Ein Zitat
"Die Post ist die Trösterin des Lebens, denn sie verwandelt Abwesende in Gegenwärtige." Voltaire (1694-1778)Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Römer 16,22
"Ich, Tertius, grüße euch ebenfalls. Ich habe diesen Brief im Dienst des Herrn für Paulus niedergeschrieben."
Eine Anregung
Ich habe mich redlich bemüht, den Sinn herauszufinden. Erfolgreich war ich nicht. Es ist ein bisschen so, wie bei Paracelsus. Er schriebe in logischen Sätzen, aber inhaltlich bleibt er unverständlich bis mehrdeutig.
Aber zur Sache. Die von 1911-1915 im Jugendstil erbaute Hauptpost in St. Gallen weist eine Reihe von Steinmetzarbeiten auf, darunter auch die abgebildete Skulptur. Drei Meerjungfrauen mit Engelsflügeln tragen eine grosse Kugel. Dazwischen finden sich zwei Knaben, der eine mit einem Fussball (?), der andere mit einem posthornähnlichen Blasinstrument.
Das muss ja – habe ich mir gedacht – irgendetwas mit der Post zu tun haben. Es erinnert mich ein bisschen an das Weltpostdenkmal in Bern. Aber dann doch wieder nicht. Erst dachte ich an Engel, aber was soll der schneckenförmig aufgerollte Schwanz der Wesen?
Weil sich zu diesem Kunstwerk wirklich kaum etwas finden lässt im weltweiten Web, nicht einmal ein Foto gibt es davon (bis jetzt!!), darf ich wohl einfach ein wenig spekulieren.
Die Post liefert in die ganze Welt. Das könnte mit der grossen Kugel zuoberst dargestellt sein. Die Post tut dies zu Luft und zu Wasser. Darum diese zwitterhaften Engelswesen; oder sind es Meerjungfrauen? Der nackte Junge rechts bläst wohl in ein Posthorn.
Nun wird es schwierig. Was bitte schön hat ein nackter Fussballer mit der Post zu tun. Ist es, weil die Mannschaft des FC St. Gallens einst mit dem Postauto zu den Auswärtsspielen reiste? War der Sohn des Posthalters ein Tschütteler? Testete die Post die Beförderung der Briefpost in Fussbällen, die von Briefträger zu Briefträger gespielt wurden? Und waren die Briefträger damals wirklich nackt? Fragen über Fragen!
Es könnte aber auch eine in Stein gemeisselte Prophezeiung sein auf den Jahre später beliebten FC Sangalle-Fussballer Tranquillo Barnetta. Ein bisschen gleicht der Junge mit dem Ball ja auch diesem herausragenden Mittelstürmer. (Ich meine bei der Ähnlichkeit natürlich die Gesichtszüge und nicht den Körperbau.)
Die Skulptur bleibt für mich ein Stein mit sieben Siegeln. Wenn mir diesbezüglich niemand auf die Sprünge hilft, werde ich mir wohl ab jetzt jeden Morgen, wenn ich vom Bahnhof St. Gallen zur Hauptpost hinüberschaue, den Kopf zerbrechen, was Barnetta und die drei hübschen Unterwasserengel miteinander zu tun haben. Also: Bitte befreit mich aus dieser Amphibolie!
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde
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