Montag, 31. Januar 2022

Feuer und Funkenflug im Stammertal

Ein Zitat

Fasnitürme entstehen auf dem Zänggel bei Guntalingen
Foto © Jörg Niederer
"Winter ade! / Scheiden tut weh. / Gerne vergess ich dein, / Kannst immer ferne sein. / Winter ade! / Scheiden tut weh." Volkslied (hier gesungen von Nena)

Ein Bibelvers - Matthäus 12,22+24

"Damals brachten sie einen Mann zu Jesus, der von einem Dämon besessen war. Er war blind und stumm. Jesus heilte ihn, sodass er sprechen und sehen konnte... Als die Pharisäer das hörten, sagten sie: 'Der Oberste der Dämonen, Beelzebul, hilft ihm, andere Dämonen auszutreiben.'"

Ein Anregung

Weitgehend unbeachtet von Rest der Schweiz entstehen zurzeit im Stammertal, ganz im Nordosten des Kantons Zürich, seltsame und kunstvoll geschichtete Holztürme. Manche erinnern entfernt an Stufenpyramiden. Erstellt werden sie von den "Fasnibuben", Sekundarschüler der Orte Waltalingen, Guntalingen sowie Unter- und Oberstammheim. 

Über die in Blockbauweise aus Fallholz geschichteten Türme findet sich im "stammerblatt" von Dezember 2021/Januar 2022 unter der Überschrift "Brauchtum" der folgende aufschlussreiche Text: "Die Fasnibuben der Dörfer Waltalingen, Unter- und Oberstammheim erstellen jedes Jahr im Herbst und Winter ein Fasnachtsfeuer. Dafür wird das Sturmholz des Gemeindewaldes zu Holztürmen aufgebaut.
Damit diese Feuer auch zukünftig stattfinden können, müssen gewisse Sicherheitspunkte eingehalten werden. Der Gemeinderat Stammheim hat dazu ein Merkblatt erstellt und die Fasnibuben haben durch unseren Forstmitarbeiter Stephan Hübscher die notwendigen Sicherheitsinstruktionen erhalten. Das Abbrennen der Fasnachtsfeuer wird bei kritischen Wetterbedingungen in Absprache mit der Feuerwehr durch den Gemeinderat abschliessend bewilligt resp. nicht bewilligt und auf einen späteren Termin verschoben."

Grund des Merkblatts ist wohl, dass es in der Vergangenheit auch schon brenzlige Situationen gegeben hat. Beim Abbrennen der Fasnachtstürme im Jahr 2020 kam es zu massivem Funkenflug durch einen aufkommenden Sturm. Bilder davon finden sich auf der Webseite der Andelfinger Zeitung. Im nahen Wald geriet ein Baum in Brand, und der mobile Kiosk war auch gefährdet.

Statt mit dem Feuer die bösen Wintergeister zu vertreiben hatte man den Feuerteufel geweckt. Da hätte man also beinahe den Teufel mit Beelzebul ausgetrieben.

Das Abbrennen der Feuer wird sicherlich ein eindrückliches Ereignis. Vorgesehen ist es im Rahmen der Fasnachtsfeier vom 1. März 2022. Den Kindern wird im Verlauf dieses Festes ein Fasnachtsweggen verteilt und auch ein Feuerwerk ergänzt die Fasnifeuer im Stammerland.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 30. Januar 2022

Die Liebe aus der Sicht eines Hardrockmusikers

Ein Zitat

Verliebte an einem Gospelkonzert in der Kirche Schönenwerd
Foto © Jörg Niederer
"Liebe teilen! Das tönt gut, in Wahrheit wollen viele ihr Elend teilen." Chris von Rohr

Ein Bibelvers - 1. Korinther 13,13

"Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung, Liebe – diese drei. Doch am größten von ihnen ist die Liebe."

Ein Anregung

Kann man etwas über die Liebe sagen, ohne dass es klischeehaft wird. Kann man aus christlicher Sicht etwas über die Liebe sagen, ohne dass es nur brav ist? Ein Versuch ist es wert. Leiten sollen dabei 10 Zitate von Christoph "Chris" von Rohr
(* 24. Oktober 1951 in Solothurn). Der Schweizer Rockmusiker gründete die Hard-Rock-Band Krokus und war von 1991 bis 2002 Produzent und Songwriter der Hard-Rock-Band Gotthard. Sein Ausspruch "Mee Dräck" ist ein geflügeltes Wort geworden. "Mee Liebi" könnte auch ein Ausspruch von ihm sein, hat er sich doch in mehreren Kolumnen mit der Liebe beschäftigt.

Wer dazu die Predigt von Pfarrer Jörg Niederer mitverfolgen möchte, kann es tun auf dem Youtube-Kanal der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen. Die Ausstrahlung beginnt so um 10.30 Uhr.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 29. Januar 2022

Ein Brunnen, getauft für Weinfelden

Ein Zitat

Der Weinfelder Brunnen an der Zürcherstrasse in Frauenfeld
Foto © Jörg Niederer
"O Thurgau, wie liebe, wie schätze ich dich! / Wohl locken viel schönere Gegenden mich. / O Thurgau, mich fesselt ein engeres Band / An dich, du geliebtes, du wonniges Land!" Aus dem Thurgauer Lied

Ein Bibelvers - 1. Mose 26,20

"Die Hirten von Gerar und Isaaks Hirten stritten um die Quelle und sagten: 'Das Wasser gehört uns!' Weil sie sich um den Brunnen zankten, nannte Isaak ihn Esek, das heißt: Zank."

Ein Anregung

Der Brunnen an der Zürcherstrasse in Frauenfeld steht nicht gerade an vorteilhafter Stelle. Ich werde den Verdacht nicht los, dass dies bewusst so ist. Denn beim Brunnen handelt es sich um den Weinfelder Brunnen. Seine Inschrift lautet: "2003 / Weinfelder Brunnen / getauft anlässlich der / 200 Jahrfeier Kanton Thurgau / und Kantonshauptstadt Frauenfeld."

Weinfelden und Frauenfeld stehen ja in einer gewissen Konkurrenz. Einst wollten beide Orte Kantonshauptort sein. Frauenfeld wurde es, Weinfelden gilt bis heute als heimliche Hauptstadt. Auch darum tagt das Kantonsparlament in beiden Flecken. Die Thurgauer "Pendelregierung" sei eine Besonderheit in der Schweiz.

Darüber hinaus fasziniert mich auch, dass man Brunnen offensichtlich taufen kann. Ich frage mich, wie das geht. Tauft man den Brunnen mit dem Wasser des Brunnens. Also tauft sich der Täufling gleich selbst? Oder wurde Wasser von einem anderen Brunnen genommen, um diesen Weinfelder Brunnen zu taufen? Bedeutet dies, dass das Wasser, das dieser Brunnen spendet, nun Weihwasser ist? Ist ein getaufter Brunnen ein besserer Brunnen? Darf - weil getauft - in diesem Brunnen getauft werden? Und dürfen auch andere darin getauft werden als Weinfelder, Frauenfelder oder Zürcher (weil an der Zürcherstrasse) Bürger?

Und nun noch die Gretchenfrage: Wurde der Brunnen als kindlicher oder erwachsener Bronn getauft? Den Brunnen (auf dem Trog steht die Jahrzahl 1863) gab es schon, bevor er zum Weinfelder wurde; also wohl Erwachsenentaufe mit Konversion. So gibt es seit nicht einmal 20 Jahren ein bisschen Weinfelden in Frauenfeld, dort am wenig vorteilhaften Platz an der Zürcherstrasse.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 28. Januar 2022

In der Krise vorausschauend zurückdenken

Ein Zitat

Als wäre die Pandemie am Ende
Foto © Jörg Niederer
"Ich selbst freue mich auf den Tag, an dem wir wieder fröhlich singen, uns feste drücken und ohne Abstandsregeln miteinander lachen und weinen. Aber jetzt ist die Zeit, die Weichen dafür zu stellen, dass wir aus der Krise gelernt haben werden." Ulrich Giesekus in Unterwegs 3/2022

Ein Bibelvers - Johannes 16,33

Jesus: "Das habe ich euch gesagt, damit ihr bei mir Frieden findet. In der Welt habt ihr Angst. Aber fasst Mut, ich habe die Welt besiegt!"

Ein Anregung

Ulrich Giesekus lehrt Psychologie und Counseling an der Internationalen Hochschule Liebenzell. Er gehört zum Bezirk Freudenstadt und vertritt diesen als Laiendelegierter an der Süddeutschen Jährlichen Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK). Weiter ist er Autor und Mitautor zahlreicher Bücher und bietet psychologische Beratungen an. In einem Beitrag von "Unterwegs", der Zeitschrift der EMK in Deutschland, hat er sich zur Krisenbewältigung geäussert. Daraus darf ich mit seiner freundlichen Einwilligung ein Gedicht abdrucken, geschrieben im März 2020, das mich sehr berührt und ermutigt hat, meine Sicht auf die Pandemie in einer Weise zu gestalten, die von der Hoffnung und nicht von Angst und vom Frust geprägt sind. 


  Wie wird das Jetzt als Damals sein?

  Wie werden wir zurückblicken, dann, wenn das vorbei ist?
  Werden wir sagen, wie schrecklich alles war?
  Oder werden wir denken,
  wir hätten etwas Wichtiges gelernt? 

  Werden wir nur trauern
  und wird uns der Schmerz der Abschiede quälen?
  Oder werden wir aufrichtigen Trost
  und Beistand erfahren haben? 

  Werden wir vermissen,
  auf was wir alles verzichten mussten?
  Oder werden wir gemerkt haben,
  was wir alles nicht brauchen, um glücklich zu sein?

  Werden wir unserem Wirtschaftswachstum nachweinen?
  Oder werden wir dankbar – darüber, wie gut es uns geht,
  im Vergleich?

  Werden wir Beziehungen verloren haben?
  Oder werden wir Freunde gewonnen haben? 

  Werden unserer Biographie die Auslandsreisen fehlen?
  Oder werden wir den Gewinn
  der inneren Einkehr erfahren haben?

  Werden wir sagen: Das hat uns viel gekostet?
  Oder werden wir sagen: Das hat uns auch reich gemacht?

  Wie werden wir zurückblicken, dann, wenn das vorbei ist?
  Werden wir jetzt schon die Weichen stellen,
  dafür, wie es alles einmal gewesen sein wird?

  Ulrich Giesekus im März 2020


Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Donnerstag, 27. Januar 2022

'Kindersicherung' für Peking

Ein Zitat

Wintersport am Schweizer Fernsehen
Foto © Jörg Niederer
"China hat die Heuchelei und Untätigkeit des Westens in Menschenrechtsfragen gesehen, deshalb sind sie noch kühner, skrupelloser und rücksichtsloser geworden." Ai Weiwei, Chinesischer Künstler

Ein Bibelvers - Amos 5,23+24

Gott spricht: "Lasst mich in Ruhe mit dem Lärm eurer Lieder! Auch euer Harfenspiel mag ich nicht hören! Vielmehr soll das Recht wie Wasser strömen und Gerechtigkeit wie ein Bach, der nie versiegt."

Ein Anregung

Ich wünsche mir so etwas wie eine "Kindersicherung" für die Olympischen Spiele in Peking. Also ein Filter, der verhindert, dass ich diesen Sportanlass beim Fernsehen, im Internet und in den Medien finde. 

Es gibt mehrere Gründe, warum ich das möchte. Der Entscheidende ist, dass es mich anwidert, dass solche Spiele in einem Land ausgetragen werden, in dem Menschenrechte mit Füssen getreten werden. Natürlich, Unrecht kommt in jedem Land vor, auch im eigenen. Aber in China werden tausende Menschen "umerzogen", weil sie als Uiguren geboren sind. Das Tian'anmen-Massaker wird bis heute geleugnet, die Demokratie in Hongkong zum Verschwinden gebracht, eine kolonialistische Aussenpolitik verfolgt, mit Säbeln gerasselt gegenüber Taiwan und noch viel mehr. All das ist mit meinen christlichen Moralvorstellungen unvereinbar.

Wenn dann eine Schweizer Delegation all dies in den Wind schlägt, weil es ihr Ziel ist, 15 metallene Medaillen bei Sportwettkämpfen zu gewinnen, dann ist das aus meiner Sicht obszön. Um im Jargon des Sports zu bleiben: Das ist unsportlich und menschenverachtend. So gerne ich Wintersport schaue, das will ich nicht auch noch durch meinen Konsum unterstützen.

Und da diese Doppelmoral der Verbände weitergeht mit der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar, lechze ich nach diesem Filter, mit dem ich mich nicht weiter besudeln lassen muss von Aussagen wie der, Sport habe nichts mit Politik zu tun.

Strahlt von mir aus in dieser Zeit alle Sandmännchen-Sendungen der Fernsehgeschichte aus. Da wissen wir wenigsten von Anfang an, dass man uns Sand in die Augen streuen will.

So, das musste ich einfach einmal loswerden. Und ich verspreche: Morgen gibt es wieder etwas Auferbauenderes.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 26. Januar 2022

Winzling ganz gross

Ein Zitat

Ein Zaunkönig sucht die Bachränder nach Futter ab.
Foto © Jörg Niederer
"Es heißt, dass wir Könige auf Erden die Ebenbilder Gottes seien. Ich habe mich daraufhin im Spiegel betrachtet. Sehr schmeichelhaft für den lieben Gott ist das nicht." Friedrich II. der Grosse (1712-1786 König von Preussen und Brandenburg)

Ein Bibelvers - 1. Samuel 15,17

"Und Samuel sprach weiter [zu Saul]: 'Du bist doch der Anführer der Stämme Israels, obwohl du dich für unbedeutend gehalten hast. Der Herr hat dich zum König über Israel gesalbt.'"

Ein Anregung

In Europa ist er die Nummer 3 bei den Miniaturen unter den Vögeln. Die noch kleineren gefiederten Mitbewohner gibt es auch in der Schweiz. Spitzenreiter in Sachen "Winzigkeit" ist das Wintergoldhähnchen, dann das Sommergoldhähnchen und dann kommt auch schon der Zaunkönig. Alle drei sind ungefährdet, wobei man dem Zaunkönig wohl am Öftesten begegnet. 

Wie eine kleine braune Maus wuselt er durchs Unterholz, mit Vorliebe in Bachnähe, wo es mehr Mücken und Larven gibt. Für einen so kleinen Vogel hat er ein recht grosses Maul, kann laut trällern und pfeifen.

Aesop hat von ihm schon eine Fabel gekannt, und die Gebrüder Grimm haben diese Geschichte bekannt gemacht. Sie handelt im Wesentlichen davon, warum ein solcher Winzling "König" genannt wird. 

Das hat mit List zu tun. So soll der Zaunkönig sich beim Wettkampf um den Königstitel, bei dem es darum ging, am höchsten zu fliegen, im Gefieder des Adler verborgen haben, um diesen an dessen höchster Stelle noch zu überflügeln. Doch die anderen Vögel misstrauten dem Winzling zu recht und verlangten nun in einem weiteren Wettkampf, dass Vogelkönig werde, wer am tiefsten in die Erde fallen könne. Nun, da hatte natürlich dieses gefiederte Mäuschen klare Vorteile, und verschwand unter der Erde in einem Mauseloch, aus dem es seinen Sieg mit lauter Stimme kundtat. Doch statt inthronisiert wurde der Zaunkönig dort in diesem Loch nun - von der Eule bewacht - gefangen gehalten, was nichts half, denn natürlich gelang dem Piepmatz in seinem angestammten Territorium die Flucht. Jedoch gilt seine Königswürde unter den Vögeln nur im Unterholz, in den Hecken. Ein Zaunkönig halt, aber einer mit grosser Persönlichkeit.

Ich, für meinen Teil lerne, dass ein jeder König oder Königin sein kann, wenn er da bleibt, wo er hingehört; also nicht nach Höherem strebt, sondern das tut, was er oder sie besonders gut zu tun versteht. Den zutrauen kann man sich da am Meisten, wo man sich auch wohl und sicher fühlt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde


Dienstag, 25. Januar 2022

Camouflage - Anpassung ist nicht immer schlecht

Ein Zitat

Ein Buntspecht fliegt über den Bäumen auf.
Foto © Jörg Niederer
"Ohne Nutzen ist der Verkehr mit einem bösen Menschen und Wohltaten, die man auf Undankbare häuft." Quintessenz der alttibetischen Fabel vom Specht und vom Löwen

Ein Bibelvers - Matthäus 7,7

"Bittet und es wird euch gegeben! Sucht und ihr werdet finden! Klopft an und es wird euch aufgemacht!"

Ein Anregung

Einem von einem Baum auffliegenden Buntspecht wirken die Flügel surreal, scheinen etwas anderes zu sein, als sie sind. Die weisse Zeichnung durchlöchert die Schwingen als wäre es ein Weidengeflecht, das da in den Bäumen hängt.

Tarnung oder Camouflage funktioniert immer dann, wenn Anpassung an die Umgebung erfolgt. Anpassung - das Lieblingswort totalitärer Diktaturen. Aber Anpassung ist nicht immer schlecht. Die Menschheit sollte sich jedenfalls besser an die Rahmenbedingungen der Umwelt anpassen. Gerade aber geht es noch immer in die andere Richtung. Wir passen die Umwelt unseren überrissenen Bedürfnissen an.

Buntspechte begegnen mir immer wieder. Ich lade dich heute dazu ein, verschiedene Geschichten über den Specht zu entdecken.

Da wäre die indianische Fabel vom Raben und vom Specht, die von alte Rollenbilder bei Mann und Frau handelt. 

In der Geschichte "Das Eichhörnchen, der Specht und die Ameise" wird das Motiv variiert vom Dritten, der davon profitiert, wenn zwei sich streiten.

Etwas Biologie, verknüpft mit Rechtschreibung für Primarschülerinnen und -schüler gibt es im Gedicht "Ich bin ein Klopfer"

Bleibt noch die Fabel vom Specht und vom Löwen. Eine tibetanische Variante der biblischen Weisheitsliteratur. 

Und dann lese ich noch im Christlichen Lexikon: "Der Specht wurde im Christentum wegen seines ständigen Klopfens gelegentlich auch zum Symbol des unablässigen Gebets. „Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet." (Mt7,7). Da er die Würmer vertilgt, galt er zugleich als Feind des Teufels und damit zeitweilig als Symbol Christi."

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 24. Januar 2022

Ein Juwel im Winter - der Eisvogel

Ein Zitat

Eisvogel auf dem Stadtgebiet von Frauenfeld
Foto © Jörg Niederer
"Wie der Eisvogel erschaffen wurde zum Fische fangen und der Schmetterling zum Nektar saugen, so ist der Mensch zur Kontemplation bestimmt und zur Liebe zu Gott…" Ernesto Cardenal (1925-2020)

Ein Bibelvers - Matthäus 13,44

Jesus: "Das Himmelreich gleicht einem Schatz, der im Acker vergraben ist: Ein Mann entdeckte ihn und vergrub ihn wieder. Voller Freude ging er los und verkaufte alles, was er hatte. Dann kaufte er diesen Acker."

Ein Anregung

Es ist ein kleiner, tropisch anmutender Schatz im Grau und Braun des Januars. Ein Schatz, nach dem viel suchen und zunehmend fündig werden. Der Eisvogel. Weil er so selten geworden ist, wollen ihn alle fotografieren. Man könnte von einem Modetrend unter den Tierfotografinnen und -fotografen sprechen. Abgesehen von Hunden und Katzen werden gerade von keinem anderen Tier mehr Aufnahmen in den sozialen Medien gepostet. Nun folge also auch ich diesem Brauch, und zeige mit dieser eher dürftigen Aufnahme, dass ich den Eisvogel gesehen habe. In diesem Fall ist er mir an einem viel frequentierten Ort in Frauenfeld vor die Linse geflogen.

Die zunehmenden Beobachtungen des Eisvogels haben wohl auch mit dem Klimawandel zu tun. Denn dank des wärmeren Wetters bleiben mehr Kleingewässer im Winter eisfrei, und so findet der bunte Jäger auch im Winter seine Beute, kleine Fische. In der Folge sterben in der kalten Jahreszeit weniger Tiere an Nahrungsmangel, was auch Vogelzählungen belegen.

Die Vogelwarte Sempach weiss Mythologisches zu erzählen vom kleinen, heimlichen lebenden Sturztaucher. "Nach einer französischen Sage kam er zu seiner Farbenpracht, weil Noah ihn mit dem Auftrag, nach Festland Ausschau zu halten, fliegen liess. Wegen eines heftigen Sturms musste der Eisvogel so hoch fliegen, dass die Sonne unter ihm lag. Dabei nahm die Oberseite die Farbe des blauen Himmels an, die Unterseite färbte sich durch die Glut der Sonne rot."

Und damit wären wir bei einem weiteren Phänomen des Klimawandels. Nicht nur der Eisvogel nimmt an Zahl zu. Leider auch die Unwetter.

Die Fischchen jagt der Eisvogel von einem Ansitz aus, von dem er sich kopfüber ins Wasser stürzt, den Fisch ergreift und auf dem schnellsten Weg wieder auftaucht, sodass das Gefieder möglichst wenig nass wird, und er in der Folge noch fliegen kann. Anders als etwa die gleichgrosse Wasseramsel kann der geschickte Jäger im und unter dem Wasser nicht schwimmen.

Man beachte auch den entrindenden Teil des Astes, auf dem der Eisvogel sitzt. Daran schlägt der geschickte Jäger seine Beute tot, bevor er die Fischchen kopfüber schluckt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 23. Januar 2022

Das Wandern ist des Roboters Lust

Ein Zitat

Ein steiler Weg führt auf den Etzel.
Foto © Jörg Niederer
"...die Roboterprototypen gewannen an Reife, Autonomie und Zuverlässigkeit." Aussage über ANYmal auf der Webseite Scientifica

Ein Bibelvers - Apostelgeschichte 2,46a

"Tag für Tag versammelten sie sich als Gemeinschaft im Tempel"

Ein Anregung

Wandern ist eine meiner Leidenschaften. Darum finde ich es spannend, dass es nun auch einen wandernden Roboter gibt. Der Laufroboter ANYmal sieht ein bisschen wie ein blecherner Hund aus. Er geht auf vier Pfoten, und ist so geländegängig wie vor ihm keine andere Maschine. Das Gerät von der Robotic Systems Lab der ETH Zürich überwindet problemlos den steilen, mit Treppen und Wurzeln durchsetzten Wanderweg auf den Etzel. Dies gelingt, weil die Programmierer ANYmal nebst der visuellen Wahrnehmung auch mit Tastsinn in den Füssen ausgestattet haben.

Mich fasziniert, dass immer dann, wenn es vom Gelände her schwierig wird, nicht Räder zum Einsatz kommen, sondern Glieder. Wer Beine und Füsse hat, kommt einfach besser durch die Welt. Und das zeigt wieder einmal, wie genial wir Menschen und Tiere "konstruiert" sind. Folglich schauen Wissenschaftler beim Fliegen auf die Vögel, beim Schwimmen auf die Fische und beim Gehen auf die Hunde und Geparden und Tausendfüssler. Und wie wir Menschen, so muss auch der Wanderroboter das Gehen trainieren. 

ANYmal ist nun aber nicht als Rucksackträger bei Wanderungen gedacht (das würde mir auch gefallen), sondern für spezielle Aufgaben in sehr gefährlichem und schwierigem Gelände. Er wird wohl für den Katastropheneinsatz weiter optimiert und dann eingesetzt. 

Hier kann man sich ANYmal in Aktion ansehen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 22. Januar 2022

Ein eiszeitlicher fotografischer Blick auf die Gegenwart

Ein Zitat

Eiszapfen beim Aabach nahe Horgen
Foto © Jörg Niederer
"Eisklar herb und glitzernd frisch." Werbebehauptung über "Sprite"

Ein Bibelvers - Sprüche 27,19

"Wie ein Mensch im Wasser sein Gesicht erkennt, so erkennt er sich im Herz eines anderen Menschen."

Ein Anregung

Eis, von der Natur geformt, ist immer ein lohnendes Motiv vor der Kamera. Aber auch hinter der Kamera - oder genauer gesagt - zwischen Kamera und Motiv ist Eis eine faszinierende Sache.

Mathieu Stern, ein genialer Tüftler und Fotograf, hatte einen Traum. Er wollte durch eine Wassereis-Linse hindurch fotografieren. Und zwar durch Eis, das vor 10'000 Jahren gebildet wurde. Er fand es in einem Eisberg auf Island. Dann entstanden Filme und Fotografien durch eine Linse aus Wasser hindurch, das zu einer Zeit zu Eis gefroren war, als noch letzte Mammuts über die Tundren zogen. Diese technisch-künstlerische Meisterleistung kann durch dieses Video miterlebt werden. 

Spannend, wie die Gegenwart interpretiert wird durch eine Linse aus der letzten Eiszeit. Wie würde eine solche eiszeitliche Sichtweise meine Seinsweise ändern? 

In gewisser Weise ist die Bibel auch so eine Linse. Eine zwei- bis dreitausend Jahre alte Linse, durch die meine Gegenwart im Licht Gottes interpretiert und gesehen wird. Im besten Fall entzerrt sich dabei das gebrochene menschliche Dasein und wird heil und schön.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 21. Januar 2022

Das böse Reh

Ein Zitat

Rehe am helllichten Tag in Siedlungsnähe auf dem Lutikerriet
Foto © Jörg Niederer
"Das Reh überquert nicht unsere Strassen. Unsere Strasse durchquert den Lebensraum des Rehs." Herkunft unbekannt

Ein Bibelvers - Johannes 6,35

"Jesus entgegnete: 'Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nicht mehr hungern. Und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.'"

Ein Anregung

Für einmal ist es nicht der böse Wolf, der die Gemüter erhitzt. Für einmal sind die Rehe schuld. Seit ein paar Wochen mögen sie Grabschmuck. Besonders die Rosen, Chrysanthemen und Veilchen haben es ihnen angetan. Wintergestecke mit Tannzapfen lassen sie links liegen. Kaum verwunderlich. Davon finden sie im Hätterenwald, ihrem eigentlichen Lebensraum, genug. Und so ziehen sie des Nachts für einen besonderen Dessert auf den Friedhof Feldli in St. Gallen. Dort lassen sie es sich gut gehen an den frischen Grabbeilagen.

Hätte es auf dem Friedhof Wölfe, die Rehe wären wohl kein Problem. Aber wer will schon Wölfe auf einem Friedhof. Und so kommen halt die Rehe, und geben sich der pflanzengewordenen Trauer der Menschen hin. In St. Gallen erscheinen die Tiere des Nachts, wenn sich auf Friedhöfen sonst nur Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Zu sehen bekommt man sie Hierzulande also kaum, anders als etwa in England, wo sie sich in grossen Städten schon so an die Menschen gewöhnt haben, dass sie bei helllichtem Tag den für sie gastlichen Ort bei den Grabkreuzen unsicher machen. Zum Glück gilt die Kartoffel nicht als Grabschmuck, sonst kämen auch noch die Wildschweine.

Wie wird man die Rehe auf Friedhöfen wieder los? Abschiessen geht an diesen Orten nicht. So sollen Duftspuren sie vergrämen, die nach Mensch und Hund riechen. Vermutlich aber beendet der Frühling diesen vielfachen vierbeinigen Spuk. Mit dem Aufkeimen der Pflanzen finden die Rehe dann ihre Nach(t)speise auch wieder im Wald. 

Und sonst empfehle ich für die Winterzeit einheimischen, saisongerechten Grabschmuck. Und die Freude, dass es mitten auf dem Friedhof Lebensraum gibt für diese grazilen Tiere.

Sollte der Friedhof nicht sowieso ein Raum der Hoffnung und des erwarteten Lebens sein?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Donnerstag, 20. Januar 2022

Eine Frau setzt sich durch

Ein Zitat

Diese Bibel überstand den Brand des Pfarrhauses von 1709, bei dem John Wesley als Kind gerade noch gerettet werden konnte.
Foto © Jörg Niederer

"Hilf mir, Herr, mich daran zu erinnern, dass Religion nicht auf die Kirche beschränkt ist... und auch nicht nur im Gebet und in der Meditation ausgeübt wird, sondern dass sie überall dort geschieht, wo ich mich in Deiner Gegenwart befinde."
Susanna Wesley (1669-1742)

Ein Bibelvers - 2. Mose 15,20+21

"Die Prophetin Mirjam, die Schwester Aarons, nahm ihre Pauke in die Hand. Auch alle anderen Frauen griffen zu ihren Pauken und zogen tanzend hinter ihr her. Mirjam sang ihnen vor: Singt für den Herrn: Hoch und erhaben ist er. Rosse und Wagen warf er ins Meer."

Ein Anregung

Heute jährt sich die Geburt von Susanna Wesley zum 353. Mal. Die Mutter von John und Charles Wesley, den beiden Gründergestalten des Methodismus, war massgeblich beteiligt daran, dass John Wesley während der methodistischen Anfängen auch einzelnen Frauen das predigen erlaubte. Kein Wunder, hielt Susanna Wesley ja selbst gottesdienstliche Feiern bei sich zu Hause im alten Pfarrhaus von Epworth ab, an denen bis 300 Menschen teilnahmen.

Diese "Gottesdienste" begannen, als ihr Mann und Ortspfarrer Samuel Wesley für Geschäfte mehrere Wochen nach London verreiste. Sein Stellvertreter war wenig motiviert. Und weil Susanna ihren zehn Kindern eine gute geistliche Begleitung möglich machen wollte, begann sie mit dem, was wir heute Hauskreis nennen würden. Ihre Kinder luden dann weitere Kinder zu den Sonntagnachmittagsstunden ein, und was für Kinder und Jugendliche gedacht war, wurde immer mehr auch von Erwachsenen besucht. Bald fanden sich 50 Personen und mehr zu diesen Treffen ein. Doch das gefiel dem Pfarrverweser Godfrey Inman gar nicht, und er beklagte sich im Namen von einigen wenigen weiteren Gemeindegliedern der Pfarrei brieflich bei Samuel Wesley. Er solle seine Frau in die Schranken weisen.

Auch Susanna schrieb daraufhin ihrem Mann: "Wenn Sie es dennoch für angebracht halten, diese Versammlung aufzulösen, so sagen Sie mir nicht, dass Sie es wünschen, denn das wird mein Gewissen nicht befriedigen, sondern senden Sie mir Ihren ausdrücklichen Befehl, der mich von aller Schuld und Strafe für die Vernachlässigung dieser Gelegenheit, Gutes zu tun, freisprechen kann, wenn Sie und ich vor dem großen und schrecklichen Gericht unseres Herrn Jesus Christus erscheinen werden." 

Nach diesen klaren Worten gab es keine Kritik mehr an den Versammlungen im Pfarrhaus, weder von Samuel Wesley noch von Godfrey Inman.

Gut möglich, dass die auf dem Foto abgebildete Bibel an diesen sonntäglichen Treffen benutzt wurde. Sie überstand den Brand des Pfarrhauses, bei dem der sechsjährige John Wesley 1709 als Kind gerade noch aus dem Flammen gerettet werden konnte. Heute ist die Bibel im Museum of Methodism in der Wesley Chapel in London ausgestellt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 19. Januar 2022

Vegan im Pelikan

Ein Zitat

Eingang zum Restaurant "Formidable Pelikan" in St. Gallen.
Foto © Jörg Niederer
"Stop acting like a disgruntled Pelikan" (Höre auf, dich wie ein verärgerter Pelikan zu verhalten.) Redensart und Label

Ein Bibelvers - Psalm 102,6+7

"Meine Stimme versagt vor lauter Stöhnen. Nur noch Haut klebt an meinen Knochen. Ich fühle mich wie eine Eule [ein Pelikan] in der Wüste. Ich gleiche einem Steinkauz in Ruinen."

Ein Anregung

Der Pelikan, das ist ein Haus in St. Gallen, welches erstmals um 1400 erwähnt wird.

Der Pelikan, das ist ein veganes Restaurant in diesem Haus mit einem innovativen Konzept.

Der Pelikan, das ist der unverwechselbare Wasservogel mit dem dehnbaren Hautsack am Unterschnabel. 

Nicht ganz sicher ist, ob der Pelikan in der Bibel vorkommt. In neueren Übersetzungen scheint es ihn nicht mehr zu geben. In der Tiersymbolik der Kirche kommt er aber vor und gilt als Sinnbild für Christus. Im um 200 n. Christus entstandenen Büchlein "Der Physiologus" (der Naturkundige) - einem Bestseller im Mittelalter und damals nur mit der Bibel selbst vergleichbar - heisst es über den Pelikan: "Der selige Prophet David sagt in seinem Psalter: Ich bin gleich einem Pelikan in der Wüste [Psalm 102,7]. Der Physiologus hat von dem Pelikan gesagt, er gehe völlig auf in der Liebe zu seinen Kindern. Wenn er die Jungen hervorgebracht hat, dann picken diese, sobald sie nur ein wenig zunehmen, ihren Eltern ins Gesicht. Die Eltern aber hacken zurück und töten sie. Nachher jedoch tut es ihnen leid. Drei Tage lang trauern sie dann um die Kinder, die sie getötet haben. Nach dem dritten Tag aber geht ihre Mutter hin und reisst sich selber die Flanke auf, und ihr Blut tropft auf die toten Leiber der Jungen und erweckt sie."

Es ist leicht ersichtlich, dass hier Menschwerdung, Kreuzigung und Auferweckung Jesu durch scheinbare Naturbeobachtung verarbeitet sind. In der Folge entstand die Vorstellung, dass der Pelikan seine Jungen mit dem Blut aus seiner Brust nähre. (Beim Blut handelte es sich vermutlich um für die Jungen hervorgewürgten vorverdauten Fisch. Oder dann ist die während der Brutzeit rote Färbung des Kehlsacks beim Krauskopfpelikan eine Erklärung.)

Eine blutige Geschichte, die da mit dem Pelikan verbunden ist. Und ausgerechnet in einem nach diesem Vogel benannten Haus wird dem Tierwohl nun besonders grosse Beachtung geschenkt, indem rein vegan gekocht und gegessen wird. 

Auch ohne tierische Speise isst man gut, im "Formidable Pelikan", das die junge Wirtin Désirée Fatzer mit vielen Ideen und Neuerungen führt. Ich jedenfalls habe mich wohl gefühlt im Pelikan, dem Haus zum Tier, das gemäss christlicher Tradition für Hoffnung und Trost steht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 18. Januar 2022

Tauben - lebenslang treu

Ein Zitat

Ruhende Tauben beim Hafen von Horgen
Foto © Jörg Niederer
"Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach, sagt man. Der Spatz ist völlig anderer Meinung." Robert Lembke

Ein Bibelvers - Hohelied 6,9

"Doch für mich gibt es nur die eine: Sie ist mein makelloses Täubchen. Sie ist der Liebling ihrer Mutter, die wunderbarste Tochter, die sie geboren hat."

Ein Anregung

Tauben können beim Trinken das Wasser ansaugen. Ihre Jungen füttern sie mit Milch, die in einem ihrer beiden Kröpfe gebildet werden. Mit Nestern haben sie es nicht so. Diese sehen eher minimalistisch aus. Aber sie haben, mit Ausnahme der Arktis und Antarktis die ganze Welt besiedelt. Fast überall, wo es Menschen gibt, leben auch Tauben.

Unsere Stadttauben stammen wohl von verwilderten Brieftauben ab, die wiederum aus Felsentauben gezüchtet wurden. Stadttauben bezeichnet man wissenschaftlich als Pariaform. Gemeint sind damit rückverwilderte Haustiere. In meiner Jugend turtelten neben meinem Dachfenster die Stadttauben. Ihr gurren weckte mich jeden Morgen. Auch erinnere ich mich an die Fotos von den Reisen meiner Eltern, wie sie in Venedig auf dem Markusplatz als lebende Vogelständer für die Tauben figurierten.

Tauben leben sozial und brauchen doch einen Minimalabstand untereinander, damit sie sich wohl fühlen. Wie Menschen schliessen sie sich zu Arbeitsgemeinschaften zusammen. Wer zusammenwohnt, geht nicht zwingend gemeinsam der Nahrungssuche nach. Die Tiere haben in der Stadt nur gerade eine Lebenserwartung von 2 bis 3 Jahren. Von den Jungtieren sterben 90% im ersten Lebensjahr.

Da der Kot der Tiere aggressiv ist und die Gebäude schädigt, versucht man sie in ihrer Zahl zu kontrollieren. Das gelingt meist nicht, da Tauben Verluste durch mehr Nachwuchs wieder ausgleichen. Nur weniger Futter führt zu weniger Stadttauben. Darum gilt an vielen Orten ein Fütterungsverbot.

An Hochzeiten werden oft weisse Tauben fliegen gelassen. Damit diese Tauben wieder nach Hause finden, werden die monogam lebenden Taubenpaare getrennt, wobei dann das eine, das bei der Hochzeit aufgelassen wird, so schnell wie möglich versucht, wieder zum Partner zurückzufliegen. Man trennt also verliebte Tauben, damit verliebte Menschen ihre Vermählung feiern können. Das pass irgendwie nicht so.

Und manche der Tiere kehren gar nicht mehr nach Hause zurück, werden von einem Falken erwischt. So viel mir einmal auf einer Wanderung eine gerade geschlagene Taube beinahe auf den Kopf.

Bewundernswert jedenfalls ist die Treue der Taubenpaare. Und in der Liebe und Trauer fühle ich mich mit ihnen verbunden.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 17. Januar 2022

Es gallert

Ein Zitat

Heftiges Sommergewitter in Morges
Foto © Jörg Niederer
"Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus." Band Gloria (Album Gloria)

Ein Bibelvers - 1. Könige 18,45

"Dann ging es Schlag auf Schlag: Wolken verdunkelten den Himmel und Wind kam auf. Plötzlich fiel starker Regen. Ahab bestieg seinen Wagen und fuhr nach Jesreel."

Ein Anregung

Es gibt einige Begriffe für sehr starken Regen. Da giesst es in Strömen, der Regen prasselt und trommelt, pladdert und plästert, es schüttet wie aus Kübeln, die schweren Tropfen klatscht aufs Dach, es schifft und bullert vom Himmel, Wasser peitscht ins Gesicht.

Dann gibt es auch Menschen, die sprechen bei heftigen Regen davon, dass es "gallert" - und das hat nichts mit der Stadt oder dem Kanton St. Gallen zu tun. 

Gebräuchlich ist das Wort in Norddeutschland. Das Plattdeutsche Wörterbuch nennt noch weitere Bedeutungen für "gallern": Hauen, knüppeln, peitschen sich prügeln, sich schlagen, heftig regnen. 

Gallern beschreibt also, was wir in diesen Zeiten des Klimawandels noch öfter erleben werden. Hoffen wir, dass es ist St. Gallen nicht zu heftig gallert, auch nicht prügelnder Weise.

Lustig auch das in Bremen gebräuchliche plattdeutsche Wort "Galoppschoster". Ein Tipp: Es ist nicht der Hufschmied gemeint. 

Auf Platt heisst die Kirche "de Kark" und glauben "(g)löwen". "Fromm" dagegen bleibt auch bei denen, die Plattdeutsch proten "fromm".

Hier geht es zum Plattdeutschen Wörterbuch

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Sonntag, 16. Januar 2022

Das Alpha und Omega des Brots

Ein Zitat

Sauerteigbrot
Foto © Jörg Niederer
"Krümel sind auch Brot." Deutsches Sprichwort

Ein Bibelvers - Matthäus 6,11

"Gib uns heute unser tägliches Brot."

Ein Anregung

Die Universitäten Salzburg und Lüttich untersuchen gemeinsamen die Alltagssprache in den deutschsprachigen Regionen Europas. 

So haben sie festgestellt, dass es genau zwei Versionen gibt, mit der das "Gebet des Herrn" bezeichnet wird. Einmal als "Vaterunser" und dann als "Unservater". Aber dann gibt es auch noch die Beobachtung, dass diese Gebet in weinigen Regionen unbekannt ist.

Anders sieht es aus mit dem Teil des Brotes, das bei Gottesdiensten sehr selten für die Feier des Abendmahls verwendet wird. Ich meine den Anschnitt. Dafür gibt es unzählige Bezeichnungen: Kante, Anhau, Kipf, Kipfel, Ranft, Ränftchen, Rankl, Rafti, Knorze(n), Knust, Kniesje, Knäuschen, Knerzel, Knerzje, Scherz, Zipfel, Kruste, Kröstchen, Kirschte, Korscht, Knäppchen, Knippel, Marggel, Muger, Mutsch, Küpple, Reife, Riebele, Rindl, Chäppeli, Heudi, und auch "das Ende" (passend am Ende dieser Aufzählung).

In Wirklichkeit sind es noch mehr. Es scheint, dass die Enden des Brots die Menschen im Alltag stark beschäftigen. Sehr häufig seien die Bezeichnungen Scherz, Kante und Knust. Und in manchen Regionen wird das knusprige Anfangsstück (Knäusle) anders benannt als das vertrocknete Endstück (Riebele). 

So, das ist also das Alpha und das Omega des Brots. Ich wünsche dir einen gesegneten Sonntag mit mehr Knäusle als Riebele.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Samstag, 15. Januar 2022

Das reformierte Gesicht Zürichs

Ein Zitat

Lichtspiel auf der symbolische Darstellung der Gründungslegende des Fraumünsters, im Kreuzgang der Stadtzürcher Kirche.
Foto © Jörg Niederer
"Ein Christ syn ist nit schwätzen von Cristo, sundern wandlen, wie er gewamdlet hat." Huldrych Zwingli

Ein Bibelvers - Römer 1,20+21a

"Denn sein [Gottes] unsichtbares Wesen ist seit der Erschaffung der Welt erkennbar geworden – und zwar an dem, was er geschaffen hat. Es ist seine ewige Macht und seine Göttlichkeit. Deshalb haben die Menschen keine Entschuldigung. Sie kennen Gott."

Ein Anregung

Die Gründungslegende des Fraumünsters in Zürich erzählt von Hildegard und Bertha, den beiden Töchtern von König Ludwig dem Deutschen, welche auf dem Weg zu ihrem Gebetsplatz von einem Hirsch mit leuchtendem Geweih begleitet wurden. Vom königlichen Vater erbaten sie am Ort ihres Gebets ein Kloster, doch diesem gefiel der Standort im sumpfigen Abflussbereich des Zürichsee nicht. Nach intensivem Beten der Schwestern fiel auf wundersame Weise ein Seil vom Himmel, und umschloss genau die erbetene Stelle, an dem das Kloster daraufhin errichtet wurde. So entstand die Benediktinerinnenabtei Fraumünster in aktuell zentraler Lage des modernen Zürichs.

Heute ist das Fraumünster eine reformierte Kirche. Mit dem Lockdown 2020 begann der Lokalsender TeleZüri mit der reformierten Kirchgemeinde Zürich Gottesdienste zu produzieren und auszustrahlen. Auch in diesem Jahre wird alle zwei Wochen ein Gottesdienst gesendet. Das nächste Mal ist es am 23. Januar wieder soweit.

Vergangene Gottesdienste können auf der Webseite von TeleZüri immer noch angeschaut werden.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Freitag, 14. Januar 2022

Was sollen Kirchen tun?

Ein Zitat

In Kindern vereinen sich Mut, Verstand, Freude und Entdeckungsgeist
Foto © Jörg Niederer
"Was macht, dass ich so unbeschwert / Und mich kein Trübsinn hält / Weil mich mein Gott das Lachen lehrt / Wohl über alle Welt" Hans Dieter Hüsch

Ein Bibelvers - 1. Chronik 16,10+11

"Rühmt seinen heiligen Namen! Von Herzen sollen sich alle freuen, die den Herrn suchen! Fragt nach dem Herrn und seiner Macht! Kommt vor sein Angesicht zu jeder Zeit!"

Ein Anregung

Vorgestern am Neujahrsempfang in der Christkatholischen Kirche St. Gallen hielt Theodor Pindl, Intendant von WirkRaumKirche, eine seiner intelligenten und anregenden Reden. Darin wünschte er den Kirchen Viererlei: Mut, Verstand, Entdeckergeist und Freude. Aus jedem dieser vier Teile hier ein anregendes Zitat:

Mut: "Zu einfach wäre es jedenfalls – wie es der reformierte Theologe Ingolf Dalfehrt sagt – die Rolle der Kirchen 'auf die von NGOs zur Weltverbesserung zu verkürzen und sie damit um ihre religiöse und gesellschaftliche Wirkkraft zu bringen.' 'Wenn man nur noch sagt, was alle anderen auch sagen würden, [wenn sie aufmerksam wären und nachdenken würden,] dann hat man auch dann nicht Genügendes gesagt, wenn man allgemein nur Zustimmung erhält.'" 

Verstand: "Gegen das Überhandnehmen der vielfachen Unfehlbarkeitserklärungen und Verdammungen der Andersgläubigen müssen nun die Kirchen – und das ist vielleicht für viele ungewohnt! – das Lob des Zweifels und des Zauderns, des vernünftigen Arguments, des belastbaren Urteils und des gesunden Menschenverstands, des Selber-Denkens singen – kurz das Mantra der Aufklärung 'sapere aude' (wage es, weise zu sein)! Sie müssen Anwälte des strittigen, aber auch fairen Diskurses werden, müssen den Empörungsblasen die Luft herauslassen und dem Verschwörungsgeraune rationale Abrüstungssätze entgegensetzen." 

Entdeckergeist: "Johann Baptist Metz hat schon vor langer Zeit von einer 'Kirche mit dem Gesicht zur Welt' gesprochen. Ins Offene denken, unser Glaube lässt uns grossherzig, nicht kleingläubig sein. Sich am Erfahrungsschatz des Ungewöhnlichen und Ungewohnten freuen, sich überraschen lassen, neugierig auf Fremdes sein, die Andersheit des Anderen schätzen... Und dem heiligen Geist noch etwas zu tun übriglassen! Es geht letztlich doch darum, sich selbst und andere für Gottes Wirken zu öffnen und immer wieder der ersten frischen Brise des Evangeliums nachzuspüren..."

Freude: "Das wünsche ich uns allen besonders: Lassen wir uns die Freude nicht nehmen, sie wurzelt in der Dankbarkeit des Herzens, die verbunden ist mit dem Lobpreis unseres grossen Gottes, der nicht gross ist, weil er fern ist, sondern nah; er ist uns 'näher als wir uns selbst es sind', wie Augustinus sagt. Künden wir mit unserer Freude immer wieder von der Hoffnung, die uns trägt..."

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde


Donnerstag, 13. Januar 2022

Offene Türen

Ein Zitat

Blick aus der Christkatholischen Kirche über die Stadt St. Gallen
Foto © Jörg Niederer
"Wo alle loben, habt Bedenken. / Wo alle spotten, spottet nicht. / Wo alle geizen, wagt zu schenken. / Wo alles dunkel ist, macht Licht." Konstantin Wecker nach dem Gedicht des Theologen Lothar Zenetti.

Ein Bibelvers - Johannes 6,37

Jesus: "Alle, die mein Vater mir anvertraut, werden zu mir kommen. Und wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen."

Ein Anregung

Jeden Januar lädt die Christkatholische Kirche Vertreterinnen und Vertreter von kirchlichen Partnerorganisation zum Neujahrsempfang. Dann - und auch sonst - sind die Türen zu dem kunstvollen Bauwerk und zur Gemeinde offen, und nebst besonderen Präsentationen gibt es immer auch ein feines Essen.

Offene Türen. Da denke ich natürlich an die Jahreslosung von 2022. Christus der zusagt, dass er niemanden abweisen werde.

Im Auftrag des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg entsteht jedes Jahr ein moderner Song zur Jahreslosung. So auch in diesem Jahr. Für Text und Musik zeichnen Gottfried Heinzmann und Hans-Joachim Eißler verantwortlich. Auf der Webseite kann das Lied in verschiedenen Versionen angehört werden. Auch Andachten und Bildbetrachtungen können heruntergeladen werden.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Mittwoch, 12. Januar 2022

Keine Angst davor, nicht abzuheben

Ein Zitat

Die Spuren der Flugzeuge über dem Bahnhof Frauenfeld
Foto © Jörg Niederer
"Ihr aber seht und sagt: Warum? Aber ich träume und sage: Warum nicht?" George Bernard Shaw

Ein Bibelvers - Philipper 1,6

"Ich bin ganz sicher: Der das gute Werk bei euch begonnen hat, der wird es auch vollenden – bis zu dem Tag, an dem Jesus Christus wiederkommt."

Ein Anregung

Das Wolkenfenster ist nur klein. Zu sehen sind darin viele Kondensstreifen von Flugzeugen. Um keine Startfenster zu verlieren, lassen die Fluggesellschaften auch halbleeren Flugzeugen abheben. Und so ist der Himmel voll von ihnen, selbst in diesen Zeiten, in denen tausende das Haus coronabedingt gar nicht verlassen dürfen.

Geflogen wird also, um in Zukunft auch noch fliegen zu können. Was tun wir alles nur deshalb, damit wir es in Zukunft auch noch tun können? Womit wollen wir den Veränderungen widerstehen? Tun wir es für uns, für die Sache, für Gott oder für die Kirche?

Ich wünsche mir einen mit viel Vertrauen gepaarten Realismus. Ich will mich nicht Fürchten vor Veränderungen und den Folgen neuer Umstände.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Dienstag, 11. Januar 2022

Spirituelle Ausblicke

Ein Zitat

Gedanken vom Glück beim Steinernen Tisch auf dem Buechberg bei Thal.
Foto © Jörg Niederer
"Willst du glücklich sein im Leben, dann sei es!" Leo Tolstoi

Ein Bibelvers - Genesis 2,2

"Am siebten Tag vollendete Gott sein Werk, das er gemacht hatte. An diesem Tag ruhte er aus von all seiner Arbeit, die er getan hatte."

Ein Anregung

Heute gibt es um 20 Uhr auf Instagram ein Gespräch mit dem Netzabt Dave Jäggi. Zum Austausch lädt die Instagramseite Glaubensweite ein. Der Live Talk kann auch später noch angesehen werden.

Aus der selben Netzkloster-Küche kommt der Hinweis auf eine meditative Seite. Ähnlich wie im Blog, in dem du gerade liest, gibt es jeden Tag ein Bild. Dazu kommt ein Satz oder Gedanke. Die Einblick erhält man auf untermdach.online

Die Fotos sind meditativ und bereiten Freude. Detlef Sturm zeichnet dafür verantwortlich. Seine Passion, so schreibt er, sei "Stilles Sitzen". Ob er deshalb so freundlich und glücklich von der Kontaktseite dem/der Betrachtenden entgegenschaut?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Montag, 10. Januar 2022

Alljährliches Lichterlöschen

Ein Zitat

Weihnachtsbeleuchtung im Januar auf dem Marktplatz Weinfelden
Foto © Jörg Niederer
"Wahrlich, keiner ist weise, der nicht das Dunkel kennt." Hermann Hesse

Ein Bibelvers - Psalm 139,11+12

"Jesus Christus spricht: ‘Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen’."

Ein Anregung

Alljährliches Lichterlöschen. Nun werden sie wieder abgebaut, die Adventsbeleuchtungen in den Städten und Dörfern. Ein Glühweinstand nach dem andern verschwindet. Und da, wo sie noch stehen, sind sie nur noch spärlich besucht.

Ich schmücke pro Advents- und Weihnachtszeit so ein bis zwei Bäume. Die städtischen Angestellten dekorieren aber ganze Strassenzüge mit den Lichtern. Und auch zum Abräumen brauchen sie wieder viel Zeit, die sie in unangenehmer Lage in der Kälte verbringen. Hut ab.

Wie geht es dir? Hast du die Lichter nun gesehen? Oder möchtest du am liebsten das ganze Jahr Weihnachten?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde