Montag, 13. Februar 2023

Möwe fotografiert, Bildband erhalten

Ein Zitat

"AVES VÖGEL Charakterköpfe" ist ein aussergewöhnliches Buch mit Fotos von Tom Krausz und Texten von Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni.
Foto © Jörg Niederer
"Unsere Tierliebe gilt heute den Individuen; aber darauf können wir uns nichts einbilden, das geschieht aus der Not." Professor Dietmar Schmidt in: Tom Krausz, Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni, "AVES VÖGEL Charakterköpfe", München und Hamburg 2020, S. 15

Ein Bibelvers - 1. Mose 2,19+20a

"Gott der Herr formte aus dem Erdboden alle Tiere auf dem Feld und alle Vögel am Himmel. Dann brachte er sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde. Jedes Lebewesen sollte so heißen, wie der Mensch es nannte. Also gab der Mensch ihnen Namen..."

Eine Anregung

Weil ich unter den vielen tausend Lachmöwen die eine entscheidende fotografierte, wurde mir als Preis ein besonders schönes Buch überreicht. Ich hatte also Glück, dass ich genau den richtigen Vogel ablichtete. Einmalig war dieser Moment auch weil ich dort in Zürich an der Sihl wohl kaum wieder sagen könnte, welche Lachmöwe es gewesen war, die mir nun Lese- und Sehvergnügen bereitet mit einem Buch, in dem zwar viele Vögel vorkommen, aber keine Lachmöwen. 

Gut, auch mit dieser Möwe hätte es nicht eine solche Wendung genommen, wäre sie nicht just im rechten Moment auf dem Kopf eines Mannes gestanden. Es wäre wohl auch anders herausgekommen, hätte dieser Kopf nicht einem bekannten Journalisten und Buchautor gehört, einem überaus kreativen Vogelliebhaber. Nichts wäre aus dem Buch geworden, wäre das Foto von Urs Heinz Aerni – so heisst dieser Journalist – mit der Möwe auf dem Kopf nicht in einer grossen Zürcher Zeitung erschienen, was wiederum eine kleine Kettenreaktion an Verdankungen auslöste, beim Journalisten mit Wein und bei mir mit dem Bildband von Portraits gefiederter Charakterköpfen. 

Ich bin fasziniert von Tom Krausz' Fotografien. Geniale Tiere, genial festgehalten. Physiognomien, Gesichtszüge von grosser Eindringlichkeit, nicht farbig schrill wie ein Teil der Vogelwelt, sondern in klassischem Schwarzweiss, so dass die Formen, der Blick, die Strukturen offensichtlich Verborgenes erkennbar hervortreten lassen. Zu jedem abgebildete Vogel gibt es Texte von Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni. Diese haben es in sich, es geht augenzwinkernd und philosophisch zu, Schwarzweiss gedruckt und doch weit mehr als Licht und Schatten. 

Dann wäre da noch auf einer der ersten Seiten diese Buches ein biblischer Bezug in den Gedanken von Professor Dietmar Schmidt zu entdecken. Er schreibt vom "adamitischem Reflex". Gemeint ist die "...Szene, in der Adam, der erste Mensch, die Tiere um sich versammelt, um ihnen Namen zu geben - und um im Akt der Benennung seine Herrschaft über das Tierreich zu proklamieren".

Wir Menschen haben einen Drang, alles zu ordnen und zu benennen. Auch einige Vögel, die Raben etwa, können in ihrer Sprache uns Menschen als Gattung von andern Tieren unterscheiden. Selbst zwischen Mensch und Mensch differenzieren sie, erkennen Gesichter, ordnen den Individuen Eigenschaften zu. "Sie sehen uns an..." schreibt Elke Heidenreich als Allererstes im Buch.

Individualisierung: In einer Mail habe ich Urs Heinz Aerni gefragt, ob die Möwe ihn schon vor dem Foto gekannt habe. Er antwortete (augenzwinkernd?): "...ja, der Vogel heißt Eduard".

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

1 Kommentar:

  1. Danke für den Beitrag. Übrigens, wir wurden von TV DIE REDAKTION zu diesem Buch befragt. Kann man hier sehen und hören: https://www.youtube.com/watch?v=fo3LXylZ5QY&t=41s

    AntwortenLöschen