Samstag, 7. Oktober 2023

Brechsand

Ein Zitat

Kieswerk in Weinfelden mit verschiedenen Sandqualitäten.
Foto © Jörg Niederer
"Das Gute in Felsen schlag - dass du es siehst jeden Tag / Das Böse schreibe in Sand - mit den Wellen es verschwand" Jo Dantes

Ein Bibelvers - Sprüche 27,3

"Stein und Sand sind schwere Lasten. Aber schwerer als beide wiegt der Ärger, den du mit einem Dummkopf hast."

Eine Anregung

Das Kieswerk in Weinfelden ist weitherum und ganz besonders vom Zug aus gut zu sehen. Als ich vor einigen Tagen daran vorüberging, viel mein Blick auf Beschriftungen an einem grossen Gebäude. Nebst den Anschriften 4/8, Sand 6, Sand 5 und 8/16 stach mir besonders der Ausdruck "Brechsand" ins Auge. 

Ich musste sofort an die Hollandferien meiner Kindheit denken, an die Zeiten am Strand. Dort, im steten Wind, der vom Meer her blies, konnte man keinen Bissen nehmen, ohne dass Sandkörner zwischen den Zähnen knirschten. Vollends unangenehm wurde es, wenn man beim Herumtollen mit offenem Mund in den Sand fiel. Das artete in ein hysterisches Spucken aus, und wenn es ganz schlimm kam, wurde der Sand mit weiteren biologischen Zusatzstoffen den Dünen übergeben - sprich: erbrochen.

Bisher wusste ich nicht, dass solcherart Sand einen Namen trägt: "Brechsand"! Wobei, dass dieser Sand extra hergestellt wird, fand ich doch etwas dekadent. Statt die Stäbchen, welche sich die alten Römer in den Hals steckten, um so den Brechvorgang auszulösen und Platz für weitere Tafelfreuden zu machen, kennen wir nun also den Sand - den Brechsand?

Natürlich nicht. Brechsand hat nichts mit dem Übergeben und Erbrechen zu tun. Brechsand ist ein Qualitätsprodukt, wie ich zwischenzeitlich herausgefunden habe. Brechsand nennt man künstlich produzierten Sand mit Korngrössen von 1-5 Millimeter. Normaler Sand dagegen ist bis 2 Millimeter gross. Brechsand ist scharfkantig, schwer und doppelt so teuer wie anderer Sand. Im Gartenbau hemmt er als Fugensand das Wachstum der Pflanzen. Das zarte Grün findet die scharkantigen Brechsandkörner wohl zum Kotzen. Doch ganz verhindern kann auch Brechsand nicht den Lebenswillen der Pflanzen. Diese brauchen einfach etwas länger durch die sandig kratzende Masse. Schlussendlich brechen die zarten Pflanzen selbst durch den Brechsand hindurch. Eins zu Null für das Leben, das sich nicht brechen oder hindern lässt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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