sich aufs Dach des benachbarten Beobachtungsbaus setzte und wohl die Beobachter beäugte.

Ja, sie sehen wunderschön aus, die Eisvögel. Zugleich sind sie ausgezeichnete Jäger und Fischliebhaber. "Eisi" ist, um es unverblümt zu sagen, ein eiskalter Killer. Nie wird aus diesem Vogel ein Vegetarier oder Veganer. Immer wird er den Fischen und Fröschen und Molchen nachstellen und sie zum Töten an einen Ast schlagen. Danach schlingt er seine Beute kopfüber als Ganzes  hinunter. 

Für den Fisch ist das nicht besonders bekömmlich. Doch Fische sind ja auch keine Engel, haben sie doch selbst wohl manchem Lebewesen ein Ende bereitet. Aber so ist die Natur: Fressen, und gefressen werden.

Ganz ehrlich, ich weiss nicht, wie das gehen soll: Zu leben, ohne anderem Leben das Leben zu nehmen. Aber vielleicht hat jemand, der dies liest, eine Idee?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 12. Oktober 2022

Der grosse schwarze Vogel

Ein Zitat

Ein Kolkrabe kreist vor den Sandsteinwänden über der Grand Cariçaie am Südufer des Neuenburgersees.
Foto © Jörg Niederer
"Es soll vorkommen, dass der Unglücksrabe seine Notdurft über einem Glückspilz verrichtet." Daniel Mühlemann, Naturfotograf, Aphoristiker und Übersetzer

Ein Bibelvers - Lukas 12,24

Jesus: "Seht euch die Raben an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie haben keine Vorratskammer oder Scheune. Trotzdem ernährt Gott sie. Wie viel mehr seid ihr wert als die Vögel!"

Ein Anregung

Ich habe ihn gesehen, den Kolkraben. Gross wie ein Bussard und rabenschwarz ist er über uns gekreist, in den Sandsteinklippen bei La Magnena, über den Sümpfen der Grand Cariçaie.

Während ich noch die Felswände mit dem Feldstecher absuchte, flog dieses prächtige Tier plötzlich vorbei, liess sich vom Wind tragen und sein tiefes Kroa, Kroa hören. Kolkraben leben in Dauerehe, sind sehr intelligent und wie wir Menschen "Allesfresser". Vielleicht gerade weil sie so intelligent sind, sind sie auch äusserst scheu und wachsam. Mich haben sie bestimmt entdeckt. Ihre Warnrufe waren nicht zu überhören.

Dass ich bewusst nach diesem Vogel gesucht habe liegt an einem ausserordentlich schönen Buch über sie. Es stammt vom renommierten Naturforscher Heinrich Haller, dem im Schweizerischen Nationalpark unglaublich eindrückliche Fotos von einem relativ zutraulichen Kolkrabenpaar gelungen sind. Und nun hat sich also dieser Göttervogel, dieser Begleiter des nordischen Gotts Odin mir gezeigt.

Das Buch von Heinrich Haller heisst: "Der Kolkrabe – Totenvogel, Götterbote, tierisches Genie" ISBN 978-3-258-08257-8. Hier kann man einen Blick auf die ersten Seiten des Bildbands werfen.

Wer lieber mehr erfahren möchte über Raben in der Bibel, dem sei ein SWR2-Beitrag empfohlen von Maria Meesters, gehalten am 9. September 2013.

Übrigens: Kolkraben gehört zu den Singvögeln.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 11. Oktober 2022

2000 Jahre religiöses Zentrum

Ein Zitat

Die Steinreihen und Menhire von Clendy in Yverdon-les-Bains
Foto © Jörg Niederer
"'Kann man auch Hinkelsteine mit der Post schicken?' - 'Ja, aber nur als Einschreiben. Sie könnten sonst beim Aussortieren verlorengehen.'" Obelix und Rohrpostix in "Asterix und die Normannen"

Ein Bibelvers - 2. Mose 15,18

"Ja, der Herr herrscht als König für immer."

Ein Anregung

Unvermittelt und etwas unvorbereitet standen wir vor einer der bedeutendsten Megalithanlagen in der Schweiz. 45 Menhire stehen in Reihen und Gruppen auf einem weiten Feld. Manche der nach menschlicher Gestalt geformten Steine sind 4,5 Meter hoch, andere, kleinere 45 Zentimeter.

Vielleich um 4500-4000 v.Chr. wurden die ersten Steine von Clendy - der Ort liegt auf dem Gebiet des heutigen Yverdon-les-Bains - errichtet. Die letzten Menhire datieren in die Bronzezeit, die von 2200-800 v.Chr. dauerte. Der Kultort musste also zwei- bis dreitausend Jahre von Bedeutung gewesen sein für die Menschen am Neuenburgersee. 

 Ob es nach 2000 bis 3000 Jahren die St. Galler Stiftsbibliothek und den Dom noch geben wird. 

Entdeckt wurden die Menhire während der Juragewässerkorrektur von 1878. 1975 wurden die Steine am Fundort wieder aufgestellt. Wobei; die Kleineren wurden durch Duplikate ersetzt und die Originale ins Museum Vieil-Yverdon verbracht.

Wie bedeutend dieser Fundort ist, zeigt sich auch daran, dass in der Schweiz im Jahr 2002 nur gerade die Standorte von 100 Menhiren bekannt waren.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde