Samstag, 1. April 2023

Farbenfroh und tiefsinnig

Ein Zitat

Bild von Hedi Fussenegger aus der Ausstellung im Domzentrum St. Gallen.
Foto © Jörg Niederer
"Ich frage Jesus: Was kochen wir heute? Was machen wir jetzt? / Oder ich schlage ihm etwas vor, / was immer wir tun, eins fliesst aus dem andern heraus – alles auf IHN / zu – in die Ewigkeit hinein." Hedwig (Hedi) Fussenegger, als sie für eine Woche als Eremitin in der Wiborada-Zelle St. Gallen wohnte.

Ein Bibelvers - 1. Samuel 3,18+19

"Christus hat einmal für die Sünden gelitten: Der Gerechte litt für die Ungerechten. So sollte er euch zu Gott führen: Sein Körper wurde zwar am Kreuz getötet, aber durch den Geist Gottes wurde er wieder lebendig. Dabei ging er auch zu den Geistern ins Gefängnis und verkündete die Gute Nachricht."

Eine Anregung

Endlich bin ich dazu gekommen, die Bilder von Hedi Fussenegger, die sie bis Anfangs April im Domzentrum St. Gallen ausstellt, anzuschauen. Sie zeigen abstrakte Figuren, Kreise, Linien, Bänder, Kleckse, die sich harmonisch zusammenfügen. Es gibt Berührungen, Gabelungen, Strukturen, Dinge, die wie Pflanzen aussehen. Mir gefallen die Farben. Besonders die Farben. 

Hedi Fussenegger wohnt seit einigen Monaten im Kapellen-Wohnhaus der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen. Sie ist mit Leib und Seele Katholikin, mit ökumenischer Weite und Offenheit.

2022 war sie die 11. Inklusin für das Wiborada-Projekt. Die 11. Inklusin – das bedeutete, dass sie überzählig war, quasi auf der Ersatzbank, in Warteposition. Aber nicht nur. Statt dessen zog sie im April als Eremitin in die Wiborada-Zelle, eine weitere Möglichkeit, sich mit der St. Galler Stadtheiligen zu beschäftigen und mit dem eigenen Glauben. In einem Blog fasste sie Gedanken aus dieser Zeit zusammen; verdichtet, aufs Wesentliche bezogen:


In der kalten Nacht, am Anfang, war ich in Gedanken in einem Bunker
in der Ukraine – in einem Flüchtlingslager
Die Decken waren dünn, Kinder weinten
Die Bomben liessen die Zelle zittern. Dann wieder unheimliche Stille.
Ich überlegte, was ich noch teilen könnte, wie in diesen Umständen Leben geht … wie Liebe sein ?

Ich glaubte, dass Gott da hineingeht! In das ganze Chaos.
ich wollte es mit aller Kraft glauben 

Hinabgestiegen zur Hölle – Was tut er in der Unterwelt (fragt Hans Urs v. Balthasar in seinem Credo)
ER BRINGT LIEBE HIN. Er geht überallhin, bringt überall Liebe hin!
Wissen wir das? Glauben wir das?
Das gilt es zu glauben! Ich glaube!

Am Morgen bin ich nicht müde nicht gerädert 
wundre mich nur, dass ich überlebt habe. 


Zurück zu den Bildern. Auf einem handgeschriebenen Zettel zur Ausstellung steht: "Anlässlich meines Umzugs in eine kl. Wohnung habe ich keinen Platz mehr für diese Bilder - Ich möchte sie weitergeben oder verkaufen, um in Zukunft nur noch Ikonen zu malen." Einige Bilder sind schon verkauft. Ich aber möchte nun gerne auch die Ikonen von Hedi Fussenegger sehen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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