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Mittwoch, 19. Januar 2022

Vegan im Pelikan

Ein Zitat

Eingang zum Restaurant "Formidable Pelikan" in St. Gallen.
Foto © Jörg Niederer
"Stop acting like a disgruntled Pelikan" (Höre auf, dich wie ein verärgerter Pelikan zu verhalten.) Redensart und Label

Ein Bibelvers - Psalm 102,6+7

"Meine Stimme versagt vor lauter Stöhnen. Nur noch Haut klebt an meinen Knochen. Ich fühle mich wie eine Eule [ein Pelikan] in der Wüste. Ich gleiche einem Steinkauz in Ruinen."

Ein Anregung

Der Pelikan, das ist ein Haus in St. Gallen, welches erstmals um 1400 erwähnt wird.

Der Pelikan, das ist ein veganes Restaurant in diesem Haus mit einem innovativen Konzept.

Der Pelikan, das ist der unverwechselbare Wasservogel mit dem dehnbaren Hautsack am Unterschnabel. 

Nicht ganz sicher ist, ob der Pelikan in der Bibel vorkommt. In neueren Übersetzungen scheint es ihn nicht mehr zu geben. In der Tiersymbolik der Kirche kommt er aber vor und gilt als Sinnbild für Christus. Im um 200 n. Christus entstandenen Büchlein "Der Physiologus" (der Naturkundige) - einem Bestseller im Mittelalter und damals nur mit der Bibel selbst vergleichbar - heisst es über den Pelikan: "Der selige Prophet David sagt in seinem Psalter: Ich bin gleich einem Pelikan in der Wüste [Psalm 102,7]. Der Physiologus hat von dem Pelikan gesagt, er gehe völlig auf in der Liebe zu seinen Kindern. Wenn er die Jungen hervorgebracht hat, dann picken diese, sobald sie nur ein wenig zunehmen, ihren Eltern ins Gesicht. Die Eltern aber hacken zurück und töten sie. Nachher jedoch tut es ihnen leid. Drei Tage lang trauern sie dann um die Kinder, die sie getötet haben. Nach dem dritten Tag aber geht ihre Mutter hin und reisst sich selber die Flanke auf, und ihr Blut tropft auf die toten Leiber der Jungen und erweckt sie."

Es ist leicht ersichtlich, dass hier Menschwerdung, Kreuzigung und Auferweckung Jesu durch scheinbare Naturbeobachtung verarbeitet sind. In der Folge entstand die Vorstellung, dass der Pelikan seine Jungen mit dem Blut aus seiner Brust nähre. (Beim Blut handelte es sich vermutlich um für die Jungen hervorgewürgten vorverdauten Fisch. Oder dann ist die während der Brutzeit rote Färbung des Kehlsacks beim Krauskopfpelikan eine Erklärung.)

Eine blutige Geschichte, die da mit dem Pelikan verbunden ist. Und ausgerechnet in einem nach diesem Vogel benannten Haus wird dem Tierwohl nun besonders grosse Beachtung geschenkt, indem rein vegan gekocht und gegessen wird. 

Auch ohne tierische Speise isst man gut, im "Formidable Pelikan", das die junge Wirtin Désirée Fatzer mit vielen Ideen und Neuerungen führt. Ich jedenfalls habe mich wohl gefühlt im Pelikan, dem Haus zum Tier, das gemäss christlicher Tradition für Hoffnung und Trost steht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde