Mittwoch, 17. Juli 2024

Vielfalt statt Einfalt

Ein Zitat

Gartenhummel auf weissem Duftlavendel.
Foto © Jörg Niederer
"Jeder Verlust an Biodiversität ist oder wird zu einem Verlust an Lebensqualität." Aus meinem Statement zur Biodiversitätsinitiative

Ein Bibelvers - Psalm 24,1+2

"Dem Herrn gehört die Erde mit allem, was sie erfüllt. Ihm gehört das Festland mit seinen Bewohnern. Denn über dem Meer hat er die Erde verankert, über den Fluten der Urzeit macht er sie fest."

Eine Anregung

Es ist kein Geheimnis, dass ich mich für die Biodiversität in der Schweiz stark mache. Die Vielfalt an Pflanzen und Tieren ist aus meinem theologischen Verständnis heraus gottgewollt. Darum reden Christinnen und Christen ja immer auch von der Schöpfung, von dem, was Gott geschaffen hat.

Natürlich ist der Glaube an den Schöpfer keine alternative Sichtweise zu den Erkenntnissen der Biologie und Wissenschaft. Was ich mit Schöpfung ausdrücke, ist eine theologische Ergänzung zur empirischen Wissenschaft. Ich glaube, dass die unglaublich komplexe Natur nicht der menschlichen Verfügbarkeit überlassen werden darf, sondern letztlich Gott gehört. Ja wir selbst sind ein Teil der Natur, ein Teil der Schöpfung. Wenn nun durch Gottes Willen oder auch durch einen evolutionären Prozess so unglaublich viele Lebewesen entstanden sind und miteinander agieren, kann es nicht gut sein, wenn davon immer mehr unwiederbringlich verschwinden. Genau das geschieht aber in der Schweiz in viel stärkerem Ausmass als im übrigen Europa: "Ein Drittel der einheimischen Arten und die Hälfte der Lebensräume sind in der Schweiz vom Aussterben bedroht, stehen also auf der Roten Liste." So steht es in einem Beitrag von BirdLife. Statt dass wir aber etwa dagegen tun, befördern wir diesen Prozess. Da wird lieber über die Regulierung von Grossraubtieren diskutiert, statt bestehende Schutzgebiete sorgfältig zu pflegen, oder wie international beschlossen, auszubauen.

Die Schweiz gehört vor Bosnien Herzegowina und der Türkei zu den Schlusslichtern bei der Ausweisung von Naturschutzgebieten. In der Folge ist auch der Biodiversitätsverlust in der Schweiz einer der höchsten in Europa. Das hat nichts damit zu tun, dass wir in der dichtbesiedelten Schweiz dafür keinen Platz hätten. Luxemburg ist noch dichter bevölkert, und hat über 50% seiner Fläche unter Schutz gestellt, die Schweiz gerade einmal 10%.

Was bisher in der Schweiz fehlt, ist der politische Wille, etwas zu tun. Mit anderen Worten: In der Schweiz betreiben wir Raubbau an Gottes Schöpfung. Die Biodiversitätsinitiative ist daher ein Anliegen, das ich aus christlicher Sicht mittragen will und kann. Mit ihr können Weichen in eine vielfältigere, natürlichere und gesündere Zukunft der Schweiz gestellt werden. Auf dass das Loblied von allem Erschaffenem bei uns nicht verstummt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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