Ein Zitat
"Seelsorge bedeutet für mich: Trotz tiefster Dunkelheit ein Licht zu sehen, das einem Hoffnung gibt und mich bei all meinen Höhen und Tiefen begleitet, mit der Gewissheit, immer jemanden an meiner Seite zu haben." Insasse eines GefängnissesFoto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Lukas 13,12+13
"Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sagte zu ihr: 'Frau, du bist von deiner Krankheit befreit!' Und er legte ihr die Hände auf. Sofort richtete sie sich auf und lobte Gott."
Eine Anregung
Im Kantonsspital St. Gallen bleibt kaum ein Stein auf dem andern. Die Erneuerung und Erweiterung ist in vollem Gang, Baulärm überall zu hören. Auch im Haus 21 im 1. Stock. Dort befindet sich die grosse, geschmackvoll eingerichtet Spitalkapelle. In kaum einem anderen Schweizer Spital findet sich ein ähnlich grosszügiger Raum für die geistlichen Belange. Seit fünf Jahren erst zeigt sich die Kapelle in diesem Kleid. Nischen für die vier Weltreligionen Judentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus im hinteren Teil; alles weitere orientiert sich an den christlichen Traditionen. Selbst einen Taufstein gibt es. Nottaufen kommen da schon einmal vor. Neun Seelsorgerinnen und Seelsorger kümmern sich um die Menschen im Spital; Kranke und Mitarbeitende.
Die Kapelle wird ökumenisch genutzt. An jedem Sonntag finden Gottesdienste statt. Einmal katholisch geleitet, dann wieder evangelisch. Früher gab es noch zwei Kapellenräume, und Gottesdienste wurden gleichzeitig konfessionsgetrennt gefeiert. Heute wäre dies undenkbar. In den Nachtstunden steht jeweils nur ein Seelsorger oder eine Seelsorgerin für Notfälle zur Verfügung. Unter solchen akuten Umständen ist es Menschen nicht mehr so wichtig, ob sie nun von einer evangelischen oder katholischen Pfarrperson begleitet werde. Und so spenden auch die evangelischen Seelsorgenden den katholischen Patientinnen und Patienten die Salbung. Befürchtungen, so die evangelisch-reformierte Spitalpfarrerin Maja Franziska Friedrich, dass dies nicht gewünscht werde, hätten sich als unbegründet erwiesen.
Damit Patientinnen und Patienten den Gottesdienst besuchen können, gehen freiwilligen Mitarbeitende tags zuvor in alle Krankenzimmer, informieren über das Angebot, und sorgen dafür, dass am Sonntagmorgen weitere rund 15 Freiwillige diese Menschen in den Gottesdienstraum begleiten oder transportieren. Einige der Ehrenamtlichen mussten dafür extra noch einen Führerschein machen, um mit einem Zugfahrzeug die Betten aus den Patientenzimmern zur Kapelle und wieder zurück zu befördern. Besonders unter den Männern sie dieser Fahrdienst sehr beliebt, so der römisch-katholische Spitalpfarrer Elmar Tomasi.
Bei der Einweihung der neugestalteten Kapelle betonte der zwischenzeitlich verstorbene jüdische Stadtrabbiner Tovia Ben-Chorin, dass es im ganzen Spital nur einen Raum gäbe, in den Kranke freiwillig gehen können, und dies sei die Spitalkapelle. Doch lange wird sich dieser sakrale Raum nicht mehr in heutiger Gestalt zeigen. Die Spitalkapelle muss einem Neubau weichen. In den neuen Gebäuden ist sie wieder vorgesehen, wieder in gleichen Ausmassen. Das sei unbestritten gewesen, so die beiden Spital-Pfarrpersonen.
Es bleibt also nicht mehr viel Zeit, um sich in diesen Sakralraum zurückzuziehen, aufzuatmen, sich auf einen der Stühle zu setzen, einen Wunsch ins Gebetsbuch zu schreiben, oder an einem der um 10.00 Uhr stattfindenden sonntäglichen Gottesdienste teilzunehmen. Willkommen sind alle, Kranke und Gesunde.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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