Samstag, 11. März 2023

Zweifeln

Ein Zitat

Die Dekonstruktion ist wie eine Wanderung im Nebel. Beim Voranschreiten werden Ansichten klarer, verlieren ihre geheimnisvolle Aura, mutieren zu banalen oder bedeutungsvollen Erkenntnissen.
Foto © Jörg Niederer
"Wenn ich zurückschaue, und realisiere, wie hartherzig ich mit Menschen war, die abgetrieben haben, dann wird mir 'im Fall halbe schlecht' denn ich habe doch ein Bild von mir, dass ich ein Menschenfreund bin..." Sarah Staub im Podcast über Dekonstruktion.

Ein Bibelvers - 1.Thessalonicher 5,21

"Prüft aber alles und behaltet das Gute."

Eine Anregung

Früher hörte man Radio, heute hört man Podcasts. Dani und Sarah produzieren einen solchen Podcast. Dabei diskutieren sie, launisch, fundiert, frisch von der Leber weg, ohne Scheuklappen und ohne Selbstzensur. Sie bezeichnen sich als Ex-Evangelikale, die irgendwie schon noch glauben, ohne ganz sicher zu sein, an was genau.

Sarah Staub ist Mitarbeiterin bei GemeindeEntwicklung der Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz. Daniel Schönknecht ist Theologiestudent im Masterstudium, und engagiert sich im Asylbereich. "Ja voll!" ist eine der Floskeln von Dani. Und Sarah möchte gerne ein Vogel sein, um einigen Zeitgenossen so richtig und echt auf den Kopf zu scheissen. 

"Dekonstruktion" ist ihr erstes Thema. Schliesslich heisst der Podcast: "Zweifel-Club". Zwei junge Menschen sind darin auf der Suche nach einem erwachsenen Glauben. Auf diesem Weg der Dekonstruktion geht es um den Abbau falscher, überlebter Glaubensvorstellungen.

Es ist den beiden abzuspüren, dass das, was sie da diskutieren, sie selbst betrifft. Sie sprechen aus Erfahrung, wollen mit Vernunft dem Glauben begegnen, schöpfen aus den christlichen Quellen und finden für sich zu einer neuen Synthese ihres postmodernen Bibelverständnisses. Schrift, Vernunft, Tradition und Erfahrung sind das Quadrilateral eines John Wesleys. So gesehen ist das auch ein methodistischer Podcast.

Auf die Frage, für wen der Podcast nicht bestimmt sei, sagen sie: "Unseren Podcast würde ich Leuten nicht empfehlen, die für sich sehr klar definiert haben: Was ist gut? Was ist richtig? Und die sich nicht darauf einlassen können, dass für andere vielleicht anderes gut und richtig ist… Wenn jemand sehr empfindlich ist – oder ruhigere Podcasts lieber hat, dann lieber was anders hören…!"

Ich vermute, mit dieser negativen Empfehlung haben sie nun auch die Leute angefixt, die gerne anderen den Glauben absprechen und die sich ärgern wollen. Doch es hat bestimmt auch etliche, die an den Ausführungen der beiden grosse Freude finden werden.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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