Donnerstag, 18. Mai 2023

Ein 70 Jahre altes Liebeszeichen

Ein Zitat

Ein getrocknetes Edelweiss, Zeichen bleibender Liebe.
Foto © Jörg Niederer
"Im Etschthale wird eine zwischen 4 Finger genommene Prise des getrockneten Krautes zur Hälfte in Wasser eingesotten, gegen Diarrhoe getrunken und erweist sich als sehr wirksam." Karl Wilhelm von Dalla Torre (1850-1928) über das auch "Bauchwehblüml" genannte Edelweiss

Ein Bibelvers - Hohelied 2,10-12

"Mein Liebster redet mir zu: 'Schnell, meine Freundin, meine Schöne, komm doch heraus! Denn der Winter ist vorüber, der Regen vorbei, er hat sich verzogen. Blumen sprießen schon aus dem Boden, die Zeit des Frühlings ist gekommen. Turteltauben hört man in unserem Land.'"

Eine Anregung

Die Blüte sieht schon ein wenig wie ein Löwenfüsschen aus mit seinen haarigen Blättern. So wurde das Edelweiss nach seinem lateinischen Namen "Leontopodium" einst benannt. Erstmals tat dies der Botaniker Matthiolus (1501-1577). Weitere Namen sind "Gnaphalium" (Lateinisch für "Filz"), Wollblume, Katzedälpli, Strohblume (wegen der lange Haltbarkeit in getrocknetem Zustand), Jagerbloama und Hanetabbe. Es war Karl Erenbert Ritter von Moll (1760-1838), der im Zillertal erstmals den Namen Edelweiss für diesen kleinen "Stern der Alpen" hörte. Die Pflanze wurde dort zur Geisteraustreibung verwendet. Dass heute fast alle Menschen dieses Blümchen "Edelweiss" nennen, haben wir also den Tirolern zu verdanken.

In diesen Tagen ist mir wieder einmal das getrocknete Edelweiss in die Hände gekommen, das einst mein Vater meiner Mutter aus den Alpen mit nach Hause gebracht hatte. Das muss schon lange zurückliegen, vielleicht 70 Jahre, und noch immer ist das Blümchen nicht zerfallen. Ich kann also dessen lange Haltbarkeit in getrocknetem Zustand bestätigen. Warum ich dieses Zeichen ewiger Zuwendung besitze, liegt wohl daran, dass es mit der Briefmarkensammlung meiner Mutter aus Versehen bei mir in einer Schublade gelandet ist.

Das Edelweiss ist ein Zeuge einer Liebesgeschichte, die schliesslich auch dazu führte, dass ich heute da bin, und über diese botanische Rarität sinnieren kann. Denn in der Schweiz ist das Edelweiss, je nach Kanton, teilweise oder vollständig geschützt.

Es mag also geboten sein, die bösen Geister auf andere Weise als mit einem Edelweiss auszutreiben. Auch für die Liebe braucht es heute weniger sensible Symbole. Zum Beispiel ein Vorhängeschloss an einem Brückengeländer, oder ein Tattoo.

Wie zeigst du deine Liebe zu anderen Menschen? Was ist dein modernes Edelweiss? Und wie bleibt es dir präsent?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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