Montag, 2. August 2021

Was ist nur aus dem radikalen Protestantismus geworden?

Ein Zitat

Hauptportal der Kathedrale von Lausanne einmal von aussen, dann von innen.
Foto © Jörg Niederer
"Den größten Sinneswandel, den das Bewusstsein bereithält, wird verursacht durch die Liebe." Karl Talnop

Ein Bibelvers - 5. Mose 16,21+22

"Du darfst neben dem Altar des Herrn, deines Gottes, den du errichten wirst, keinen Kultpfahl aufstellen. Du darfst auch keinen Kultstein aufstellen. Denn das hasst der Herr, dein Gott."

Ein Anregung

Das Hauptportal der Kathedrale Notre-Dame in Lausanne wurde für das 500-Jahr-Reformationsjubiläum von 2017 gereinigt und restauriert. Nein, es war nicht die römisch-katholische Kirche, welche sich für das protestantische Fest ins Zeug legte. Seit der Reformation ist der gotische Prachtbau fest in reformierter Hand.

Delikat: Genau diese Figuren, die seit drei Jahren in neuem Glanz erstrahlen, wurden 1536 von den damaligen protestantischen Truppen entfernt. Der "Bildersturm" wurde dann von 1892 bis 1909 wieder korrigiert. Ja, diese Erneuerung ging sogar noch weiter. Denn das "Portal Montfalcon" - benannt nach dessen Initianten, dem Bischof Aymon de Montfalcon (1443-1517) - war zum Zeitpunkt seiner Zerstörung noch nicht vollendet. Erst die protestantische Rekonstruktion nach den historischen Originalen zeigte den Kirchenzugang in seiner Vollendung. Dargestellt sind Heilige und Gestalten der Bibel.

Auch das Glasfenster, das sich erst richtig erschliesst, wenn die Kathedrale durch das Portal Montfalcon wieder verlassen wird, ist jüngeren Datums, also in der reformierten Zeit entstanden. Abgebildet sind die vier Evangelisten, wobei der Evangelist Markus ein bisschen so aussieht wie der Reformator Pierre Viret.

In 500 Jahren ist aus einer radikalen Bewegung eine Kirche entstanden, die über die Bücher gegangen ist und nun sich selbst der einst verpönten Bilder bedient. Natürlich in protestantisch nüchterner Weise. Zu diesem gotischen Monument pilgern die Jakobspilger, und stempeln sich ein protestantisches Zeichen in den katholischen Pilgerpass.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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