Ein Zitat
"Wer Wasser predigt und Wein trinkt, fordert von anderen (oft heuchlerisch) Verzicht, Zurückhaltung, Bescheidenheit, Genügsamkeit etc., ist selbst aber ganz im Gegenteil dazu besonders verschwenderisch und genusssüchtig." aus: KarpatenblattFoto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Matthäus 21,28-31
Jesus: "Was meint ihr zu folgender Geschichte: Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: 'Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg!' Aber der antwortete: 'Ich will nicht!' Später tat es ihm leid, und er ging doch. Genauso bat der Vater seinen zweiten Sohn. Der antwortete: 'Ja, Herr!' Aber er ging nicht hin. Wer von den beiden Söhnen hat getan, was der Vater wollte?"
Eine Anregung
Das Reiseverhalten der Klimajugend mag vielen inkonsequent erscheinen, wenn diese zugleich das Fliegen nicht lassen kann oder will. Wenn also Kantischülerinnen und -schüler per Flug nach Italien die Maturareise antreten, wird ihr Verhalten sofort hinterfragt. Wie wenn alle an der Kantonsschule zur Klimajugend gehören würden.
Oft wird dann das bekannte Sprichwort vom Wasser predigen und Wein trinken ins Feld geführt.
Nun, was ist besser? Wasser predigen und Wein trinken? Oder Wein predigen und Wein trinken? Sieht man genauer hin, lebt wohl kein Mensch ohne Widersprüche. Die Einstellung und das, wozu wir auffordern, steht nur zu oft im Gegensatz zu dem, was wir tun. Wer dann sowohl Wein predigt und Wein trinkt, ist in dieser Sache immerhin eindeutig. Und doch halte ich es für besser, wenn ein Mensch Wasser predigt und Wein trinkt. Den dieser verführt zumindest verbal nicht andere zum Weintrinken. So ein Mensch tut nicht so, als sei Fliegen noch zeitgemäss und angebracht. So ein Mensch weiss, wenn er ins Flugzeug steigt, dass das, was er oder sie tut, nicht hilft bei der Erreichung der Klimaziele.
Also lieber inkonsequent für den Klimawandel einstehen, statt konsequent dagegen reden und handeln. Lieber Wasser predigen und Wein trinken statt Wein predigen und Wein trinken.
Was aber ist von denen zu halten, die Wein predigen und Wasser trinken? Das müssen ganz schräge Asketinnen und Asketen sein, welche sich der Welt durch Destruktion so schnell wie möglich entledigen wollen. So im Sinn: Ich verleite alle dazu, die Welt zu zerstören und wasche dabei meine Hände in Unschuld, denn ich beteilige mich ja nicht an der eigentlichen Tat.
Bleibt noch die letzte Version: "Wasser predigen und Wasser trinken". Das wäre natürlich für den Weiterbestand der Erde ideal. Minimaler Fussabdruck und maximale Überzeugungskraft für das Richtige. Irgendwie erscheint mir diese Haltung wie das Profil von Jesus. Aber sonst glaube ich nicht, dass es Menschen gibt, die heute so leben können. Paulus würde wohl sagen: "Alle haben gesündigt!" (Römer 3,23). Alle leben inkonsequent. Alle sollten nicht zu schnell mit den Fingern auf andere zeigen.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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