Ein Zitat
"Bei mir wollte ja mal ein Doktor an die Nebenhöhlen ran, da hab ich gesagt, nee, bloss nichts machen. Mein Sound ist doch Gold wert." Udo Lindenberg im Stern Nr. 13/2008, S.214Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Apostelgeschichte 3,5+6
"Der Gelähmte sah zu ihnen auf und erwartete, etwas von ihnen zu bekommen. Doch Petrus sagte: 'Gold und Silber habe ich nicht. Aber was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen von Jesus Christus, dem Nazoräer: Steh auf und geh umher!'"
Eine Anregung
Sie hat 4 Zimmer, ein Klo, eine eigene Quelle, diverse Abstellflächen, ist schön kühl und leider auch etwas feucht. Aber sie liegt unverbaubar in einem Wald und ist geschichtlich von gewisser Bedeutung. Ich spreche vom Bruderloch bei Schönholzerswilen.
Auf dem Weg dorthin deutet nichts daraufhin, dass sich irgendwo da im Wald eine Nagelfluhhöhle verbirgt, künstlich angelegt vor Jahrhunderten, und Ursache mancherlei Geschichten. Es sind Geschichten von Habgier und fehlender Wertschätzung. So sollen einst Heinzelmännchen in der Höhle gehaust haben. Den Bauern halfen sie bei der Arbeit, brachten ihnen in goldenem Geschirr Essen und Trinken. Als ein Bauer diese Behältnisse stahl, verschwanden die kleinen Helfer für immer.
Eine andere Sage handelt von einem Waldbruder, der dort in der Höhle gewohnt haben soll. Von diesem soll der Stollen den Namen haben. Als einst eine Frau dem Waldbruder bei schwerer Arbeit half, soll dieser sie mit Steinen "bezahlt" haben. Die Frau fand das nicht sonderlich prickelnd und warf alle Steine weg bis auf einen, der sich über Nacht in Gold verwandelte. Natürlich suchte die Frau daraufhin nach den anderen Steinen, doch diese blieben unauffindbar.
Wie diese beiden Geschichten ist vielleicht auch die vom Einsiedler Bruder Friedrich von Nürnberg erfunden. Er soll als Geächteter in der Höhle gehaust und später auf dem Nollen eine Pfarrei gegründet haben.
Am Wahrscheinlichsten wurde diese Höhle, wie auch weitere in der Region, als Zufluchtsort für die Dorfbevölkerung errichtet. Ein Ort, wo man sich vor marodierenden Horden in Sicherheit bringen konnte. Auch für heidnisch-religiöse Praktiken könnte der 18 Meter lange Gang gegraben worden sein.
All diese Geschichten und Vermutungen bleiben spekulativ. Dass die Dorfbevölkerung von Schönholzerswilen früher jeweils den ersten Maisonntag mit Tanz und Jubel, Gesang und Feuer in der Höhle feierte, kann gut sein. Beim Tanz bin ich mir aber nicht so sicher, war dieser doch in protestantischen Gegenden an Sonntagen lange Zeit verboten.
Immerhin wollen die Sagen über das Bruderloch vielleicht weniger das Loch erklären, als die Menschen davor bewahren, gold- und geldgierig zu werden. Genauso mahnen die Sagen dazu, für alle Geschenke dankbar zu sein, und würden sie noch so sehr als monetär wertlos gelten (wie die Steine). Manch banales Mitbringsel zeigte seinen Wert erst auf den zweiten Blick.
Anders herum gilt auch: Ein gestohlener 300jähriger Grenzstein wird wohl nie zu Gold. Das können sich die Diebe abschminken, welche 2019 zulangten. Aus dieser nebulösen Aktion wird auch in hundert Nächten kein Gold und kein Gewinn.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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