Freitag, 27. Januar 2023

Von der Dummheit und dem Verrat

Ein Zitat

Turm des Verrats (ganz rechts) in der Stadtmauer von Estavayer-le-Lac.
Foto © Jörg Niederer
Heere verheeren verheerend.

Ein Bibelvers - 1. Samuel 24,2+3

"Als Saul von der Verfolgung der Philister zurückkam, erreichte ihn die Nachricht: 'Pass auf, David ist jetzt in der Gegend von En-Gedi!' Da nahm Saul 3000 Mann mit sich, es waren die besten Soldaten aus ganz Israel. Mit ihnen machte er sich auf die Suche nach David, der mit seinen Leuten bei den Steinbock-Felsen war."

Eine Anregung

Die Geschichte wiederholt sich. In frühen Zeiten der Eidgenossenschaft verstand man sich gut mit den Burgundern und bezog das lebenswichtige Salz aus deren Salinen von Salins. (Da denke ich doch gleich an das russische Gas!). Noch am am 22. Mai 1467 besiegelten die Eidgenossen mit Herzog Philipp dem Guten und Karl dem Kühnen einen Freundschaftsvertrag. Doch dann verbündete sich der Burgunderherzog Karl am 9. Mai 1469 im Vertrag von Saint-Omer (Da kam ich auf meiner Reise zu Fuss von Frauenfeld nach London vorbei) mit den Österreichern gegen die Eidgenossen. Darauf schlossen die Eidgenossen 1470 mit dem Hauptgegner der Burgunder, dem französischen König Ludwig XI., einen Neutralitätspakt.

Durch die Hinrichtung eines burgundischen Landvogts brach 1474 der Burgunderkrieg im Elsass aus. 1476 belagerten die Burgunder die Stadt Murten. Doch die vereinten Streitkräfte der Eidgenossen bezwangen in der Schlacht zu Murten am 22. Juni 1476 das feindliche Heer. Ein Jahr später endeten dann die Burgunderkriege mit kompromissreichen Friedensschlüssen und Landabtretungen.

In Estavayer-le-Lac am Neuenburgersee erinnert der "Turm des Verrats" an diese Wirren. Auf der Fotografie ist er ganz rechts zu sehen. Jedoch ist es nicht mehr der originale Turm aus dem Jahr 1475, als die Eidgenossen die Stadt eroberten. Dass der Turm so heisst, ist mit einer sagenhaften Überlieferung verbunden. So sollen die Wächter auf dem Turm, mutlos geworden unter den Angriffen der Eidgenossen, panikartig den Turm verlassen haben. Dabei vergassen sie die zur Flucht benutzte Strickleiter einzuholen. Nun hatten die Eidgenossen ein leichtes Spiel, drangen über diesen Turm in die Stadt ein, plünderten sie und besetzten das Schloss. 

Verrat spielt in den biblischen Texten oft eine Rolle. Der berühmteste Verrat ist dabei zweifellos der von Judas Iskariot, der Jesus den jüdischen Behörden auslieferte.

Unser Verständnis von Verrat beinhaltet bewusstes Handeln gegen die Interessen der befreundeten oder verbündeten Menschen. So gesehen war der Verrat von Estavayer-le-Lac wohl eher ein Akt der Feigheit oder Dummheit. 

Nun frage ich mich: Was kommt in meinem Leben und Handeln öfters vor: Feigheit, Dummheit oder Verrat?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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