Dienstag, 16. April 2024

Regionalisierung

Ein Zitat

Model der einst afroamerikanischen Little-Ebenenzer-Kirche vor der Ebenezer United Methodist Church auf dem Capitol Hill in Washington DC.
Foto © Jörg Niederer
"Es ist einfach kein effektiver Weg, über Leistungsplanänderungen, die nur für die US-Kirche gelten, durch ein internationales Gremium abstimmen zu lassen, von dem die Mehrheit in Zukunft nicht betroffen sein wird oder nichts damit zu tun hat." Dale Jones von Wespath, der Rentenanstalt der United Methodist Church.

Ein Bibelvers - Apostelgeschichte 1,7

"Jesus antwortete: 'Ihr braucht die Zeiten und Fristen nicht zu kennen. Mein Vater allein hat sie in seiner Vollmacht festgelegt. Aber wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt, werdet ihr Kraft empfangen. Dann werdet ihr meine Zeugen sein – in Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien und bis ans Ende der Erde.'"

Eine Anregung

In der United Methodist Church (der Evangelisch-methodistischen Kirche) der USA gab es einst eine Zentralkonferenz, in der alle afroamerikanischen Gemeinden zusammengefasst waren. Die Erinnerungen daran sind geprägt von rassistischen Verwerfungen. Vermutlich gehörte die Little-Ebenezer-Kirche auf dem Capitol Hill auch zu dieser Zentralkonferenz. Die Bezeichnung "Zentralkonferenz", obwohl sie ausserhalb der USA üblich ist für die dortigen regionalen Strukturen, ist in den USA folglich ungeeignet, um damit eine Entwicklung zu bezeichnen, die für die Zukunft der Kirche wegbereitend sein kann: Die Regionalisierung.

Die Generalkonferenz, welche vom 23. April - 3. Mai in Charlotte, North Carolina stattfinden wird, beschäftigt sich genau damit. Der Regionalisierung. Anders als die Zentralkonferenzen ausserhalb der USA haben die fünf Jurisdiktionalkonferenzen der USA kein Recht, die Kirchenordnung anzupassen oder andere weitgehende Entscheidungen zu tätigen. Darum kommen alle diese Anträge und Gesetzesanpassungen, auch wenn sie nur die USA betreffen, vor die international zusammengesetzte Generalkonferenz, die alle vier Jahre tagt. So kommt es, dass sich die Generalkonferenz über 80% der Zeit mit US-Interna beschäftigt, und europäische, afrikanische und asiatische Delegierte mitentscheiden über z.B. die Pensionskasse der US-Pfarrpersonen. Das macht keinen Sinn, zumal die neusten Entwicklungen in der Zusammensetzung der Generalkonferenz dazu führen können, dass schon bald die Delegierten aus den USA in der Minderheit sein werden.

Nun sollen also die fünf US-amerikanischen Jurisdiktionalkonferenzen zu einer Regionalkonferenz zusammengefasst werden. Die Zentralkonferenzen im Ausland werden umbenannt in Regionalkonferenz. Alle Regionalkonferenzen haben die gleichen Adaptionsrechte und können die für ihre Region wichtigen Entscheide selbstständig fällen. Damit diese neue Struktur Wirklichkeit werden kann, braucht es eine 2/3-Mehrheit der Generalkonferenzdelegierten. Zudem braucht es eine 2/3-Mehrheit aller Delegierten an die Jährlichen Konferenzen weltweit.

Mit dieser strukturellen Anpassung ist es möglich, dass theologischen, ethischen und politischen Unterschieden in den verschiedenen Regionen der Welt Rechnung getragen werden. Die Regionalisierung ist aber keine Aufweichung des weltweiten Charakters der United Methodist Church. Nach wie vor werden sich alle Regionalkonferenzen eine gemeinsame Verfassung teilen, genauso wie weitere wichtige Text, etwa die Sozialen Grundsätze oder die Allgemeinen Regeln und darüber an der Generalkonferenz alle vier Jahre entscheiden.

Diese Entwicklung ist ganz im Sinn von John Wesley, der 1771 schrieb: "Was einen Methodisten kennzeichnet, sind nicht irgendwelche besonderen Ansichten. Ob er dieser oder jener Glaubensweise zustimmt, sich irgendwelche besondere Auffassungen zu eigen macht, die Lehre dieses oder jenes Menschen vertritt, tut nichts zur Sache. Wir glauben, dass die ganze Schrift von Gott eingegeben und das geschriebene Wort Gottes die alleinige und hinreichende Richtschnur des christlichen Glaubens und Lebens ist, und wir glauben, dass Christus ewiger und wahrhaftiger Gott ist. Aber in allen Fragen, die nicht an die Wurzel des christlichen Glaubens gehen, halten wir es mit der Regel: denken und denken lassen."

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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