Donnerstag, 21. September 2023

Ein allerletzter Tanz

Ein Zitat

Tanzgruppen des Basler Totentanzes, als Terrakotta-Figuren geschaffen vom Zizenhausener Kirchenmaler Anton Sohn. Die abgebildete Vitrine befinden sich in der christkatholischen Kirche St. Gallen.
Foto © Jörg Niederer
"Was flügt und krücht was sträbt und schwäbt / Was schwümmt und ründt, ja was je läbt / Flücht alls den Tod, ist doch kein Ort / Auff Erde, darin nicht sey der Tod"  Aus dem Totentanzzyklus von Kaspar Meglinger, Spreuerbrücke in Luzern, entstanden 1626–1635.

Ein Bibelvers - Psalm 90,12

"Lass uns begreifen, welche Zeit wir zum Leben haben – damit wir klug werden und es vernünftig gestalten."

Eine Anregung

Wahrscheinlich schaue ich zu selten Sendungen wie "Bares für Rares", aber bisher habe ich noch nie von den Zizenhausener Terrakotten gehört, welche der ausgebildete Kirchenmaler Anton Sohn (1769–1840) seit 1799 im deutschen Stockach herstellte. In der Christkatholischen Kirche St. Gallen sind mir nun solche Figuren aufgefallen. Sie erzielen unter Sammlern einen hohen Wert. Das Besondere an den hier fotografierten Zizenhausener Terrakotten ist, dass sie nach einer durch den Kupferstechers Matthäus Merian erstellten Darstellung des Basler Totentanzes geschaffen wurden. Von den 42 vorhandenen Terrakotten sind auf dem Foto 38 zu sehen.

Der Basler Totentanz umfasst 39 Tanzpaare. Original war er Teil des Laienfriedhofes beim Predigerkloster. Entstanden ist dieses Memento Mori im Jahr 1440. Es sollte die Menschen daran erinnern, dass der Tod jederzeit kommen kann. Das Werk von Konrad Witz und seiner Malerschule wurde mehrfach restauriert, bis es am 5. und 6. August 1805 abgebrochen wurde. Es entsprach nicht mehr dem damaligen Zeitgeist. Nur wenige Bruchstücke des Wandgemäldes konnten gerettet werden.

Da wo einst dieser Friedhof war, befindet sich heute ein öffentlicher Park. Längere Zeit erinnerte der Name der nahen Tramhaltestelle an den einstigen Totentanz. Allerdings machte es sich schlecht, wenn Menschen beim Eintritt ins gegenüberliegende Universitätsspital an einer Haltestelle aussteigen mussten, welche an das letzte Stündlein, an den Tod, an den allerletzten Tanz erinnert. Darum heisst die Haltestelle "Totentanz" heute "Universitätsspital". Geändert hat das allerdings nichts daran, dass der Tod uns jederzeit und überraschend zum letzten Tanz auffordern könnte. Memento mori – Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen