Ein Zitat
Foto © Jörg Niederer |
Ein Bibelvers - Johannes 1,10+11
"Er, das Wort, war schon immer in der Welt. Die Welt ist ja durch ihn entstanden. Aber sie erkannte ihn nicht. Er kam in die Welt, die ihm gehört. Aber die Menschen dort nahmen ihn nicht auf."
Eine Anregung
"Tzimtzum" ist ein Begriff aus der jüdisch-kabbalistischen Philosophie und bedeutet "Konzentration" oder "Kontraktion" (Zusammenzug). Unter dieser Vorstellung aus dem 16. Jahrhundert versteht man, dass sich Gott selbst aus seiner Mitte heraus zusammenzieht oder selbstbeschränkt, damit überhaupt Raum da ist für noch etwas, insbesondere für das Universum oder auch die Menschen.
Ich gebe zu, das habe ich nun sehr vereinfacht beschrieben. Doch die Vorstellung gefällt mir, dass Gott sich zurücknimmt, den Gürtel enger schnallt, sich einschränkt, damit ein Gegenüber werden kann, das Universum, die Erde, das Leben, der Mensch.
In diesen Tagen, in denen wir miterleben, wie weltweit zwischen 40-60% aller Lebensformen aussterben und verschwinden, in denen wir uns in einer Biodiversitätskrise nie gekannten Ausmasses wiederfinden, ist es wichtig, darüber nachzudenken, ob nicht nur Gott, sondern auch wir Menschen uns konzentrieren und selbstbeschränken müssen.
"Sein wollen wie Gott", das ist laut den biblischen Urgeschichten die Krux der Menschen, eine masslose Selbstüberschätzung. Sichtbar wird das auch daran, dass wir immer mehr Raum auf Kosten anderer Geschöpfe einnehmen, immer stärker ins Gleichgewicht der Lebensformen eingreifen, immer weniger Platz neben uns für andere lassen.
Ja, vielleicht sollten wir uns tatsächlich Gott zum Vorbild nehmen in seiner Selbstbeschränkung. Ohne eine solche Selbstkonzentration werden nicht nur Tiere und Pflanzen keine Zukunft haben, sondern auch wir Menschen.
Also: Mache es wie Gott; beschränke dich!
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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