Donnerstag, 20. Juli 2023

Der älteste Klettersteig

Ein Zitat

"Heute stehen wir vor dem Abgrund, morgen sind wir einen Schritt weiter." Redewendung aus Deutschland

Die Albinenleitern führen einen ausgesetzten Felsriegel hoch, und verbinden seit mindestens 300 Jahren Leukerbad mit einem der schönsten Dörfern des Wallis.
Foto © Jörg Niederer



















Ein Bibelvers - 2. Petrus 2,4

"Gott verschonte ja auch die Engel nicht, die Unrecht getan hatten. Er legte sie in Ketten, die in der Finsternis angebracht sind, und übergab sie damit der Unterwelt [Abyssus - Abgrund]. Dort werden sie bis zum Gericht gefangen gehalten."

Eine Anregung

Wer "Albinenleitern" im Internet eingibt, wird schnell zu eindrücklichen Bildern von einem steilen Bergweg geführt. An anderer Stelle erfährt man, dass es diese Leiternverbindung schon seit mindesten 1781 geben muss. In diesem Jahr wurden die Leitern erstmals in einer Landkarte eingezeichnet.

Bis in die 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts gab es zwischen Leukerbad und Albinen keine andere Verbindung. Auf diesem Weg wurden also zu Fuss all die Güter transportiert. Heute wird der Weg über die acht Leitern nur schwindelfreien und trittsicheren Wandernden empfohlen.

Gestern haben wir diesen Weg begangen; besser gesagt, beklettert. Eigentlich wollte ich nicht, doch meine mutigere Frau ist einfach eingestiegen, auch nachdem uns ein Ehepaar mit Hund begegnete, von denen die Frau nach erstem Augenschein wieder umgekehrt ist. Mann und Hund wären sowieso nicht durchgestiegen und hätten den weniger ausgesetzten Weg über den Strassentunnel genommen. So folgte ich halt notgedrungen meiner abenteuerlustigen Gemahlin. Damit man eine Vorstellung über das Gelände bekommt, habe ich die Albinenleitern vom Hotelzimmer aus in der Übersicht fotografiert. Nur die Leitern 6 und 7 sind zu sehen. Zwischen den Leitern liegt ein gut mit Stahlseilen gesichertes steile Weglein. Hinauf mag es ja noch recht gut gehen. Uns kam ein Ehepaar auf dem Weg hinunter entgegen welches meinte, das sei dann schon eine echte Mutprobe gewesen an einigen Stellen in die Tiefe zu schauen und trotzdem einzusteigen.

Nun, wir haben die Albinenleitern überwunden und sind dabei am Abgrund gestanden, haben über die Bergler gestaunt, welche solche Wege angelegt haben und dann regelmässig durchgestiegen sind. Mut und Gottvertrauen in früheren Jahren. Mut und Sicherungsseile heute. Noch besser wäre Mut, Sicherungsseile und Gottvertrauen.

Übrigens: Gott sei Dank, bin ich keiner der Engel auf der von Jakob geträumten Himmelsleiter (1. Mose 28,10-22). Unvorstellbar, bis in den Himmel auf und absteigen zu müssen, nachdem ich schon nach diesen 100 Metern fix und fertig war. 

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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