Mittwoch, 6. September 2023

Schuh bändeln

Ein Zitat

Vergleich von falsch (oben) und richtig (unten) gebundenen Schnürsenkeln.
Foto © Jörg Niederer
"Manche Menschen hörst du sprechen und es wird dir sofort klar: 'Die haben ihre Schnürsenkel nicht selbst gebunden.'" Herkunft unbekannt

Ein Bibelvers - Lukas 3,16

"Johannes erklärte ihnen: 'Ich taufe euch mit Wasser. Aber es kommt einer, der ist mächtiger als ich. Ich bin es nicht einmal wert, ihm die Riemen seiner Sandalen aufzuschnüren. Er wird euch mit Heiligem Geist und mit Feuer taufen.'"

Eine Anregung

Im Englischen heisst er etwas weniger verfänglich "Granny knot" oder Grossmutterknoten. Im Deutschen scheint immer noch der aus der Seemannssprache kommende, gleich in doppelter Hinsicht abwertende Begriff "Altweiberknoten" gebräuchlich zu sein. Als würden nur alte Frauen diesen, bei Makramee auch sinnvoll verwendeten Knoten an falschen Stellen anwenden.

Mir jedenfalls ist das, wie ich feststellen musste, schon mein ganzes Leben lang passiert. Ich haben meine Schuhe mit eben diesem Grossmutterknoten gebunden, was immer wieder dazu führte, dass sich die Schnürsenkel lösten, selbst bei einen Doppelknopf. Dabei kenne ich den Unterschied zum Kreuzknoten sehr wohl und wende diesen auch immer wieder beim Bündeln der Zeitungen an.

Es ist gar nicht so einfach, in Worten zu erklären, was der Unterschied zwischen den beiden Knoten ist. Auf dem Foto findet sich oben der "Altweiberknoten" also der falsch gebundener Kreuzknoten. Unten sieht man den richtig gebundene Kreuzknoten. Auf einer Webseite wird der Unterschied ganz genau und kompliziert erklärt. Auf der entsprechenden Wikipedia-Seite geht das auch einfacher, aber nicht als Schnürsenkel.

Vor einigen Wochen hat mir eine gute Bekannte, der aufgefallen war, dass sich bei mir die Schnürsenkel immer wieder lösten, einen Trick verraten, wie man in diesem Fall die Schuhe richtig binden kann. Man muss einfach die erste Hälfte oder die zweite Hälfte des Schuhbändelknotens andersherum verdrehen, als es gewohnheitsmässig gemacht wurde. Dann entsteht aus dem falsch gebunden Kreuzknoten ein richtig gebundener Kreuzknoten. Und wirklich, es funktioniert. Allerdings muss der Knoten unter einer gewissen Spannung stehen. Locker gebunden hält auch der Kreuzknoten nur ungenügend. 

Ich will nicht verschweigen, dass es sich sehr ungewohnt anfühlt, nach über 60 Jahren gegen die antrainierte Gewohnheit den Schnürsenkel anders herum zu verdrehen.

Nun frage ich mich: Wenn ich schon die Schuhe so lange nicht richtig binden konnte, was gibt es da noch, was ich schon mein ganzes Leben falsch mache?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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