Ein Zitat
"Wenn das Wasser den Fels bewegt, ist dies wahre Kraft. Wenn der Falke seine Beute schlägt, so ist dies Präzision. Gleiches gilt für den erfolgreichen Krieger." Sunzi chinesischer General und Militärstratege (543-495 v.Chr)Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Hiob 28,7-10
"Kein Raubvogel kennt den Weg dahin, nicht einmal das Auge des Falken hat ihn erspäht. Die stolzesten Tiere haben ihn nicht betreten, nicht einmal der Löwe schritt auf ihm dahin. Allein der Mensch legt Hand ans harte Gestein, gräbt sich tief durch die Berge. Er treibt Stollen hinein in den Fels und entdeckt dabei lauter kostbare Schätze."
Eine Anregung
Plötzlich war er da und versetzte die Rauchschwalben und Mauersegler, die über dem Ägelsee Insekten jagten, in helle Aufregung. Die Rede ist vom Falken.
Den Wanderfalken kennt fast jeder Mensch, weil er als schnellstes Tier der Welt gilt. Sehr oft kann man bei uns den Turmfalken antreffen oder ihn per Livestream sogar im Horst beobachten. Doch der Falke über dem Ägelsee war weder das eine noch das andere, es war ein Baumfalke. Baumfalken sehen im Flug ein bisschen so aus wie übergrosse Mauersegler und bewegt sich in der Luft auch so geschickt wie diese. In der Winterzeit ziehen sie mit ihrer Beute, den Schwalben, nach Afrika. Ihre Beute, das sind auch Ammern, Mauersegler und Finken, aber auch grosse Libellen.
Sehr lange verstand ich die Redensart von den Falken und Tauben nicht. Die Taube, klar, steht für Frieden und Sanftheit. Doch dass ein so zierlicher und schöner Vogel wie der Falke herhalten muss, um in der Politik Kriegstreiber und Hardliner zu bezeichnen, das wollte mir nicht einleuchten.
Dort wo Tiere bemüht werden, um Eigenschaften von Menschen zu beschreiben, wird das den Tieren ja selten gerecht. Da ist jemand mutig wie ein Löwe. Als gäbe es nicht auch feige Löwen. Sind Füchse wirklich listig? Geschickt sind sie, zweifellos. Allegorisch steht der Adler für Gerechtigkeit und zugleich für Hochmut, die Schlange wiederum für die Klugheit, und das Lamm für Sanftmut und Geduld. Dem Falken wird in der Allegorik auch die Völlerei zugewiesen. Ausgerechnet diesem schlanken und agilen Flugkünstler!
Nun sind Falken keine blindwütig agierende Kriegstreiber. Im Rahmen ihrer Bestimmung jagen sie, um sich von der Beute zu ernähren. Dadurch sorgen sie zugleich für eine gesunde Singvogelwelt. Mit Krieg haben sie aber nur in den Köpfen von Menschen etwas zu tun.
Singvögel reagieren auf die Baumfalken zurecht äusserst vorsichtig und warnen einander. Aber auch von unseren allseits beliebten Hauskatzen müssen sich die Vögel in acht nehmen. Doch niemand käme auf die Idee, Hardliner als Hauskatzen zu bezeichnen. Kriegstreiber sind Kriegstreiber, Falken sind Falken, Katzen sind Katzen. Kriegstreiber sollen aussterben. Falken aber darf es durchaus noch mehr geben.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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