Ein Zitat
"Da die Welt nicht würdig war, den Sohn Gottes direkt aus den Händen des Vaters zu empfangen, gab er seinen Sohn Maria, damit die Welt ihn von ihr empfangen kann." Hl. Augustinus von Hippo (354-430)Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Markus 3,31
"Inzwischen waren die Mutter und die Brüder von Jesus gekommen. Sie blieben draußen stehen und schickten jemand, der ihn rufen sollte."
Eine Anregung
Ist das Adam mit dem Feigenblatt, der hier das gespiegelte Stadtwappen von Frauenfeld den Betrachtenden entgegenhält. Es könnte auch irgend ein wilder Mann sein, eine Gottheit der Griechen oder Römer. Urchig sieht der Kerl aus mit seinem Eichenkranz und dem behaarten Körper.
Diese Darstellung findet sich im 1. Stock des Rathauses in Frauenfeld. Da der Name "Frauenfeld" meint: Feld der (Jung-)Frau (Maria), handelt es sich bei der Frau auf dem Wappen logischerweise um die Jungfrau Maria. Irritierend ist, dass sie als Bürgerfrau dargestellt wird. Maria als verheiratete Frau mit Familie kommt aber auch in der Bibel vor. Anstelle eines Nimbus trägt sie eine goldfarbene Haube.
Mich verunsichert der dunkle Teint der Dame. Zwar passt das zu einer Frau aus dem Nahen Osten. Aber war das wirklich die Idee des Künstlers oder der Künstlerin? Es wäre bemerkenswert, angesichts der blonden Jesuskindchen auf anderen Darstellungen jener Zeit.
An der Kette führt Maria einen roten Löwen. Er stehe für die Habsburger, welche für das Kloster Reichenau als Vögte von Frauenfeld amteten. Noch eines fällt auf: Maria und der Löwe tragen Partnerinnenlook. Sie gehören, so verschieden sie sind, zusammen. Dabei ist klar, wer das Sagen hat. Nicht die Habsburger, sondern das Kloster Reichenau, nicht die weltliche, sondern die kirchliche, göttliche Gewalt.
Man beachte beim Löwen auch die Stellen, die golden ausgezeichnet sind. Symbolisch sind so Gewalt und Sexualität unter Kontrolle der Jungfrau Maria. Es ist die heilige Frau, die den potenten und bedrohlichen (Löwen-)Mann an der Kette führt.
Gut möglich, dass gelegentlich eine Frau auf das Wappen von Frauenfeld zeigte, und zu ihrem Mann sagte: Siehst du wer da Chefin ist?
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen