Ein Zitat
"Die im Kraftwerk tätigen Personen akkumulierten 2021 eine Dosis von 329 Millisievert (mSv). Der Dosismittelwert pro Person betrug 0,23 mSv bei einer Streubreite von 0 bis 7,0 mSv. ... Zum Vergleich: Im Jahresmittel beträgt die durch natürliche Quellen bedingte Individualdosis der Bevölkerung in der Schweiz 4,3 mSv bei einer Streuung von 1 bis über 50 mSv." Aus dem Geschäftsbericht des KKW GösgenFoto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Psalm 32,7
"Du [Gott] bist mein Schutz, bewahrst mich vor Bedrängnis. Du umgibst mich mit Menschen, die meine Rettung bejubeln."
Ein Anregung
Bewachen die Pfauenziegen das Atomkraftwerk Gösgen? Ihre Weide führt als schmales Band am Aussenzauns der umstrittenen Energieproduktionsstätte entlang. Sind die Pfauenziegen gefährlich? Wohl nicht. Wie ist das beim Atomkraftwerk?
Seit 1979 wird in Gösgen Strom produziert. Schon 43 Jahre lang leben Menschen in direkter Nachbarschaft. Verantwortlich für die technische Sicherheit ist ein guter Bekannter von mir. Ich kenne ihn aus der Zeit, als ich Pfarrer in der Methodistenkirche Rothrist war. Am Bau beteiligt waren auch mein Vater und mein Onkel, wie fast alle Handwerker aus der Region. 591 Menschen arbeiteten im vergangenen Jahr im KKW Gösgen. Jodtabletten für den Fall der Fälle wurden der Bevölkerung schon vor Jahren abgegeben, aber noch nie gebraucht.
Also kaum eine, die dort lebt und arbeitet, hat noch ein mulmiges Gefühl beim Anblick des Kühlturms und des kugelförmigen Reaktorgebäudes. Man hat sich daran gewöhnt lebt damit und davon.
Und doch ist dieser CO2-neutralen Form der Energiegewinnung in der Schweiz ein Ende gesetzt. Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima und angesichts der ungelösten Probleme bei der Entsorgung von radioaktivem Abfall ist ein Ende absehbar. Wesentlicher noch ist das wirtschaftliche Moment. Strom aus neuen Kernkraftwerken wäre viel zu teuer, der Betrieb schlicht unrentabel. "Gott sei dank" sagen die einen, "dem Herrn sei's geklagt" die andern. Und so sind Atomkraftwerke vom Aussterben bedroht, wie übrigens auch die Pfauenziegen.
Man riskiert wohl nur wenig, wenn man zu den Pfauenziegen ins Gehege steigt. Auf das Gelände der Anlage sollte man dann aber nicht mehr unbefugt vordringen. Wer weiss schon, wie das Wachpersonal reagieren würde? Ob in ihren Waffen Munition vom in Sichtweite entfernten Rüstungsunternehmen zu finden ist?
Die Verantwortung für die Kernreaktorsicherheit ist gross. Die meisten von uns können sich in ihrem Alltag mehr Fehler erlauben, als die Angestellten in der Steuerungszentrale.
Darum die Frage: Würdest du lieber Ziegen hüten, oder für den sicheren Betrieb eines Atomkraftwerk verantwortlich sein?
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde