Ein Zitat
"Jeder Mensch ist sich selbst der Nächste, bis er sich richtig kennen lernt."Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - 2. Mose 3,14
"Da sprach Gott zu Mose: 'Ich werde sein, der ich sein werde.' Das sollst du den Israeliten sagen: Der 'Ich-werde-sein' hat mich zu euch geschickt."
Eine Anregung
Im Interview mit der Zeitschrift bref erzählt Monika Stocker: "Ich habe eine Freundin, die bald 100 Jahre alt ist. Sie erzählte mir einmal, dass sie jeden Tag einen Besuch bei sich selber mache. sie setzt sich hin mit einer Tasse Tee und schaut, was mit ihrem Leben ist, spaziert so quasi durch ihre Lebensjahrzehnte. Das ist doch schön. Seither mache ich das auch."
So ein Besuch bei sich selbst könnte in mir vielleicht noch eine ganz andere Persönlichkeit aufscheinen lassen. Es ist ja nicht so, dass ein Mensch sich selbst besonders gut kennt, auch wenn einige das behaupten. Sich selbst sieht man immer subjektiv, von innen, vielleicht auch so, wie man sich selbst sehen möchte. Oder man gefällt sich grundsätzlich nicht und mäkelt dauernd an sich selbst herum. Also ich sehe mich gerne heiter, sonnig. Aber wo Licht ist, ist auch viel Schatten.
Auch schon habe ich mein früheres Ich besucht, habe Texte gelesen aus der Zeit, als ich noch studierte. Eigenartig, wie sich dabei Erstaunen, Scham, Fluchtreflexe und auch (peinlich) Bewunderung mischen. Sich selbst besuchen, das geht ja noch, aber sich selbst bewundern... Nun, vielleicht sollte ich einen Kollegen mitnehmen, wenn ich mich das nächste Mal besuche. Dann könnte ich anschliessend mit dem Kollegen eine Fallbesprechung über diese Begegnung machen.
Letztlich bin ich gar nicht mehr so sicher, ob ich mich wirklich besuchen will. Ich glaube, ich muss einmal mit mir darüber ein ernsthaftes Gespräch führen. Mal schauen, was ich mir zu sagen habe.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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