Sonntag, 31. Dezember 2023

Stelle mich wohin du willst!

Ein Zitat

Bürostuhl auf der Tannwaldstrasse beim Bahnhof Olten. Leicht verfremdet.
Foto © Jörg Niederer
"Nimm hin, Herr, und empfange meine ganze Freiheit, mein Gedächtnis, meinen Verstand und meinen ganzen Willen, all mein Haben und Besitzen. Du hast es mir gegeben; dir, Herr, gebe ich es zurück. Alles ist dein, verfüge nach deinem ganzen Willen. Gib mir deine Liebe und Gnade, denn diese genügen mir." Hingabegebet des Ignatius von Loyola (1491-1556)

Ein Bibelvers - Lukas 22,42

"Er [Jesus] sagte: 'Vater, wenn du willst, nimm diesen Becher weg, damit ich ihn nicht trinken muss! Aber nicht, was ich will, soll geschehen, sondern was du willst!'"

Eine Anregung

In methodistischen Kirchen wird oft zum Jahresende die Feier zur Erneuerung des Bundes mit Gott gefeiert. Im deutschsprachigen Raum ist diese Liturgie als Nummer 776 im Gesangbuch der Evangelisch-methodistischen Kirche zu finden. Die Texte gehen auf den Gründer der methodistischen Bewegung, auf John Wesley zurück. Zentral ist dabei ein Gebet, das es in eine Sammlung der hundert schönsten Gebete der Weltreligionen geschafft hat: Das Bundeserneuerungsgebet. Darum dreht sich alles. Es lautet: 

"Ich gehöre nicht mehr mir, sondern dir. / Stelle mich, wohin du willst. / Geselle mich, zu wem du willst. / Lass mich wirken, lass mich dulden. / Brauche mich für dich, oder stelle mich für dich beiseite. / Erhöhe mich für dich, / erniedrige mich für dich. / Lass mich erfüllt sein, lass mich leer sein. / Lass mich alles haben, / lass mich nichts haben. / In freier Entscheidung und von ganzem Herzen überlasse ich alles deinem Willen und Wohlgefallen. / Herrlicher und erhabener Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist: Du bist mein, und ich bin dein. So soll es sein. / Bestätige im Himmel den Bund, den ich jetzt auf Erden erneuert habe. Amen."

Ein herausforderndes Gebet, indem man sich ganz in die Hände Gottes legt. Diesen Sonntag werden wir in St. Gallen dieses Gebet beten und dieser Liturgie folgen. Dabeisein kann man entweder um 10.15 Uhr an der Kapellenstrasse 6 in St. Gallen, oder dann per Youtube um ca. 10.30 Uhr. Alle sind herzlich eingeladen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Samstag, 30. Dezember 2023

Zukunftsaussichten

Ein Zitat

Rotmilan
Foto © Jörg Niederer
"Das Beste an der Zukunft ist, dass sie uns immer einen Tag nach dem anderen serviert wird." Abraham Lincoln (1809-1865)

Ein Bibelvers - Psalm 31,15+16

"Ich aber vertraute auf dich, Herr. Ich bekannte: Du bist mein Gott! Meine Zukunft liegt in deiner Hand. Rette mich aus der Gewalt meiner Feinde und lass mich meinen Verfolgern entkommen!"

Eine Anregung

Möchtest du wissen, was die Zukunft bringt?

Es wäre ja schon interessant, wenn wir, wie der Rotmilan von hoher Warte auf die Welt schaut, von oben herab das Kommende wie eine sich ausbreitende Landschaft überblicken könnten. Aber abgesehen von ein paar nahen Zukunftserwartungen liegt die Zukunft nicht in unseren Händen. Das gilt unabhängig von unserem Alter. Zwar sprechen einige von der Jugend als unserer Zukunft, aber auch die Jugend kann nicht sehen, was zukünftig auf sie zukommen wird. Zumindest kann ich mit Sicherheit sagen, dass ich in Zukunft unweigerlich noch älter werde. So gesehen steht mir die Zukunft nicht offen, sondern schliesst sich langsam aber sicher. Macht nichts, solange ich mit der Gegenwart zufrieden bin. Und sonst? Sonst ist guter Rat teuer. Denn ich kann ja schon sagen, dass es im Himmel dann mal viel besser sein wird. Nur könnte mir das den Vorwurf der Jenseitsvertröstung einbringen. Zudem hilft es für den Moment wenig bis nichts.

Ich für meinen Teil lege meine Zukunft in Gottes Hände, und vertraue, dass mich das für einige Zeit lebenstüchtig genug werden und sein lässt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 29. Dezember 2023

Glückspilz

Ein Zitat

Fliegenpilz
Foto © Jörg Niederer
"Es gibt Glückspilze, die fallen hin und finden noch etwas dabei." Redensart aus dem Senegal

Ein Bibelvers - Lukas 11,28

"Aber Jesus antwortete: 'Glückselig sind vielmehr die, die das Wort Gottes hören und danach leben.'"

Eine Anregung

Früher wurden Menschen, welche schnell und unerwartet zu Reichtum kamen, abwertend "Glückspilze" genannt, in der Bedeutung von Neureichen mit schlechten Manieren, von Emporkömmlingen. Vermutlich lehnte man sich dabei an das englische "mushroom" an, und das kam aus dem Lateinischen und Französischen, wo es "von obskurer Herkunft" bedeutete. Erst ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts verlor das Wort seine abschätzige Bedeutung. Heute ist ein Glückspilz jemand, der sehr oft oder unerwartet viel Glück hat. 

Der charakteristische Fliegenpilz findet sich in der Zeit des Jahreswechsels auf vielen Torten und Neujahrskarten. Er ist zum Glückspilz par excellence geworden. Und da man sich gerade jetzt besonders gern Glück wünscht, teilt er sich mit Marienkäfern und Hufeisen in die Aufgabe, Glücksbote zu sein.

Beim Fliegenpilz steckt aber noch etwas von der alten Bedeutung drin. Wie sonst ist es zu erklären, dass ausgerechnet ein giftiger Pilz zum Inbegriff des Glücks wird? Schnelles Glück hat halt auch etwas Toxisches.

Wohl dem Menschen, der also sein Glück nicht bei Vergänglichem sucht, sondern immerzu fragt: Was soll ich tun, um selbst zum Glück meiner Mitmenschen zu werden? Und einige kluge Menschen, darunter nicht zuletzt Jesus, würden noch anfügen: "Und dann tue oder sei es!" Sei eine Glücksbringerin, ein Glücksbringer!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Donnerstag, 28. Dezember 2023

Tannenmeisen lehren mich das Staunen

Ein Zitat

Tannenmeise bei Bussnang.
Foto © Jörg Niederer
"Oft müssen wir zu unserer Verwunderung erfahren, dass die Welt schon vor uns gescheit gewesen ist." Johann Jakob Mohr (1824-1886)

Ein Bibelvers - Psalm 139,14

"Ich danke dir und staune, dass ich so wunderbar geschaffen bin. Ich weiß, wie wundervoll deine Werke sind."

Eine Anregung

Tannenmeisen lieben Fichten. Aber ihre Nester bauen sie oft in Bodennähe, auch in Erdlöcher. Tannenmeisen gehören zu den Vögeln, von denen ich bis vor ein, zwei Jahren noch nichts wusste. Dabei gibt es von ihnen in der Schweiz 600'000 Brutpaare.

Da laufe ich also viele Jahre über manche Wege und Strassen, durch mancherlei Wälder und vorbei an vielen Viehweiden, ohne etwa zu merken von diesen kleinen Vögelchen. Wieder einmal merke ich, wie viel ich nicht weiss und wie unachtsam ich immer wieder sein kann. 

An einer Beringungsstation hat mir eine der Helferinnen erklärt, dass die Tannenmeisen sich oft total im Fangnetz verheddern, so dass sie auch schon 30 Minuten gebraucht habe, um diese Tierchen wieder zu befreien. Zudem setzen sich die Vögel mit Picken und Beissen zur Wehr. Und ihre Füsschen sind oft mit hartgewordenem Baumharz überzogen, der ihren bevorzugten Lebensraum verrät.

Schön, dass man auch nach über 60 Jahren noch längst nicht alles gesehen hat. Ich will in diesen letzten Tagen des Jahres deshalb besonders aufmerksam sein. Es gibt noch viel zu bestaunen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Mittwoch, 27. Dezember 2023

Einmal Fliege tragen

Ein Zitat

Fotomontage: Selbstportrait mit Luftfederungs-Fliege
Foto © Jörg Niederer
"In jüngerer Zeit hat die Fliege wieder an Bedeutung gewonnen und die großen Designer interessieren sich wieder für dieses symbolträchtige Accessoire." Zitat auf der Webseite von www.nines.de

Ein Bibelvers - Matthäus 18,18

Jesus: "Wahrlich, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein."

Eine Anregung

Da Luft in gewissem Mass komprimierbar ist, eignet sie sich auch als Federung. So funktionieren etwa Bürostühle, aber auch die Aufhängung von Personenwagons der SBB.

Die Luftfederung wird bei der SBB mit einem Symbol angezeigt, das einer Fliege gleicht, also dem Ding, das sich Männer in besonderen Situationen um den Hals binden. Wie sich eine solche Luftfederungsfliege an der Person getragen aussieht, habe ich mittels Fotomontage gleich an mir selbst ausprobiert; passend natürlich an einem Portrait, das auch in der Bahn entstanden ist.

Mehr als eine Spielerei ist das nicht, aber sie gibt mir die Möglichkeit, auf festliche gekleidete Weise noch einmal auf den Film zum 100-Jahr-Jubiläum von Bethesda Basel hinzuweisen. Nun ist auch die Langversion erschienen. Mehr zum Film "Dranbleiben an der Hoffnung" habe ich schon in einem früheren Beitrag festgehalten.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Dienstag, 26. Dezember 2023

Ausschlächte und Schröpfgade

Ein Zitat

Beim Haus "Drei Eidgenossen, wo einst der Schröpfgaden von Baden stand.
Foto © Jörg Niederer
"Jemanden schröpfen." Redensart mit der Bedeutung, einen Menschen um sein Geld zu bringen.

Ein Bibelvers - 3. Mose 13,18-20

"Auch ein Geschwür kann zu Aussatz führen: Jemand hatte ein Geschwür auf der Haut, das wieder geheilt ist. An der Stelle, wo das Geschwür war, bildet sich eine weiße Schwellung oder ein hellroter Fleck. Dann soll er sich vom Priester untersuchen lassen. Der Priester soll den Fleck untersuchen."

Eine Anregung

Wenn man im Zusammenhang mit einem Thermalbad-Aufenthalt im aargauischen Baden auf das Wort "Ausschlächte" stösst und auch vom "Schröpfgaden" liest, dann wird man neugierig. Nun könnte man in finanzieller Hinsicht bei den Eintrittspreisen in die Badetempel und den Kosten von Wellness-Behandlungen schon von Schlachten und Schröpfen sprechen. Das aber ist hier nicht gemeint.

Fangen wir beim Schröpfen und den Schröpfgaden an. In Baden und Ennetbaden, dies- und jenseits der Limmat, standen einst gleich zwei Gebäude, welche als Schröpfgaden bekannt waren. Auf Badener Seite wich das so bezeichnete Gebäude aus dem Jahr 1399 dem Neubau des Hauses "Drei Eidgenossen" aus dem Jahr 1826. Auf der Ennetbadener Seite nannte man die Liegenschaft Traube im 17. und 18. Jahrhundert Schröpfgaden. Heute steht dort das Wohn- und Geschäftshaus Blueside. Über diesen Schröpfgaden heisst es in der Ennetbadener Post 5/2008 auf Seite 4: "Je nach Kalendertag wurde den Badegästen gegen Bezahlung das 'schwarze Blut' aus dem Körper gezogen. Das gehörte zur Badekur und wurde als gesundheitsfördernd erachtet."

Schröpfen war wohl lange Zeit so eine Art medizinische Grundbehandlung gegen allerlei Krankheiten. Vorgenommen wurde es vom "Bader", einem Arzt für ärmere Leute. In diesem Zusammenhang taucht nun in medizinischen Abhandlungen zum Schröpfgaden von Baden das Wort "Ausschlächte" auf. Damit wurde damals eine Hauterkrankung bezeichnet. Wir würden wohl heute von Hautausschlag spreche.

Als ich am vergangenen Samstag also das neue Badener Thermalbad "Fortyseven", entworfen vom Architekten Mario Botta, besuchte, war ich schon froh über den Erkenntnisgewinn der Medizin seit der Zeit des Schröpfens und Aderlasses. So konnte ich ganz beruhigt den Besuch in den Badewelten geniessen, ohne an Ausschlächte, Schröpfkuren und schwarzes Blut denken zu müssen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Montag, 25. Dezember 2023

Weihnachtsgruss

Ein Zitat

Kommerzielle Plakatwand in Affeltrangen.
Foto © Jörg Niederer
"Die Botschaft von Weihnachten: Es gibt keine größere Kraft als die Liebe. Sie überwindet den Hass wie das Licht die Finsternis." Martin Luther King (1929-1968)

Ein Bibelvers - Lukas 2,11

"Der Retter ist geboren, Es ist Christus, der Herr."

Eine Anregung

Friede sei mit euch!

Gerade wieder gestalten wir Weihnachtszeit und Jahreswechsel. Wie jedes Jahr mache ich mit, bin Teil davon. Wie immer frage ich mich, mit welchen lichtvollen Bildern will ich andere beglücken.

In diesem Jahr ist es eine dieser unsäglichen Plakatwände in der Provinz. Eine dieser Flächen, auf denen alles zusammenkommt, von Kaninchenzüchterverein bis Comedy, von Hühneraugensalbe bis Metzgete. Da, zwischen Second-Hand und Oropax, auf blauer Fläche und in gelb leuchtenden Buchstaben, lese ich die Botschaft der Engel an die Hirten: "Der Retter ist geboren, Es ist Christus, der Herr" (Lukas 2,11)

So lautet die Weihnachtsbotschaft in Kürzestform. Damit ist alles gesagt. Es mag eisig kalt sein, ein Tag, an dem Raureif sich auf die Seele legt. Durch diese Botschaft wird es mir wieder warm ums Herz. 

So wünsche ich uns allen, dass Gottes Werbebotschaft nicht nur ein Wort aus Engelsmund ist, auch nicht nur ein kalter Plakataushang. Ich wünsche, dass uns Christus und seine Hoffnungsbotschaft erfüllt und Kraft gibt für die Herausforderungen, die vor uns liegen.

Die Weihnachtsgruss-Karte ist auch als PDF-Datei verfügbar.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Sonntag, 24. Dezember 2023

Auch eine Gewalt- und Fluchtgeschichte

Ein Zitat

Ausschnitt aus dem Glasfenster von August Wanner in der Pfarrkirche St. Pankratius in Bolligen zur Geburts- und Jugendgeschichte von Jesus: Die Flucht nach Ägypten.
Foto © Jörg Niederer
"Schenken heißt, einem anderen etwas geben, was man am liebsten selbst behalten möchte." Selma Lagerlöf (1858-1940)

Ein Bibelvers - Matthäus 2,14

"Daraufhin stand Josef mitten in der Nacht auf. Er nahm das Kind und seine Mutter und zog mit ihnen nach Ägypten."

Eine Anregung

In den Evangelien geht es Schlag auf Schlag. Nach der Geburt und der Anbetung der Könige folgt die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten. So erzählt es jedenfalls Matthäus. Damit ist Jesus schon als Kind auf das Wohlwollen von anderen Menschen angewiesen.

Wie zeigt man der Menschheit, dass auch mit der Geburt von Jesus nicht einfach heile Welt ist? Man kann es so tun wie auf dem Glasfenster, indem man Maria mit dem Jesuskind auf einem Esel reitend darstellt, geführt von Josef. Ein idyllisches Bild der Flucht. Zu Fliehen ist aber gefährlich, das wissen wir heute sehr gut.

Gar nicht indirekt erzählt der Kindermord in Bethlehem davon, dass nicht heile Welt geworden ist, als Jesus geboren wurde. Ein Kindermord, das ist ganz sicher kein idyllisches Bild. Und doch ist es auch Teil der Weihnachtsbotschaft der Bibel.

Es ist eben so: Gott kommt in die Welt. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass die Welt das gar nicht besonders gut findet, wenn Gott sich einmischt. Ja, manche wollten ihn liebend gern loswerden. Gott aber will uns liebend gerne nahe sein und bleiben.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Samstag, 23. Dezember 2023

Weihnachten mit Bischof Stefan Zürcher

Ein Zitat

Fotomontage: Bischof Stefan Zürcher vor einem Glasfenster des Casinos in Lausanne.
Foto © Jörg Niederer
"War die Botschaft der Engel nicht 'Good News' sondern 'Fake News'?", fragt Bischof Stefan Zürcher in seiner aktuellen Weihnachtsbotschaft 2024

Ein Bibelvers - Lukas 2,13+14

"Plötzlich war der Engel umgeben vom ganzen himmlischen Heer der Engel. Die lobten Gott und riefen: 'Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe! Sein Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet!'"

Eine Anregung

Da ich ja angekündigt habe, bis Weihnachten Bilder von Glasfenstern zu zeigen, musste ich für heute zu einem Trick greifen. So habe ich den Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche, Stefan Zürcher, kurzerhand per Photoshop vor ein Glasfenster des Lausanner Casinos gestellt. Denn ich möchte euch mit diesem Beitrag herzlich einladen, die Video-Weihnachtsbotschaft von Bischof Stefan Zürcher anzuhören. Ich finde, es lohnt sich.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 22. Dezember 2023

Advent mit Johannes

Ein Zitat

Glasfenster von Hermann Meyer, Ausgeführt von Hans Drenckhahn (1878-1953) in der Reformierten Kirche Degersheim.
Foto © Jörg Niederer
"Die Stille der Heiligen Nacht, die das wohl bekannteste Weihnachtslied besingt – wie verträgt sie sich mit der Weihnachtsbotschaft aus dem Prolog des Johannes-Evangeliums, das die Menschwerdung, ja Fleischwerdung des göttlichen Wortes ansagt?" Prof. Dr. Eberhard Jüngel (1934-2021). 2009 in der NZZ

Ein Bibelvers - Johannes 1,4+5

"Er, das Wort, war zugleich das Leben in Person. Und das Leben war das Licht für die Menschen. Das Licht leuchtet in der Finsternis, aber die Finsternis hat es nicht angenommen."

Eine Anregung

Hast du dir den Evangelienschreiber Johannes so vorgestellt? Dunkle Haut, fast schwarzes Haar! Aber vielleicht ist ja der Täufer Johannes auf dem Glasfenster von Hermann Meyer (1878-1961) in der Reformierten Kirche Degersheim abgebildet. Nun, das Aussehen ist nicht so wichtig, und die dunklen Haare und die braungebrannte Haut passen ja gut zu einem Menschen aus dem Nahen Osten.

Der Evangelienschreiber Johannes hat, wie schon Markus, einen speziellen Zugang zur Geburtsgeschichte von Jesus. Wie bei Markus gibt es sie beim ihm nicht. Dafür spricht er auf ganz eigene Weise von Jesus. Vom Wort Gottes, das von Anfang an war, das alles geschaffen habe, was auf Erden ist, und (so übersetzt die Lutherbibel), dieses Wort wurde Fleisch beziehungsweise diese Wort wurde Mensch (Basisbibel). Aber nicht nur dieses Bild von Jesus wird durch Johannes gezeichnet. Im gleichen Atemzug spricht er auch vom Wort Gottes, von Christus, als vom Licht das in die Finsternis leuchtet.

Auch ohne Maria, Josef, Engel und Jungfrauengeburt gelingt es dem Evangelisten mit den ersten Zeilen seines Evangeliums, das ganz Besondere von Jesus herauszustreichen. Gott wird Mensch, Wort wird Fleisch. Im Leben von Jesus sieht Johannes Gottes Licht in der Dunkelheit aufleuchten. Genau das ist doch die Botschaft von Weihnachten.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen


Donnerstag, 21. Dezember 2023

Maria und der Engel Gabriel

Ein Zitat

Glasfenster von Maria und dem Engel Gabriel in der Kirche Sainte-Catherine in Sierre.
Foto © Jörg Niederer
"Wir sind auf den Heiligen Geist angewiesen. In ihm ist uns Gott unvorstellbar nah." Peter Strauch (*1943), deutscher Pastor

Ein Bibelvers - Lukas 1,26

"Elisabet war im sechsten Monat schwanger. Da schickte Gott den Engel Gabriel zu einer Jungfrau in die Stadt Nazaret in Galiläa."

Eine Anregung

Bis Weihnachten zeige ich hier noch einige Kirchenfenster, die sich mit der Weihnachtsgeschichte beschäftigen.

Da wäre einmal der Anfang. Der Engel Gabriel verkündet Maria, dass sie schwanger werde vom Heiligen Geist und ein Kind gebäre, dem sie den Namen Jesus geben soll. Das Fenster auf dem Foto findet sich in der Kirche Sainte-Catherine in Sierre.

Der Engel Gabriel kommt auch im biblischen Buch Daniel vor. Im Islam ist er der Engel, der Mohamed den Koran überbrachte. Und in Judentum wird Gabriel in rabbinischen Texten als ein Engel ganz aus Feuer beschrieben. Sein Attribut ist das Gold, während im Christentum das Zeichen, das für diesen Engel steht, die weisse Lilie ist.

Auf dem Glasfenster zeigt sich über dem Engel Gabriel und Maria der Heilige Geist. Lateinisch angeschrieben ist die Szene mit den Worten: "Ecce Ancilla Domini" (Siehe des Herrn Magd!).

Der Botschaft des Engels Gabriel an Maria ist auf dem Fenster ganz unten ein weiteres Bild zugeordnet, das die Enthauptung des Johannes thematisiert. Das Ende von Johannes dem Täufer signalisiert den Beginn der irdischen Zeit von Jesus. Auch Johannes hat, wie der Engel Gabriel, der Welt Jesus Christus angekündigt.

Diese Szene mit Maria, wie sie vom Evangelisten Lukas überliefert wird, wurde von Siegfried Fietz im Lied "Gottes Engel Gabriel" vertont. Das Lied werde ich mir heute anhören, und versuchen, dabei ganz unvoreingenommen zu bleiben.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Mittwoch, 20. Dezember 2023

Natur und Kultur feiern Weihnachten

Ein Zitat

Pflänchen in der Winterwiese, mit Eiskristallen bedeckt.
Foto © Jörg Niederer
"Hörst du den Engel? / Er verkündet die Freude / allen Menschen, / den alten und jungen, / den reichen und armen, / den kranken und schwachen, / den guten und bösen, / den klugen und dummen. / Höre ihm zu! Er meint auch dich!" Regina Hesse (*1933)

Ein Bibelvers - 1. Korinther 15,41

"Die Sonne leuchtet anders als der Mond, der Mond wieder anders als die Sterne. Und kein Stern leuchtet wie ein anderer."

Eine Anregung

Zweimal Christbaum, in gewisser Weise.

Den traditionellen, in einer Stube, mit Glitzer, Kerzen und Kugeln, raumhoch, dazu das Konzert von vier flötenden Frauen, dem "Woodpeckers Recorder Quartet". Sie interpretieren Bachs "Die Kunst der Fuge". Kultur, wie man sie erwartet an Weihnachten.

Den natürlichen Christbaum mimt ein Pflänzlein auf einer Wiese, mitten im kalten Winter. Klein, unscheinbar. Nahe heran müssen wir, um es zu sehen in seiner Pracht. Dann glitzern die Eiskristalle der Raureifnacht schöner und kräftiger und intensiver.

Kultur und Natur, beide beten das Kind in der Krippe an. Ich kann mich nicht entscheiden, was mir mehr gefällt. Ich muss mich nicht entscheiden.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Dienstag, 19. Dezember 2023

Wunschkonzert

Ein Zitat

Drei Rehe auf einer Wiese oberhalb von Bussnang lassen sich auch am Tag kaum stören beim Äsen.
Foto © Jörg Niederer
"Wenn eine Sorge zu gering ist, sie in ein Gebet zu wandeln, dann ist sie auch zu gering, sie zu einer Last zu machen." Corrie Ten Boom (1892-1983)

Ein Bibelvers - Markus 11,24

"Deshalb sage ich [Jesus] euch: Für alles, worum ihr im Gebet bittet, gilt: Glaubt fest daran, dass ihr es bekommt, dann wird es euch geschehen."

Eine Anregung

Auf einer Anhöhe oberhalb von Bussnang gelang der Sonne endlich der Durchbruch. Dabei sah es zu Beginn unserer Wanderung trübe und eisig aus. Reifekristalle auf Blättern, Holz und Drahtgeflecht. Doch dann im Riet bei Märwil begann es zu tauen. Die Eiskristalle verwandelten sich unter den Bäumen in Regentropfen. Mit der Sonne kam die Gartenbank wie gerufen. Wir setzten uns und schauten über die Wiesen und Wälder hinüber zum Ottenberg und dem Schloss Weinfelden. 

"Jetzt wäre es schön, wenn auch noch Rehe aus dem Wald kämen", meinte meine Frau. Ehe wir es uns versahen, rannten drei dieser grazilen Tier in Windeseile über die Wiese, verschwanden hinter einem Wäldchen, um auf der anderen Seite wieder aufzutauchen. Wir freuten uns, und ich schlug vor, meine Frau solle sich nun auch noch einen Fuchs am Waldrand wünschen.

Dann ging unsere Wanderung weiter. Hinter einem Bauernhaus öffnete sich die Landschaft und dort sahen wir die drei Rehe wieder. In aller Ruhe ästen sie auf der Wiese. Immer wieder hob eines der Tier den Kopf und kontrollierte die Umgebung. Irgendeinmal entdeckten sie uns. Ab dann liessen sie die Augen nicht mehr von uns ab, bis sie sich über eine klein Hügelkuppe davongemacht und unseren Blicken entzogen hatten.

Nun denke ich mir, genauso könnte es doch sein, wenn wir beten: Kaum haben wir die Bitte ausgesprochen, schon wird sie Wirklichkeit. Nur, so ist es eben meistens nicht. Beten ist halt kein Wunschkonzert. Genauso wenig, wie der Natur zu sagen, sie solle drei Rehe vorbeischicken.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Montag, 18. Dezember 2023

Künstler und Bettler

Ein Zitat

Bild 'Strassenmusiker mit Klarinette und Hund' aus dem Jahr 1992 von Kurt Metzler.
Foto © Jörg Niederer
"Bettler können nicht wählerisch sein." Sprichwort

Ein Bibelvers - Lukas 16,20+21

"Aber vor dem Tor seines Hauses lag ein armer Mann, der Lazarus hiess. Sein Körper war voller Geschwüre. Er wollte seinen Hunger mit den Resten vom Tisch des Reichen stillen. Aber es kamen nur die Hunde und leckten an seinen Geschwüren."

Eine Anregung

Gestern besuchte ich meine Mutter im Altersheim. An den Wänden ihres Zimmers hängen fast nur Bilder vom einstigen Zeichnungslehrer an der Kantonsschule Heerbrugg, dem Kunstmaler Kurt Metzler (1928-1998). Nebst Landschaftsbildern gefielen ihm die Appenzeller Originale, die er in karikaturistischer Weise zu Papier brachte. Auch hat er den Appenzeller Witzweg illustriert. Ob das aber heute noch ersichtlich ist, weiss ich nicht, da dieser Weg aktuell neu gestaltet wird.

Seine Frau Nelly war die Gotte meines verstorbenen Bruders. Ich erinnere mich, wie ich an der Konfirmation dieses Bruder enttäuscht war, dass nur die Patentante in der Kirche und an der anschliessenden Familienfeier teilnahm. Kurt Metzler verabschiedete sich gleich zu Beginn. Kirche sei nicht so seine Sache.

Beim Bild vom Strassenmusiker mit der Klarinette muss ich jeweils an Polo Hofer denken. Logisch ist das nicht, aber es ist halt so. Der Hund gehört ja irgendwie zu den Randständigen, und dieser auf dem Bild ist doch allerliebst, wie er da mit trauriger Miene die Spendenfreudigkeit der Passantinnen ankurbelt. Hunde sind auf vielen Bildern von Metzler zu entdecken. Wen wunderts, sind doch bei zweibeinigen Appenzellern die vierbeinigen nicht wegzudenken. "Höndli" werden sie genannt, manche davon wahre Wadenbeisser.

Dieser Tage stellen wieder viele Hilfswerke und originale Persönlichkeiten ihre virtuellen und realen Hüte aufs Tapet, um den einen oder anderen Franken abzugreifen. Da frage ich doch einmal: Wie gross ist dein Spenderinnen- oder Spenderherz? Welche Ausmasse nimmt es jeweils in der Advents- und Weihnachtzeit an? Bleibt noch etwas vom 13. Monatslohn für dich und deine Lieben übrig, oder verschwindet alles im Sack deines Nächsten?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Sonntag, 17. Dezember 2023

Die Friedenskerze am Adventskranz

Ein Zitat

Weihnachtsschmuck in der Evangelischen Kirche von Bussnang.
Foto © Jörg Niederer
"Wir zünden Kerzen der Hoffnung, der Freude und der Liebe an, während wir uns auf das Anzünden der Christuskerze vorbereiten, die den Höhepunkt unserer jährlichen Reise bildet. Jedes Jahr zünden wir auch eine Kerze des Friedens an. Doch in diesem Jahr ist es viel schwieriger, diese Kerze anzuzünden." Bischof Thomas J. Bickerton

Ein Bibelvers - Kolosser 3,15

"Und der Friede, den Christus schenkt, lenke eure Herzen."

Eine Anregung

Für alle, welche sich am vergangenen Sonntag über den Beitrag zur zweiten Adventskerze geärgert haben, sei eine deutsch untertitelte Ansprache zu Advent und Weihnachten empfohlen von Bischof Thomas J. Bickerton. Er ist der Vorsitzende der Bischofskonferenz der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche. Sehenswert und feinfühlig nimmt er sich der Frage des Friedens an. Auch er entzündet vorerst die zweite Kerze nicht, die sogenannte Friedenkerze. Doch am Ende brennen dann nicht nur drei Kerzen, sondern gar fünf an seinem Adventskranz.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Samstag, 16. Dezember 2023

Die Axt an der Baumwurzel

Ein Zitat

Eine kranke Linde wird in Weinfelden fachmännisch gefällt.
Foto © Jörg Niederer
Der Stil der Axt, welche die Bäume fürchten, war selbst einmal Teil eines Baums im Wald.

Ein Bibelvers - Matthäus 3,10

Johannes der Täufer: "Die Axt ist schon an die Baumwurzel gesetzt: Jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen."

Eine Anregung

Nein, dieser Baum beim Bahnhof Weinfelden wird in keine Stube gestellt und geschmückt. Dazu ist er von der falschen Sorte, schon zu umfangreich, und wie ich hörte, krank, und daher sturmgefährdet. Er musste gefällt werden, da er zu einem Sicherheitsrisiko wurde für die vielen Passantinnen und Passanten, die hier auf Strasse und Gehweg vorbeikommen.

Advent ist die Zeit der Gerichtspredigten. Die von der Axt, die an die Baumwurzel angesetzt wird, ist zu einem geflügelten Sprichwort geworden. Heute geschieht das natürlich mit der Motorsäge. So wurde ich Zeuge, wie die Linde fachmännisch entfernt wurde. Zwei Stunden später war vom einstigen Baum nur noch ein Loch übrig, in das in absehbarer Zeit eine Ersatzpflanzung erfolgen soll.

Heute wissen wir, wie wichtig Bäume und Grünflächen in Siedlungen sind. Es gibt sogar Citys, die zu sogenannten Schwammstädten werden wollen, also urbane Orte, in denen viel Wasser auch in Baustrukturen zurückgehalten wird, um so durch Verdunstung die Temperaturen in heissen Zeiten zu senken.

Vielleicht ist aber auch schon die Axt an unsere menschlichen Strukturen und unseren Lebensstil angelegt, weil wir über unsere Verhältnisse leben. Doch das will ich nun nicht weiter ausführen. Nur soviel: Advent ist halt auch eine Zeit der Gerichtsworte, wie dasjenige von Johannes dem Täufer.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen


Freitag, 15. Dezember 2023

Schlüsselvollmacht

Ein Zitat

Wirtshausschilde von den ehemaligen Gasthäusern Stab und Schlüssel am Stabhof in der Altstadt von Liestal.
Foto © Jörg Niederer
"Lobt Gott, ihr Christen alle gleich, / in seinem höchsten Thron, / der heut schließt auf sein Himmelreich / und schenkt uns seinen Sohn." Nikolaus Herman um 1550

Ein Bibelvers - Jesaja 22,15+22

"So spricht Gott, der Herr Zebaot:... Ich übergebe ihm die Schlüssel zum Palast des Hauses David. Wenn er die Tür öffnet, kann sie keiner schließen. Wenn er sie schließt, kann sie keiner öffnen."

Eine Anregung

Der Stabhof in Liestal ist heute ein Coop mit Büroräumen und Wohnungen. Seinen Namen hat er vom einstigen Gasthof Stab, aber auffälliger ist der goldene Schlüssel des einstigen Gasthofs Schlüssel, der sich da in der Bauphase von der blauen Schutzfolie gut abzeichnet. Wer genau hinschaut, sie auf dem Foto links unten auch das Wirtshausschild, das der Überbauung den Namen gab. Wie kompliziert das Bauvorhaben ist, bei dem die Fassade gegen die Altstadtgasse mehr oder weniger als einziges erhalten werden soll, bei dem Büroräume, eine Tiefgarage mit Dreh-Autolift und eine unterirdische Zufahrt für den Coop entstehen soll, das kann man in der BZ nachlesen.

Kompliziert war auch die Situation für Maria und Josef. Davon berichten uns vor allem die beiden Evangelisten Matthäus und Lukas. Von dieser Komplexität erzählt Nikolaus Herman in seinem Lied "Lobt Gott ihr Christen alle gleich..." aus dem Jahr 1550. Da ist von Aufschliessen des Himmelreichs die rede. Gleich zweimal nimmt der Liederdichter das Bild auf. In der 6. Strophe heisst es: "Heut schließt er wieder auf die Tür / zum schönen Paradeis; / der Kerub steht nicht mehr dafür. / Gott sei Lob, Ehr und Preis!" Und warum ist das so? Wegen des "herze Jesulein".

Damit bin ich wieder beim Schlüssel am Stabhof. Wie dort der Schlüssel sich abhebt von der blauen Baufolie, so hebt sich die Botschaft von Jesu Geburt ab von der Realität, in der die Türen sich vor immer mehr Menschen verschliessen und die Zugänge verbarrikadiert sind.

Die Melodie des Lieds klingt auch in Christof Fankhausers Adventskalender an. Den Text zum Lied kann man hier nachlesen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Donnerstag, 14. Dezember 2023

Kraft von Unten

Ein Zitat

Helmlingspilze
Foto © Jörg Niederer
"Zu viele frustrierte Heilsversprechen sind von oben gekommen haben unsägliches Leid über Menschen gebracht." Martha Zechmeister

Ein Bibelvers - Apostelgeschichte 4,13

"Die Ratsältesten wunderten sich, wie unerschrocken Petrus und Johannes auftraten. Dabei waren sie doch keine Gelehrten, sondern einfache Leute."

Eine Anregung

Martha Zechmeister von der Congregatio Jesu (früher: "Englische Fräulein") ist Professorin für Systematische Theologie an der Universidad Centroamericana (UCA) in El Salvador. In einem Artikel in feinschwarz nimmt sie sich die Pilze als Analogie für die Form des Widerstands gegen Gewalt und Schrecken: Hier einige Auszüge: 

"Angesichts meiner Lebenszeit, die mir davonläuft, drängt sich mir die Alternative auf: Entweder sterbe ich als frustrierte Alte oder als verrückte Revolutionärin. Ich habe mich für die zweite Variante entschieden. Es ist für mich die Aktualisierung des Rats des hl. Ignatius: Wie wünschte ich in meiner Todesstunde und am 'Tage des Gerichts' (EB 183) entschieden zu haben?...
Es geht Ihnen sicher nicht anders als mir, ich wache inzwischen mit der Angst auf, mich den neuesten Nachrichten zu stellen. Eine Horrormeldung überschlägt die andere: Ukraine, Afghanistan, Israel, Gaza... All das, worauf christliche Schöpfungstheologie zielt, die Erde als bewohnbarer Raum für den Menschen, ist in Gefahr vom Menschen definitiv ruiniert zu werden. '...und selbst eine so verheerte Erde wird immer noch weitaus lebensfreundlicher sein als der Mars, von dessen Besiedlung sich ein paar kindische Geschäftsmänner Rettung erhoffen.'...
Mich hat in dem Buch über die 'Neuen Protestformen' [Eva von Redecker, Revolution für das Leben. Philosophie der neuen Protestformen, Frankfurt/M. 2020] sehr die Metapher vom Myzel angesprochen, vom Wurzelgeflecht, von den vielen feinen Fäden, durch die Pilze unter dem Waldboden verbunden sind. Selbst dort, wo man keine Fruchtkörper sieht, lebt der Pilz unter der Oberfläche. Die Metapher vom Myzel erinnert daran, dass wir unser Überleben anderen schulden und es nur im Austausch miteinander möglich ist. 'Pilze sind so wild und dicht verbunden wie ein neuronales Netzwerk, sie trachten einander nicht nach Leib und Leben, sondern teilen es.'... 'Die an die Baumwurzeln anlagernden Pilzfäden schließen Spurenelemente und Nährstoffe auf, die die Bäume allein gar nicht aufnehmen könnten. Dafür spülen die Bäume Zucker, den sie per Photosynthese gewinnen, zurück zu den Pilzen, die ohne diesen Nährstofffluss nicht leben könnten.'...
Die 'Revolution für das Leben' ist kein heroischer Akt einsamer Pioniere. Sondern so etwas wie üppiges Myzel, das sich zwischen allen, die den Aufstand wagen, entwickelt. Wesentlich ist die vitale Beziehung, die sich wechselseitig ermutigt, stärkt, Ressourcen teilt und gemeinsam Strategien entwickelt. Es ist eine lebendige und deshalb unkontrollierbare Vernetzung...
'Die Welt wahren in wilder Verbundenheit', bringt es die Autorin, deren Buch mich inspiriert, auf den Punkt.
Lasst uns die Welt wahren in wilder Verbundenheit!"

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Mittwoch, 13. Dezember 2023

Methodist präsidiert Bundesratswahl

Ein Zitat

"Menschenwürde, Gleichheit der Menschen." Antwort von Eric Nussbaumer auf die Frage: "Was ist für Sie politisch nicht verhandelbar?"

Ein Bibelvers - Matthäus 22,37-39

Eric Nussbaumer im Jahr 2008, ein halbes Jahr nach seiner Wahl in den Nationalrat.
Foto © Jörg Niederer
"Jesus antwortete: 'Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken.' Dies ist das größte und wichtigste Gebot. Aber das folgende Gebot ist genauso wichtig: 'Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.'"

Eine Anregung

Die Religionszugehörigkeit spielt zwar in einem Staat mit Religionsfreiheit keine Rolle bei der Ausübung von politischen Aufgaben. Aber so selbstverständlich ist es dann doch wieder nicht, wenn das Mitglied einer kleinen Freikirche, wie es die Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz ist, die Wahlen der Bundesrätinnen und Bundesräte als Präsident der Vereinigten Bundesversammlung leitet. Heute ist es soweit. 

Am 4. Dezember wurde Eric Nussbaumer zum Nationalratspräsidenten gewählt. Damit übt er das Amt des "höchsten Schweizers" aus und ist folglich auch mit der Leitung der Bundesratswahl betraut.

Eric Nussbaumer wurde 2007 erstmals in den Nationalrat gewählt. Das Foto zeigt ihn ein halbes Jahr nach dieser Wahl. Er ist aktives Gemeindeglied in der Methodistenkirche Liestal. Im Dienstagsmail wird er dazu wie folgt zitiert: "Ich bin gerne Christ, weil ich aus meiner Glaubensüberzeugung heraus Kraft schöpfe für mein tägliches Leben." Der Nationalrat wählte Eric Nussbaumer mit 180 von 192 gültigen Stimmen in diese Aufgabe. Gegenüber Idea meinte er dazu: "Es ist eine wichtige Aufgabe, das Parlament leiten zu dürfen. Ich durfte das schon auf kantonaler Ebene tun. In dem Sinne freue ich mich natürlich auf diese... Aufgabe".

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Dienstag, 12. Dezember 2023

Gottes kleine Kuh

Ein Zitat

Ein Marienkäferchen ruht sich auf einer Gallrose aus.
Foto © Jörg Niederer
"Das Röslein, das ich meine, / davon Jesaja sagt, / hat uns gebracht alleine / Marie, die reine Magd. / Aus Gottes ewgem Rat / hat sie ein Kind geboren, / welches uns selig macht." 2. Strophe des Lieds "Es ist ein Ros entsprungen..." von Michael Praetorius (1571-1621)

Ein Bibelvers - Jesaja 11,1+2

"Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Spross hervor. Ein Trieb aus seiner Wurzel bringt neue Frucht. Auf ihm ruht der Geist des Herrn: Der schenkt ihm Weisheit und Einsicht, Rat und Stärke, Erkenntnis und Ehrfurcht vor dem Herrn."

Eine Anregung

Er hat viele Namen. Aus der Reihe fällt die russische Version: "Gottes kleine Kuh" wird dort der Marienkäfer genannt. Die religiöse Anspielung steckt aber auch hier im Namen. In der deutschen, englischen, dänischen, kroatischen, und spanischen Sprache ist Maria, die Mutter von Jesus, Namensgeberin. In Nordfrankreich wird der kleine rote Käfer mit den sieben Punkten und ähnlich aussehende Arten "bête de la vierge" genannt, Jungfrauentier. In den schweizerischen Dialekten heisst der Marienkäfer auch Frauwen-Tierli, Mueter-Gottes-Tierli und Marien-Tierli. Hinzu kommen als Bezeichnungen Herr-Gotts-Tierli, Heilands-Tierli, Himels-Tierli, Jeses-Tierli, und über das religiöse Namensspektrum hinaus auch Ägersten-Tierli, Flüg-uf-Tierli und Gigen-Tierli. So lese ich im Idiotikon, dem Schweizerischen Wörterbuch. 

Verschiedene Gründe werden in der Literatur aufgeführt, warum der Marienkäfer nach Maria benannt ist. Bei Coccinella septempunctata, so der lateinische Namen, sind die sieben Punkte angesprochen, und diese wurden wohl auf die sieben Schmerzen der Jungfrau Maria bezogen. Andere Erklärungen sehen im Marienkäfer ein von der Jungfrau Maria gesandter Nützling, der die Läuse vertilgt und damit Ernten retten kann. Früher glaubte man auch, dass die Marienkäfer vor Hexen und Unheil schützen. So sind sie denn bis in die säkulare Zeit hinein zu Glücksbringern geworden. Vielleicht liegt es auch daran, dass man mitten im Winter, manchmal sogar am Weihnachtstag, die Marienkäfer in der Wohnung findet. Vermutlich werden sie mit den Tannzweigen oder anderen, in der Adventszeit als Weihnachtsschmuck üblichen Pflanzen in die Innenräume verfrachtet. Im Freien können sie aber gut überwintern, da sie eigene Frostschutzmittel produzieren. 

Auf dem Foto hat sich ein Marienkäfer auf einer Rosengalle niedergelassen. Letzteres sind Wucherungen an Hagenbutten, also Wildrosen, welche durch andere Käferlarven verursacht werden. Damit sind auf diesem Foto gleich zwei Hinweise auf Maria vereint. So wie es etwa im alten Kirchenlied "Es ist ein Ros entsprungen" von Michael Praetorius anklingt, hier in einer Interpretation von "Vosec Suaves".

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen


Montag, 11. Dezember 2023

Advent mit Markus

Ein Zitat

Das Markusfenster von Albin Engeler in der katholischen St. Markus-Kirche in Schönholzerswilen.
Foto © Jörg Niederer
"Act Now – 'Handelt jetzt': Mit einem sofortigen Umsteuern in der Klimapolitik soll der Ausstoß sämtlicher fossiler Treibhausgase beendet sowie weitere Emissionen massiv reduziert werden." Zweites Ziel der Umweltschutzbewegung Extinction Rebellion

Ein Bibelvers - Markus 1,2+3

"Schon im Buch des Propheten Jesaja steht: 'Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her. Der wird dir den Weg bereiten. Eine Stimme ruft in der Wüste: Macht den Weg bereit für den Herrn, ebnet ihm die Straße."

Eine Anregung

Das Evangelium nach Markus gilt als ältestes Evangelium. Wenn es um Advent und Weihnachten geht, spielt sein Bericht über Jesus keine Rolle. Da gibt es weder Weise noch Könige, weder Hirten noch Engel, weder Krippe noch Stall, weder Josef noch Maria, auch nicht Herodes oder die Jungfrauengeburt. Die adventlichsten Worte bei Markus beziehen sich auf den Täufer Johannes und seine Rolle bei der Ankündigung einer kommenden Zeit der Erlösung.

Wer mit Markus Advent feiert, taucht in die Welt eines Asketen ein, der in der Wüste lebt, sich von Heuschrecken und Honig ernährt und dessen frohe Botschaft die ist, dass man umkehren und dies besiegeln könne durch die Taufe. Dann, nach Einführung des Täufers, erscheint im Markusevangelium der erwachsene Jesus wie aus dem Nichts, lässt sich von Johannes taufen und von einer Stimme aus dem Himmel als "geliebten Sohn" Gottes benennen, wird dabei vom Heiligen Geist erfüllt und in die Wüste geführt um dort 40 Tage den teuflischen Versuchungen zu widerstehen; und als Johannes der Täufer ins Gefängnis geworfen wird, tritt Jesus in dessen Fussstapfen und verkündet: "Die von Gott bestimmte Zeit ist da. Sein Reich kommt jetzt den Menschen nahe. Ändert euer Leben und glaubt dieser Guten Nachricht." (Markus 1,15) 

Advent, das bedeutet nach dem Evangelium von Markus Sinnes- und Lebensveränderung.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen


Sonntag, 10. Dezember 2023

Die 2. Kerze

Ein Zitat

Der herbstlich-winterliche Waldboden zeigt selbst in der dunklen Zeit viel Farbe.
Foto © Jörg Niederer
"Wenn auf der Erde die Liebe herrschte, wären alle Gesetze entbehrlich." Aristoteles (384-322 v.Chr.)

Ein Bibelvers - Jesaja 40,1

"'Tröstet, tröstet mein Volk!', spricht euer Gott."

Eine Anregung

Ich gebe zu, das Foto vom Waldboden ist ein Verlegenheitsbild. Wie soll man auch einen Adventskranz darstellen, an dem an diesem zweiten Advent die zweite Kerze nicht entzündet wird?

In der christlichen arabischen Welt haben die vier Kerzen am Kranz je ihre eigene Bedeutung. Die 1. Kerze ist die Kerze der Prophetie und bedeutet "Hoffnung" und Christuserwartung. Die 2. Kerze ist die Bethlehem-Kerze und steht für die Liebe, die in der Weihnachtskrippe sichtbar wird. Die 3. Kerze ist die Hirtenkerze und repräsentiert die Freude, welche von den Engeln den Hirten auf dem Feld verkündet wurde. Und die 4. Kerze ist die Kerze der Engel. Sie steht für Frieden auf Erden.

Nun rufen die Christen im Nahen Osten dazu auf, die zweite Kerze, also die Bethlehem-Kerze, nicht anzuzünden, in Solidarität mit den Menschen, die im aktuellen Krieg in Israel und dem Gazastreifen unter Not und Tod leiden.

Diesem Aufruf haben sich auch methodistische Werke angeschlossen, so die Methodistenkirche in Grossbritannien, das Missionswerk der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche und der Weltrat methodistischer Kirchen. Dies wird auch begründet. So heisst es im Aufruf: "In diesem Advent laden wir methodistische Kirchgemeinden in aller Welt ein, etwas 'Aussergewöhnliches' zu tun und die Adventskerze am zweiten Adventssonntag (10. Dezember) und an den darauf folgenden Sonntagen nicht anzuzünden." Die Bedeutung des Geschehens solle durch entsprechende Formulierungen in der Liturgie hervorgehoben werden. Weiter heisst es: "Diese unangezündete Kerze wird uns stets daran erinnern, dass wir mit allen, die im Heiligen Land leiden, solidarisch sind."

Persönlich fällt es mir schwer, diese Kerze nicht anzuzünden. Es ist wie ein Einbruch der Not in meine heile, auf Freude, Liebe, Hoffnung und Frieden ausgerichtete Adventswelt. Aber gerade darin, dass es mich nicht kalt lässt, ob die zweite Kerze brennt (oder auch nicht), zeigt sich die Kraft, die in dieser Symbolhandlung steckt.

Zum Aufruf siehe auch den Beitrag in den News der Evangelisch-methodistischen Kirche der Schweiz.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Samstag, 9. Dezember 2023

Lebenswassertürme

Ein Zitat

Der Wasserturm bei der Lokremise St. Gallen diente nur rund rund 40 Jahre seinem eigentlichen Zweck.
Foto © Jörg Niederer
"Türme ziehen Blitze und Ideen an."

Ein Bibelvers - Sprüche 18,10

"Der Name des Herrn ist ein starker Turm. Der Gerechte eilt dorthin und ist in Sicherheit."

Eine Anregung

Da gibt es im Prättigau diese Brücke, die nur da steht, um den Weiler Schuders mit dem Tal zu verbinden. Abseits der Reiseroute nach Davos ist sie aus anderen Gründen weltbekannt geworden. Die Salginatobelbrücke gilt als das bedeutendste Bauwerk von Robert Maillart, eine elegante, aus Stahlbeton erstellte Dreigelenkbogenbrücke mit einer Spannweite von 90 Metern. Sie ist ganz grosse Ingenieurkunst. Auf der ganzen Welt wird sie in technischen Hochschulen als Lehrobjekt beigezogen.

Nun war Robert Maillart ein ausgezeichneter Brückenbauer. Aber auch mit einem bemerkenswerten Wasserspender ist er in die Geschichte eingegangen. In die Geschichte von St. Gallen. Schon 1906 wurde der Wasserturm nach Maillarts Plänen als Betonpionierbau bei der Lockremise errichtet. Den Wasserturm brauchte es, um die Dampflokomotiven mit Wasser zu speisen, sowie als Löschwasserreservoir. Mit der Elektrifizierung der Bahn wurde der Turm bereits um 1940 stillgelegt. Heute beherbergt er das Industrie-Kunstwerk die monumentale Installation "The House of Friction" (Pumpwerk Heimat) von Christoph Büchel (*1966). Da werde ich bestimmt auch einmal hingehen.

Robert Maillart hat im wahrsten Sinn des Wortes Grundlagen geschaffen, damit Menschen zueinander finden können, auf Strasse und auf Schiene. Das ist auch mein Ziel: Das Menschen zueinander finden, einander Wasserspenderinnen und -spender werden: Lebenswassertürme.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 8. Dezember 2023

Badhaus badein

Ein Zitat

Das denkmalgeschützte Badhaus in St. Gallen gehört zur Lokremise.
Foto © Jörg Niederer
"Mit einem Finger allein kann man sich nicht das Gesicht waschen." Sprichwort

Ein Bibelvers - Markus 1,9

"Zu dieser Zeit kam Jesus aus Nazaret in Galiläa zu Johannes. Er ließ sich von ihm im Jordan taufen."

Eine Anregung

Das Badhaus in St. Gallen ist spätestens seit 1980 kein Badhaus mehr. Das mit der Lokremise und dem Wasserturm zusammengehörende Gebäude ist ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. Immer wieder bin ich an diesem Industriegebäude aus dem Jahr 1902 vorbeigefahren. Es wäre mir nicht speziell aufgefallen, würde da nicht in grossen geschwungenen Buchstaben über der Tür "Badhaus" stehen. Einst waren darin Aufenthalts-, Wohn- und Waschräume für Eisenbahnarbeiter untergebracht. Ich stelle mir vor, wie die Männer russgeschwärzt im Haus verschwanden, um nach einer halben Stunde frisch gebadet dem Feierabend entgegenzueilen. 

Heute befinden sich im Haus, dessen Fassade 2022 von Geissmann Architektur renoviert wurde, Büros und Lagerräume für das Kulturzentrum Lokremise und eine Künstlerwohnung. Spannend auch, dass im Treppenhausturm Fledermausbehausungen zu finden sind, und auch Mauersegler hier ihre Nester haben.

Gebadet wird also höchstens noch in der Künstlerwohnung des Badhauses. Wer also ausser Hauses baden möchte, muss andere Badehäuser in St. Gallen oder irgendwo aufsuchen. Ich stelle mir vor, dass das im Advent besonders schön und erholsam sein könnte.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen