Ein Zitat
"Man selbst bleibt ja derselbe - nur die anderen finden einen peinlicherweise alt." Alice Schwarzer (*1942)Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Römer 1,16a
"Denn ich schäme mich nicht für die Gute Nachricht. Sie ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt..."
Eine Anregung
Es sieht schon irgendwie lustig aus. Das Trailrunner-Paar ist im Bus auf dem Weg zum Ausgangspunkt ihres schweisstreibenden Unterfangens. Beide diskutieren über den Weg und eine wohl neu installierte App auf dem Handy. Den kleinen Rückenbeutel haben sie ausgezogen und tragen ihn nun über den Knien. Das machen wohl alle Trailrunnerinnen und -runner so, wenn sie sich hinsetzen. Aber es sieht halt schon ein bisschen aus, als hätten sie da nebeneinander die Hosen runtergelassen. Wären nicht die Trinkflaschen, könnte man meinen...
Wir dagegen sitzen in unseren abgetragenen Wanderkleidern da. Alte T-Shirts, Hosen die für schön nicht mehr durchgehen. Vielleicht denken auch die beiden neben uns: Die sehen schon irgendwie lustig aus in ihren alten Sachen.
Doch bei ihnen wie bei uns gilt: Praxis vor Ästhetik. Hinzu kommt noch diese Synchronizität der Handlungen. Das jeweilige Paar gleichen sich nicht nur, beide tun auch noch das Gleiche und sprechen über das dasselbe. Paartanz. Was um sie herum geschieht ist höchstens noch Szenerie. Was andere mitunter als peinlich oder schräg an beiden wahrnehmen, ist ihnen total egal, ja sie bemerken es nicht einmal.
Da frage ich mich: Wie wichtig ist mir das, was andere über mich sagen und denken?
Mir kommt eine Begegnung im Zug in den Sinn. Nach der Toilette trockne ich jeweils meine Hände nicht unter dem Gebläse. Wozu auch zusätzliche Energie verbrauchen, wenn der manuelle, mechanische Weg erst noch schneller ans selbe Ziel führt. Also reibe ich die Hände hinten an den Hosen trocken. Die Wanderhosen werden dabei schnell sichtbar nass, aber genauso schnell auch wieder trocken. Als ich einmal so zurück zum Abteil ging, musste das für eine ältere Frau, sie wirkte selbst etwas skurril und schrullig, ausgesehen haben, als wäre auf der Toilette ein Unglück geschehen. Oder dann war es wie bei diesen Hosen, die meist nur Frauen tragen, bei denen der Handabdruck an einschlägiger Stelle farblich abgehoben gut sichtbar ist. Jedes Mal also, wenn in der Folge diese Frau verstohlen zu mir herüber blickte, brach sie in unterdrücktes Lachen aus und schaute schnell wieder weg.
Noch einmal die Frage: Wie wichtig ist mir das, was andere über mich sagen und denken? Es ist eine Frage, die auch die Art und Weise bestimmt, wie ich zu meinem Glauben stehe. Schäme ich mich des Evangeliums (nicht)?
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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