Donnerstag, 14. März 2024

Es geht noch schneller

Ein Zitat

Anzeige im Railjet Express auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke vor Wien.
Foto © Jörg Niederer
"Kein Mensch ist so beschäftigt, dass er nicht die Zeit hat, überall zu erzählen, wie beschäftigt er ist." Robert Lembke (1913-1989)

Ein Bibelvers - Psalm 90,4

"Denn tausend Jahre vergehen vor deinen [Gottes] Augen, als wäre es gestern gewesen. Sie gehen so schnell vorbei wie eine Nachtwache."

Eine Anregung

Da rase ich mit 240 Sachen auf Wien zu, und kein Mensch im Zug nimmt davon gross Notiz. Natürlich weiss ich, dass es auf Schiene und Strasse noch viel schneller geht. Aber auf Schiene scheint es mir, als wären 240 Stundenkilometer noch gar nichts, während es mir früher auf der Autobahn mit dem Mini Cooper meiner Mutter schon bei 150 Angst und Bange wurde. Geschwindigkeit ist relativ. Geschwindigkeit ergibt sich aus der Bewegung, die über eine genau definierte Zeit erfolgt. Sobald ich mich aber in gleicher Geschwindigkeit parallel zum Zug oder sogar innerhalb desselben bewege, erscheint es, als gäbe es keine Geschwindigkeit und kaum Bewegung. Ich darf dabei einfach nicht aus dem Fenster schauen, da dann wird das Tempo doch wieder sichtbar, wenn auch noch immer nicht gross spürbar.

Von der Relativität der Zeitwahrnehmung wusste man schon, als die biblischen Psalmen geschrieben wurden. Dabei wurde allein Gott die Möglichkeit zugesprochen, etwas zu tun, was viele Menschen möchten, nämlich die Zeit vor- und eben auch zurückspulen zu können.

Bis ich dann von Wien aus wieder mit 240 Stundenkilometern Richtung Schweiz rattern werde, bewege ich mich etwas gemächlicher in der Zeit und mit der Zeit. Mal schauen, ob der Stephansdom noch immer am selben Ort steht und was die Zeit an ihm mit welcher Geschwindigkeit und Intensität weitergenagt hat (als würde die Zeit nagen).

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufe

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