Donnerstag, 30. Dezember 2021

Das Ende einer Rauhnacht

Ein Zitat

Morgenrot über der Ostschweiz (aus dem fahrenden Zug fotografiert)
Foto © Jörg Niederer
"Jegliche Arbeit in den Rauhnächten ist verboten, sonst fällt der Wolf in die Herde und das Vieh gedeiht nicht" Bauernregel

Ein Bibelvers - 1. Samuel 28,6+7

"Saul befragte deswegen den Herrn. Aber der Herr antwortete ihm nicht, weder durch einen Traum noch durch das Los noch durch das Wort eines Propheten. Da sagte Saul zu seinen Knechten: 'Gibt es hier in der Nähe eine Frau, die Tote aus einer Grube heraufbeschwören kann? Ich will zu ihr hingehen und sie befragen!'"

Ein Anregung

Der Himmel glüht, als würden Wälder brennen. Ein Fahrradwegweiser trotz in Frauenfeld den Fluten der Murg. Es ist Morgen nach einer weiteren Rauhnacht. 

Woran liegt es, dass es mir vorkommt, als wären die Rauhnächte plötzlich in allen Medien. Bisher sind mir diese Nächte vom 25. Dezember bis 6. Januar nicht besonders aufgefallen. Doch in diesem Jahr stolperte ich gleich mehrfach über diesen Begriff. Liegt es daran, dass alle einander abschreiben? Oder spielt mir mein Unterbewusstsein oder die Vergesslichkeit einen Streich. Jedenfalls befinden wir uns aktuell in den sogenannten Rauhnächten. 

Es seien zwölf heilige Nächte, gefeiert schon in vorchristlicher Zeit. An Silvester beginnt die Wilde Jagd, in der die Toten und Geister Zugang zur Welt der Lebenden bekommen. Um ihr Wirken zu beenden, gibt es überall im Alpenraum Vertreibungstraditionen. Dass es 12 Nächte sind, ergibt sich aufgrund der Differenz zwischen Mondjahr (354 Tage) und Sonnenjahr (365 Tage). Diese elf Tage und 12 Nächte dazwischen seien aus der Zeit gefallen, also besonders und geheimnisvoll. In den eingeschneiten Tälern des Alpenraums gab es in dieser Periode des Jahresübergangs wohl kaum etwas zu tun. Und so hatte man Zeit, seinen Gedanken nachzuhängen über den Lauf der Dinge. Kein Wunder, waren es Nächte der schauderhaften Geschichten, der lähmenden Ängste und der Fragen nach dem Sinn des Lebens. Zudem sollen die Rauhnächte und deren Wetter je für das Klima eines kommenden Monats stehen. Hier kann es nachgelesen werden.

Vielleicht ist von den Rauhnächten deshalb plötzlich überall zu lesen, weil wir in Zeiten von Corona wieder stärker auf der Suche nach einem jenseitigen Halt sind. Dabei orientiere ich mich ganz gerne an einem für mich Altbekannten: an Jesus Christus.

Was möchtest du im Übergang zum neuen Jahr definitiv vertreiben und hinter dir zurücklassen (einmal abgesehen von diesem Virus, von dem wohl alle definitiv genug haben)? Und welche Träume sollen dir im neuen Jahr in Erfüllung gehen?

Übrigens: Noch zum eingangs zitierten Bauernspruch. Damit wäre wohl klar, dass nicht der Wolf an Viehrissen schuld ist, sondern alle Gierigen, die nicht genug bekommen vom der Erwerbsarbeit.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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