Ein Zitat
"Tauziehen ist die abwechslungsreichste Art, mit anderen an einem Strang zu ziehen." Wolfram WeidnerFoto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - 2. Samuel 22,6+7
"Mit Stricken der Unterwelt war ich gefesselt. In Fangnetze des Todes war ich geraten. In meiner höchsten Not rief ich den Herrn."
Eine Anregung
Es war vor etwa fünf Jahren, da ruhte ich mich nach einer 20-Kilometer-Wanderung in extremer Sommerhitze auf einem Parkplatz aus. Gegenüber hing ein Banner, das für einen Seilziehanlass unweit von Freiburg in Breisgau warb. Tauziehen nennt man diese Sportart in Deutschland.
Gestern habe ich gelesen, dass in etwa 5 Jahren die Seilzieh-Weltmeisterschaften 2028 in St. Gallen stattfinden werden. Eine Woche lang werden die Wettkämpfe dauern auf der Sportanlage Gründenmoos.
Seilziehen: Mir kommt der Schulsport in den Sinn, aber auch das Militär. Gezogen habe ich am Seil in Ferienlagern, und im übertragenen Sinn auch schon einmal in der Kirche.
Sehr gut kann ich mich an den Weltrekordversuch von 1984 in Lenzburg erinnern. Damals zogen 880 Personen an einem Strick. Dem hielt das Seil nicht stand, riss mit grossem Knall. Die freigewordene Energie tötete einen Menschen, weitere 24 wurden schwer verletzt und etliche hatten massive Schürfbrandwunden an den Händen oder verloren Finger.
1995 wiederholte sich bei einem anderen Tauzieh-Rekordversuch in Deutschland die Katastrophe. Dort starben zwei Kinder.
Diese Beispiele demonstrieren, welche Kräfte freigesetzt werden, wenn Menschen zusammen an einem Strick ziehen. Miteinander entwickelt man eine unglaubliche Power. Das gilt aber nur, wenn die Beteiligten gemeinsam in die gleiche Richtung zieht. Oft aber neutralisieren sich Menschen mit ihren entgegengesetzten Anliegen. Dann heisst es: Das Seilziehen um dies oder das geht weiter...
In der Bibel findet sich das Bild vom Tod, der uns wie an einem Strick ins Verderben, in die Unterwelt zieht. Doch im Hohelied heisst es auch: "Denn die Liebe ist stark wie der Tod, unersättlich wie das Totenreich ist die Leidenschaft." (Hohelied 8,6) Es ist folglich die Liebe, die der Zugkraft des Todes widerstehen kann.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen