Ein Zitat
"Wie oft sind es erst die Ruinen, die den Blick freigegeben auf den Himmel." Viktor Frankl (1905-1997)Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Josua 10,12-14
"Damals betete Josua zum Herrn. Es war an dem Tag, an dem der Herr die Amoriter den Israeliten preisgab. Vor den Augen der Israeliten sprach er: 'Sonne, steh still über Gibeon, und du, Mond, über dem Tal von Ajalon. Da stand die Sonne still und der Mond blieb stehen, bis das Volk Rache genommen hatte an seinen Feinden. Und so ist es aufgeschrieben im Liederbuch der Helden. Die Sonne blieb also mitten am Himmel stehen und bewegte sich nicht von der Stelle. Das dauerte fast einen vollen Tag. Nie wieder gab es einen solchen Tag wie diesen, weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft. Der Herr hörte auf die Stimme eines Menschen. Ja, der Herr selbst kämpfte für Israel."
Ein Anregung
Die Linde von Linn ist ein mächtiger Baum. Entgegen der Sage ist es keine Pestlinde. Die verheerenden Pestzüge hat sie alle überstanden, ist der 25 Meter hohe Baum doch rund 800 Jahre alt. Der Stammumfang ist mit 11 Metern bemerkenswert.
Eine Geschichte macht das Ausbleiben des Weltuntergangs davon abhängig, dass mindestens einmal pro Jahr der Schatten der Linner Linde auf das Schloss Habsburg fällt: "Leit d linde nüm ihres chöpfli ufs Ruedelis hus, so eschs met allne wälte us." Mit "Ruedelis Hus" ist die Habsburg gemeint, der Stammsitz von Rudolf von Habsburg.
Zweimal im Jahr ist es soweit, dass das Schloss von der Linde beschattet wird. Am 26. August und am 17. April stehen die Sonne, die Linde und die Burg auf einer Linie.
Solche Phänomene gibt es noch einige. Am 30. September und 1. Oktober wirft die Sonne ihr Licht durchs Martinsloch auf die Elmer Kirche. Und die Majas in Mittelamerika richteten Pyramiden so aus, dass durch den Schattenwurf der Sonne steinerne Schlangen lebendig wirken.
All diese Beobachtungen helfen den Menschen, sich im Leben und der Zeit zu orientieren. Sie geben Sicherheit.
Umso eindrücklicher ist es, wenn das Erwartete nicht eintrifft. Da soll nach der Bibel zur Zeit Josuas ein Tag lang die Sonne stillgestanden sein. Eine solcher Einbruch in jahrtausendelang währende Ordnungen muss erschreckend sein. Vielleicht ist dies vergleichbar mit dem, was wir im Kleinen erleben, wenn das veränderte Klima heute den gewohnten Gang der Jahreszeiten durcheinander wirft.
Ich jedenfalls frage mich an diesem Tag: Was gibt mir Sicherheit und Struktur in meinem Leben? Vermutlich nicht der Schattenwurf eines Baums...
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde
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