Ein Zitat
"Unser Bemühen und unsere Berufung bestehen vornehmlich darin, im Schweigen und in der Einsamkeit Gott zu finden" Aus den Regeln des KartäuserordensFoto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Epheser 4,29
"Kein böses Wort soll über eure Lippen kommen. Vielmehr sollt ihr stets ein gutes Wort haben, um jemanden zu stärken, wenn es nötig ist. Dann bringt dieses Wort denen Segen, die es hören."
Eine Anregung
Es sind Spezialistinnen und Spezialisten des Schweigens und Betens. Die Frauen und Männer, welche ihr Leben in einem Kloster nach der Lehre des Bruno von Köln (ca. 1027-1101) im kartäusischen Stil verbracht haben oder verbringen. Dabei hat der Klostergründer geschickt die Einsiedelei der Wüstenväter mit der gemeinschaftlichen klösterlichen Lebensweise verknüpft. Ziel war es, bereit zu sein für den Ruf Gottes in die Ewigkeit. So finden sich immer wieder Symbole des Todes wie Totenschädel auf den Bildern der einzelner Mönche und Nonnen. Um diesen göttlichen Ruf zu hören, schweigen die Karthäuser Mönche und Nonnen die meisten Zeit ihres Lebens. Es gibt wöchentlich nur zweit Anlässe, bei denen sie miteinander Sprechen: Am Sonntag für einige Zeit in zentralen Garten, und einmal unter der Woche auf einer vierstündigen Wanderung. Sonst verbringen die Mönche oder Nonnen mit minimalem Kontakt zu ihren Mitgeschwistern in einem kleinen abgegrenzten Reihenhäuschen. Dort schweigen, beten und arbeiten sie. Karthäuser leben vegetarisch, essen aber Fisch. Wobei ihre Fastenzeit mehr als die Hälfte des Jahres ausmacht.
Unter den Mönchen gibt es drei hierarchisch geordnete Gruppen: Die theologisch geschulten Chormönche, die alle auch zu Priestern geweiht werden, stehen an der Spitze. Sie leben in diesen Reihenhäuschen. Die Brüdermönche gehören zum Laienstand und sorgen für die handwerklichen Aufgaben im Kloster. Sie leben in einem Gemeinschaftsgebäude in einzelnen Zellen. Dann gibt es noch die Donaten, so eine Art Light-Karthäuser, die zwar in persönlicher Armut leben, aber ausserhalb des Klosters arbeiten und Besitz haben können.
Wer schweigt, hört auch die ganz leisen Stimmen laut und deutlich? Das ist besonders wichtig, um die Stimme Gottes zu hören. Darum schweigen die Kartäuserinnen und Kartäuser so oft wie möglich. Darum suchen sie die Einsamkeit. Darum sprechen sie, wenn sie es tun, meist im Gebet zu Gott (acht Stunden pro Tag), und nur ganz selten miteinander. Sie wollen das Wichtigste in ihrem Leben nicht verpassen: Wenn Gott sie zu sich ruft.
Vielleicht wäre es in dieser lauten Welt auch gut, wenn wir vor entscheidenden Momenten unseres Lebens einige Zeit Schweigen. Etwa, wenn wir schwierige Verhandlungen vor uns haben. Schweigende Vorbereitung kann den nachfolgenden Worten grösseres Gewicht geben. Es wären dann nicht mehr Worte von vielen, sondern ein Wort, das aus der Stille geboren ist.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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