Ein Zitat
"Ich glaube an die Gewaltlosigkeit als einziges Heilmittel." Mahatma Gandhi (1869-1948)Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Johannes 8,7
"Als sie [die Schriftgelehrten und Pharisäer] nicht aufhörten zu fragen, richtete er [Jesus] sich auf und sagte zu ihnen: 'Wer von euch ohne Schuld ist, soll den ersten Stein auf sie [eine Ehebrecherin] werfen!'"
Eine Anregung
Der Jura. Naherholungsgebiet vieler Menschen aus dem Schweizer Mittelland. Ein bisschen Indian Summer geniessen auf den Höhen und über dem Nebel. Doch wer oft im Jura wandert, weiss, dass es dort unzählige Festungsanlagen aus dem 1. und 2. Weltkrieg gibt. Was heute so friedlich aussieht, war einst Ort des Widerstands, aber auch Ort, an dem jüdische Menschen in den sicheren Tod in nationalsozialistischen Konzentrationslagern zurückgesandt wurden. Damals behaupteten führende Schweizerinnen und Schweizer, das Boot sei schon voll.
Gewalt geht nie nur von einer Seite aus. Aber jede Gewalt ist aufs Schärfste zu Verurteilen. Ganz besonders, wenn sie Menschen trifft, die den Frieden suchen, die sich für ein friedliches Zusammenleben stark machen.
Gewalt und Schuld beginnen nicht erst mit dem ersten Steinwurf. Wer aber den Stein wirft, kann es nie ohne Schuld tun.
Gewalt und Schuld müssen gar nicht mehr beginnen. Sie haben schon vor langer Zeit begonnen, als ein erster Menschen, vielleicht Kain, neidisch wurde auf seinen Bruder Abel und ihn tötete. Seit diesem Urereignis ist Schuld und Gewalt Bestandteil einer Welt, die keinen Frieden findet.
Steinewerfende stehen in einer Tradition, an der kein Mensch wirklich schuldlos vorbeikommt. Weder die, welche in brutaler Weise nach dem Leben eines Andern trachten, noch die, welche auf Kosten anderer Menschen im Wohlstand leben. Weder die, welche Bedürftigen die Hilfe versagen, noch die, welche vollen Booten beim Kentern zuschauen.
Als Jesus eine Frau vor der Hinrichtung durch Steinigung rettete mit den Worten: "Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein", waren die Richter ehrlich genug, dass sie ihre Steine hinlegten, denn sie waren sich ihrer Schuld bewusst. Wie gut wäre es doch, wenn alle Menschen zu dieser Ehrlichkeit zurückfinden würden. Es wäre der Moment, wo Leben über all die Schützengräben und Heldendenkmäler wachsen könnte. Dann könnte es mit den Jahren so friedlich aussehen wie im Jura, einem Grenzgebirge dessen Grenze aktuell und hoffentlich auf tausende von Jahren offen bleibt.
Ich bete heute für die Opfer des terroristischen Überfalls auf israelische Menschen und deren Angehörigen. Ich bete aber auch für eine wirkliche Lösung für alle Menschen, die im Nahen Osten zuhause sind. Ich bete dafür, dass terroristische Gewalt nicht in gleicher Weise beantwortet wird. Ich bete dafür, dass alle ihr tägliches Brot zu essen bekommen. Ich bete heute: Und bewahre mich vor dem Bösen und vergib mir meine Schuld, so wie ich auch denen vergebe, die an mir schuldig geworden sind.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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