Dienstag, 4. April 2023

Verklickern

Ein Zitat

Der Huflattich gehört zu den frühblühenden Pflanzen und kündet damit die Zeit des Erwachens nach dem Winter an.
Foto © Jörg Niederer
"Mein Vater pflegte zu sagen: Sprich nicht lauter, argumentiere weiser." Desmond Mpilo Tutu (1931-2021) anglikanischer Geistlicher und Menschenrechtler aus Südafrika

Ein Bibelvers - Jesaja 28,11+12

"Ja, Gott spricht zu diesem Volk mit gestotterten Wörtern und unverständlicher Sprache. Dabei hat er einst in klaren Worten zu ihnen gesagt: 'In diesem Land findet ihr Ruhe, darum lasst die Erschöpften ausruhen. Hier ist ein Ort zum Aufatmen.' Doch sie wollten nicht hören."

Eine Anregung

Wir unterscheiden verbale und nonverbale Kommunikation. Beides zeigt sich nicht nur bei Mensch und Tier, sondern, wie ich vor einigen Tagen im St. Galler Tagblatt lass, auch bei Pflanzen.

Bisher war unklar, ob Pflanzen gezielt Töne von sich geben. Zwar kann man mittels Spannung in der Pflanze diese zum Erklingen bringen. Doch dann nutzt man sie lediglich wie einen Resonanzkörper, ein Musikinstrument. 

Nun haben Forscherinnen und Forscher aus Israel in einem aufwendigen Verfahren herausgefunden, dass Bäume, Sträucher und Blumen tatsächlich selbstproduzierte Töne von sich geben. Es sind Klickgeräusche im Bereich von 40-80 Kilohertz, zu hoch, als das wir Menschen sie ohne Hilfsmittel hören könnten; Fledermäuse, Mäuse und Insekten jedoch schon. Gesunde Pflanzen klicken einmal pro Stunde. Pflanzen die verletzt wurden oder an Wassermangel leiden, klicken deutlich häufiger und auf eine ganz eigene Art, so dass die Pflanze und ihr Leiden aufgrund des Geräusches erkannt werden können.

Pflanzen "sprechen" aber nicht nur mittels Klickgeräuschen. Sie senden chemische Signale aus, etwa um andere Pflanzen vor Fressfeinden zu warnen oder die Feinde ihrer Feinde anzulocken. Sie tauschen Informationen übe das Wurzelwerk aus. Über Farben und ultraviolette Muster rufen Blumen ihre Bestäuberinnen und Bestäuber herbei. Zwischen Blüten und Bienen findet auch ein "Gespräch" mittels elektrischer Spannung statt. Wenn eine Biene die Blühte besucht hat, ist diese für einige Zeit nicht mehr negativ geladen. Eine nachfolgende Biene erkennt dran, dass da gerade nichts mehr an Nahrung zu holen ist, und fliegt weiter zur nächsten Futterpflanze.

Manchmal sprechen wir von "verklickern" wenn wir etwas erklären oder eine Person über einen bestimmten Sachverhalt aufklären. Genau das tun also die Pflanzen schon seit Ewigkeiten; der Welt und uns etwas verklickern. Jetzt langsam geht uns dabei ein Licht auf, wir fangen an, sie zu verstehen. Das hat ja sehr lange gedauert. 

Hoffentlich dauert es etwas weniger lang, bis die Menschheit lernt, mit der Sprache der Liebe die Sprache des Hasses zu ersetzten. Dazu gehört auch, dass wir ganz genau hinhören. Als würden wir dem Klicken der Pflanzen lauschen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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