Samstag, 24. August 2024

Wilde Botanik

Ein Zitat

Jugendlicher Mammutbaum im wilden Botanischen Garten von Frauenfeld.
Foto © Jörg Niederer
"Die Wildnis ist es, die die Welt bewahrt." Henry David Thoreau (1817 - 1862)

Ein Bibelvers - 2. Mose 13,18

"Deshalb liess Gott das Volk einen Umweg machen und führte es durch die Wüste zum Schilfmeer."

Eine Anregung

Der Botanische Garten ist ein Ort der Ordnung. Pflanzen werden sorgfältig kultiviert, jede Art ist lateinisch-deutsch beschriftet.

Nicht so im Botanische Garten Frauenfeld. Am 25. Juli 2003 wurde er eingeweiht im 200. Jahr von Frauenfeld als Kantonshauptstadt. Vielleicht war es damals ein schön geordneter Park, wie es sich für einen Botanischen Garten gehört. Doch in den vergangenen 21 Jahren scheint man ihn sich selbst überlassen zu haben. Eine kleine Wildnis ist entstanden, gut besuchten von den Kantonsschülerinnen und -schülern, irgendetwas zwischen gruselig und romantisch.

Mir gefällt der Ort. Gerade in der Unordnung entdecke ich Vielfalt. In einer ausgetrockneten Dolde der Wilden Möhre verstecken sich Nymphen der Streifenwanze. Eine Heuschrecke zirpt leise vor sich hin. Auf einer anderen Blume sitzt eine Glasflügelwanze. Rabenkrähen vertreiben sich die Zeit unter einer Pergola. Holz modert vor sich hin. Ein Vogel zwitschert den Abend herbei. In der offenen Gartenrondelle sitzen Teenies eng an eng. Ihre Stimmen sind leise, als hätten sie Ehrfurcht vor diesem Ort. Auch der Mammutbaum ist wie die Habwüchsigen noch jugendlich frisch.

In dieser Unordnung kann ich meine Gedanken ordnen. Da wo alles durcheinander ist, wird es in mir still.

Schön, dass es solche Orte gibt, die das Gewohnte sprengen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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