Mittwoch, 2. August 2023

Absturzkreuz

Ein Zitat

Erinnerungskreuz an zwei tödlich verunfallte russische Jugendliche ausgangs Leukerbad.
Foto © Jörg Niederer
"Herr, segne uns auf unseren Straßen! Herr, behüte uns, wenn wir unterwegs sind! Herr, begleite uns mit deiner Fürsorge! Herr, beschütze uns in Not und Gefahr! Herr, bewahre uns vor Unfall und schnellem Tod! Herr, bring uns ans Ziel durch deine gute Hand!" Kurt Rommel (1926-2011)

Ein Bibelvers - Psalm 56,14

"Denn du [Gott] hast mein Leben dem Tod entrissen! Meine Füße hast du vor dem Sturz bewahrt. So kann ich meinen Weg vor Gott gehen, im Licht, das mir das Leben schenkt."

Eine Anregung

Unterwegs auf Strassen finden sich immer wieder kleine Mahnmale, oft Kreuze oder auch Steine, die an Verkehrsunfälle erinnern. Stehen diese Kreuze und Inschriften in den Bergen oder an Wanderwegen, dann ist meist ein Absturz die Todesursache. Wenn ich an solchen Markierungen vorbei komme, frage ich mich jeweils nachdenklich, was wohl geschehen ist.

Auf dem Wanderweg zwischen Leukerbad zu den Albinenleitern steht ein solches einfaches Metallkreuz im Wald. Eine Inschrift erinnert an zwei junge Männer. Auf Englisch steht geschrieben: "Gott rette und bewahre. Albuzov Alexey, November 01, 1990 / Voronin Evgeniy, August 11, 1986. Am 11.01.2006 wurde das Leben von zwei prächtigen Jungs abgebrochen. Ruht in Frieden und für immer unvergessen." Unter dem Kreuz blühen Begonien in schönstem Rot. 

Was geschehen war, lässt sich aus einer sachlichen, kurzen Meldung der Nachrichtenagentur SDA entnehmen. Die beiden jungen russischen Männer fuhren auf Skis und Snowboard die schwarz markierte Waldpiste zwischen der Bergstation Rinderhütte Richtung Talstation Flaschen hinunter. Aus unbekannten Gründen verliessen sie diese Piste und stürzten im unwegsamen Gelände zu Tod. Auf der Übersichtskarte des Skigebiets Torrent ist die Waldpiste talseitig mit Gefahrenhinweisen versehen. Wer von Leukerbad hinaufschaut, sieht auch warum. Ein Felsrigel zieht sich über die gesamte Länge. Abgesehen von einer sehr schweren FIS-Abfahrt, der Alten Staffel, ist da kein Durchkommen.

Wussten das die beiden Jugendlichen nicht? Hatten sie sich im Gelände verfahren? Wollten sie abkürzen auf dem Weg nach Hause? Für zwei Familien ist Leukerbad zu einem traurigen Erinnerungsort geworden.

Wandernde gehen an diesem Kreuz vorbei, so wie auch wir es getan haben. Vielleicht denken wir dabei selbst an Meschen, die uns genommen wurden, an Schicksale, an traurige Augenblicke. Vielleicht trösten wir uns: "Sie starben wenigsten bei der Ausübung von dem, was ihnen Freude bereitete." Ein Pfarrkollege sagte mir einmal, dass für ihn ein Absturz in den Bergen nicht das Schlimmste wäre. Das Leben wäre dann in einem Moment vorbei, ohne langes Leiden, ohne das hilflose Warten auf den Tod in einem Pflegeheim. Doch dann nimmt das Leben seinen Lauf, es kommt anders, als wir es uns ausmalen.

"Gott rette und bewahre!" Was auf diesem Absturz-Kreuz in Leukerbad steht, möge heute für uns alle geschehen. "Gott rette und bewahre!"

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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