Mittwoch, 3. April 2024

Der Kampf gegen Mächte und Gewalten

Ein Zitat

Die schweizerische Erdölraffinerie Cressier vor dem Alpenkamm.
Foto © Jörg Niederer

"Jede Glaubens-Gemeinschaft sollte sich die Frage stellen: 'Welchen maximalen Einfluss können wir erreichen?' ... Und bitte - lasst uns nicht den Unsinn glauben, dass die maximale Wirkung darin besteht, den Abfall zu recyceln. Das spielt direkt in die Hände von Leuten, die die Zukunft zerstören. Da wir als Glaubens-Gemeinschaft nur eine begrenzte Kraft für ethisches Handeln haben - wie alle andern auch - sollten wir diese speziell darauf verwenden, einen Wandel im System zu bewirken."
Dr. Carmody Grey, Assistenzprofessorin für katholische Theologie an der Universität Durham

Ein Bibelvers - Epheser 6,12a

"Denn unser Kampf richtet sich nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut. Er richtet sich gegen die Mächte und Gewalten, die Weltenherrscher, die diese Finsternis regieren."

Eine Anregung

Der dritte Teil der Videoserie zum Klimawandel aus der Perspektive der Evangelisch-methodistischen Kirche (Hier geht es zum Teil 1 und Teil 2) beschäftigt sich mit der Spiritualität als Voraussetzung gegen das Aufgeben. Dann ist da aber auch die entscheidende Frage, ob es eher um persönliche Anstrengungen gegen den Klimawandel geht, oder um den Einsatz für einen grundsätzlichen Systemwandel.

Dr. Carmody Grey, Assistenzprofessorin für katholische Theologie an der Universität Durham, beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit Fragen zu Natur, Ökologie und Umwelt. In ihren Ausführungen bringt sie es auf den Punkt. So ist sie überzeugt, dass ohne Spiritualität der Durchhaltewillen fehle für eine so grosse Aufgabe wie die Rettung vor dem menschbewirkten Klimawandel. Dabei hat sich der christliche Glaube schon einmal bei einer unmöglich scheinenden Aufgabe behauptet. Wer hätte gedacht, dass Christinnen und Christen sich je einmal gegen das römische Weltreich durchsetzen könnten. Dies habe mit der Kraft der Spiritualität zu tun, so Carmody Grey und auch Sarah Bach, welche auch kurz zu Wort kommt. 

Sehr klar ist Dr. Carmody Grey, wenn sie deutlich macht, dass es nicht darum gehen könne, dass man nun je individuell etwas gegen den durch fossile Brennstoffe verursachten Klimawandel tun solle. Es gehe nicht um Solarpanel auf den Kirchdächern oder die Verringerung des eigenen Fussabdrucks (übrigens eine Erfindung des Erdölmultis BP). Es gehe um den Systemwandel. Dabei zieht Carmody Grey eine Parallele zur Sklaverei. Als immer mehr Menschen sich bewusst wurden, dass Sklaverei ein zutiefst unmenschliches System sei, war auch klar, dass dieses System bekämpft werden müsse. Es war nicht damit getan, dass die einsichtigen Sklavenbesitzer ihre Slaven freiliessen solange die Sklaverei noch legal war. Es ging darum die Sklaverei abzuschaffen und zu ächten. Dafür hat sich auch der Begründer der methodistischen Bewegung, John Wesley pointiert eingesetzt.

Beim Klimawandel geht es darum, eine weltzerstörende Praxis zu benennen und zu verurteilen, also die fossilen Brennstoffe weltweit zu verbieten und die Profiteure, die Erdölproduzenten, zu entmachten. Dazu solle die Kirche ihre Geldmittel einsetzen. Denn, so Carmody Grey, immer wenn wir Geld spenden oder einsetzen, stimmen wir damit für oder gegen den Systemwechsel ab.

Die Ethikerin und Theologin Carmody Grey denkt nicht, dass die meisten Menschen von Grund auf schlecht sind. Vielmehr "haben die meisten Menschen nicht die Möglichkeit, zu erkennen, wer wirklich die Fäden zieht". Wer aber die Einsicht hat, kann gemeinsam mit andern etwas bewirken. Auf diesem positiven Menschenbild baut sie auf, und auf der Spiritualität, dem Glauben.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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