Montag, 12. September 2022

Vertrautheit

Ein Zitat

Ein Paar spaziert Hand-in-Hand über einen Feldweg
Foto © Jörg Niederer
"Nur Vertrauen führt zu Vertrautheit. Beide Wörter haben ein- und dieselbe Wurzel." Ernst Ferstl, österreichischer Lehrer, Dichter und Aphoristiker

Ein Bibelvers - Psalm 139,1+2

"Herr, du hast mich erforscht und kennst mich genau. Ob ich sitze oder stehe: Du weißt es. Meine Absicht erkennst du von fern."

Ein Anregung

Wer in einer langdauernden Gemeinschaft lebt, kennt es vielleicht auch. Was zu Beginn der Beziehung noch für Drama sorgte und total verunsicherte, das ist mit zunehmender Vertrautheit kein Grund mehr zu Panik und Sorgen. Genau darum wohl finde ich mich in den Worten von Malachy Tallack, wenn er im Buch "Das Tal in der Mitte der Welt" das ältere Ehepaar Mary und David beschreibt: "Mary hatte Jahre gebraucht, um zu verstehen, wie sie mit ihrem Mann umgehen musste, wenn er so war, wenn er auf diese Art in sich selber verschwand, wie eine sich schliessende Muschel, wenn er die Welt aussperrte. Das war so anders als die Offenheit, die sie an ihm liebte, so anders als der David, den alle anderen kannten." (ebd. S. 203) 

Was von Mary gesagt wird, das scheint mir, könnte auch von meiner Frau gesagt werden. Sie hat gelernt mit meinen Macken umzugehen. Ich werfe sie nicht mehr so leicht aus der Bahn. Sie kennt mich. Ich empfinde das als ein grosses Geschenk.

In der Bibel lese ich, dass Gott uns Menschen durch und durch kennt. Und so bin ich sicher, dass Gott durch nichts, was wir Menschen an Macken und Fehlern haben, was wir tun oder lassen, aus der Bahn geworfen wird. Er weiss, wie er uns nehmen muss, lässt uns Zeit, lässt uns im Fallen nicht los, hält uns in seiner Gegenwart. Ich empfinde das als ein grosses Geschenk.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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