Mittwoch, 5. April 2023

Sodom und Gomorra

Ein Zitat

Das Fort de Vaud, Kriegsschauplatz im ersten Weltkrieg, unweit von Verdun.
Foto © Jörg Niederer
"Harret in Sodom aus! Die Welt ist ein Sodom, in Sodom müssen wir leben. Wenn du nur die Guten ertragen kannst, was tust du Gutes?" Martin Luther (1483-1546), Reformator

Ein Bibelvers - 1. Mose 18,32

"Abraham redete weiter: 'Mein Herr, sei mir nicht böse, wenn ich noch ein letztes Mal das Wort ergreife. Vielleicht gibt es dort [in Sodom und Gomorra] nur 10 Gerechte.' Er erwiderte: 'Wegen der 10 werde ich die Stadt nicht zerstören.'"

Eine Anregung

Die Städte Sodom und Gomorra sind sprichwörtlich. Im negativen Sinn wird dabei ausgedrückt, dass an einem Ort ausnahmslos Unrecht, Ausschweifung und Gewalt herrschen. Sodom und Gomorra stehen in der Bibel für die vollkommene Verderbtheit einer Gesellschaft. Aufgezeigt wird dies in den biblischen Texten durch die totale Missachtung der Gastfreundschaft, ja in der Bereitschaft der Stadtbewohnenden von Sodom und Gomorra, selbst Gäste und Fremde in jeder Form zu missbrauchen und zu demütigen (1. Mose 19). Es geht um die Entmenschlichung der andern. Etwas, das besonders auch in Kriegen geschieht. Deshalb ein Bild von einem Ort des Kriegs; das Fort de Vaud unweit vom Weltkriegsfriedhof Verdun im Norden Frankreichs.

Sodom und Gomorra sind negativ besetzt. So war ich doch irritiert, als meine gute Bekannte Maria B. davon sprach, sie halte sich sowieso an das "Sodom-und-Gomorra-Prinzip". Nun meinte sie damit natürlich etwas anderes, als die total Missachtung der Würde von Menschen. Sie meinte genau das Gegenteil. Falls 10 Gerechte in Sodom und Gomorra leben sollten, solle Gott die Städte nicht zerstören. Das rang ein feilschender Abraham einst Gott ab (1. Mose 18,23-33). Auch wenn es "nur" 10 sind, dann ist das schon eine gute Sache. Das meinte Maria B. mit dem Sodom-und-Gomorra-Prinzip.

Ich frage mich immer, warum einst Abraham nicht versucht hat, Gott auf eine Person herunterzuhandeln. Ich könnte mir vorstellen, Gott wäre auch darauf eingegangen. Denn jedes Leben zählt. Jeder Mensch ist von Gott geliebt. Wie wir von Jesus wissen, sind sogar die Ungerechten von Gott geliebt; ja auch die, welche immer in den andern die Ungerechten sehen.

Es war Jesus selbst, der sich als Gerechter mit seinem Leben und Sterben einsetzte für die Ungerechten, oder anders gesagt: Für eine Welt in der Sodom und Gomorra nach wie vor eine traurige Realität ist.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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