Ein Zitat
Foto © Jörg Niederer |
Ein Bibelvers - Johannes 9,6
"Nachdem er [Jesus] das gesagt hatte, spuckte er auf den Boden. Aus der Erde und dem Speichel machte er eine Paste und strich sie dem Blinden auf die Augen."
Eine Anregung
Ich weiss, Jesus heilte mit Spucke. Und früher putzten Mütter damit den Kindern Essensreste aus dem Gesicht oder glätteten so deren Haare. Tatsächlich enthält Spucke Substanzen, die gegen Bakterien und Viren wirken, darunter auch Opiorphin, das Schmerzen lindert. Doch Spucke enthält auch rund 800 unterschiedliche Bakterien. Vor 45 Jahren hingen in den Umkleidekabinen meines Arbeitgebers etwas vergilbte Plakate, auf denen vor der Übertragung von Tuberkulose durch Spucke gewarnt wurde. Spätestens seit Corona wissen auch wir wieder, dass durch Spucke so manche Krankheit weitergegeben wird. Wenn also Spucke bei der Wundbehandlung zum Einsatz kommen soll, dann nur die eigene.
Doch das scheint keinen Menschen zu kümmern. Bei jeder Sportübertragung, bei der die Akteure das Gesicht nicht hinter einem Visier oder Helm verstecken und bei dem sie sich im Freien bewegen, wird gespuckt, was das Zeug hält. Da will die Fernsehkamera den Superstar bei den Rennvorbereitungen filmen, doch jedes Mal, wenn er ins Bild kommt, spuckt er auf den Boden. Es vergeht kein Tag, an dem ich auf meinem Arbeitsweg nicht der Spucke anderer ausweiche. Alle spucken sie auf den Boden, bevorzug die Männer, und etwas weniger, wenn sie in Begleitung von Frauen unterwegs sind. Es spucken selbst die Patrioten, die so stolz sind auf die Schweiz, ganz ungeniert auf diese.
Darum sei das einmal gesagt: Ich mag es nicht, wenn man auf das Land spuckt, dem ich so viel zu verdanken habe. Ich mag es nicht, diese Spuckerei, die in unserer Gesellschaft so eingerissen hat. Wer dann auch noch direkt Menschen anspuckt, erfüllt den Straftatbestand einer Tätlichkeit.
Unlängst habe ich in der Zeitung von der Schlottergotte gelesen. Das war bei Kindertaufen die Ersatzpatin, die zum Einsatz kam, wenn aus irgend einem Grund die Taufgotte verhindert war. In manchen Gegenden gehörte die Schlottergotte auch fest zur Taufe dazu und trug jeweils den Täufling. Zusammen mit Gotti und Götti wurde dieses Dreiergespann "Schlotterete" oder "Gschlötter" genannt.
"Schlottrig" steht für wackelig, zittrig, lose herabhängend. Man könnte auch "schlampig" sagen. Und so kommen wir von der Schlottergotte langsam aber sicher wieder zur Spucke, zum Schlämpe, oder Schlämperlig. Oder noch einmal anders: Wer andern einen "Schlötterlig anhängt" bezeichnet diese oder diesen mit einem Schimpfwort oder unerwünschtem Übernamen. Jeder Mensch weiss was eine "Schlampe" ist, und keine Person will so bezeichnet werden.
So genug des Unappetitlichen! Ich wünsche uns einen Tag ohne angehängte Schlötterlige, ohne Spuckattacken und mit blitzblank gefegten, minen- und stolperfallenfreien Wegen unter den Füssen.
(Wer aber jetzt vom "Speuz" immer noch nicht genug hat, mag bei einem "Bergler auf Abwegen", beim Muger, reinschauen.)
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen