Dienstag, 10. Januar 2023

Eine frühe methodistische Predigerin, verewigt in einem englischen Bestseller

Ein Zitat

Der Galgen von Olten steht nicht mehr am Originalstandort.
Foto © Jörg Niederer
"Ich will gar nicht bestreiten, dass die Frauen töricht sind. Der Allmächtige hat sie halt auf uns Männer zugeschnitten." George Eliot (1819-1880), eigentlich Mary Ann Evans, englische Schriftstellerin

Ein Bibelvers - Lukas 15,7

Jesus "Das sage ich euch: Genauso freut sich Gott im Himmel über einen Sünder, der sein Leben ändert. Er freut sich mehr als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben, ihr Leben zu ändern."

Eine Anregung

Im Methodismus gab es schon früh auch Frauen, die predigten. Eine von ihnen war Elizabeth Ann Evans (1775-1849). Geboren als Elizabeth Tomlinson bekehrte sie sich 1797 in einer methodistischen Versammlung in Nottingham, England. Sie überlebte eine Typhuserkrankung. Bald begann sie zu predigen. Samuel Evans, der sie 1804 hörte, war davon so begeistert, dass er ihr einen Heiratsantrag machte.

Verheiratet predigten beide innerhalb ihrer methodistischen Kirche. Doch bald schon bekam Elizabeth Ann Evans und eine weitere Predigerin, Mary Taft, Probleme durch konservative Gemeindegliedern. Der daraufhin auch offizielle Widerstand gegen ihren Verkündigungsdienst führte dazu, dass ihre Namen in der Predigerliste durch Sternchen ersetzt wurden. Darauf wechselte das Ehepaar Evans in die Arminianische Methodistenkirche, in der es Frauen erlaubt war zu predigen. Diese Kirche existierte lediglich wenige Jahre und zählte in der besten Zeit gerade einmal 1600 Gläubige.

Mit der Heirat in die Evans-Familie wurde Elizabeth Ann Evans die Tante von Mary Ann Evans. Diese schrieb etliche Bücher und Romane unter dem Pseudonym George Eliot. In ihrem Erstlingswerk verarbeitete die Autorin eine traurige Geschichte über einen Kindermord. Als Vorbild diente ihr dabei die Geschichte von Mary Taft (1778-1802), welche ihre Tochter vergiftet hatte, und dafür mit dem Tod bestraft wurde. 

Drei Tage vor deren Hinrichtung besagter Mary Taft besuchten die Methodistinnen Elizabeth Tomlinson (die spätere Elizabeth Evans), Miss Richards und der Methodist John Clark die Kindsmörderin, mit der Absicht, sie vor der ewigen Verdammnis zu retten. Im Folgenden zitiere ich Adrian Gray in einem Beitrag auf Facebook:

"'...Unter ihrer Obhut beichtete Voce und vertraute auf Jesus. Wie verstockt sie auch während der Haft erscheinen mochte... innerhalb der kurzen Zeitspanne von drei Tagen wurde sie ein neues Geschöpf, erkannte ihre Schuld an und flehte Gott um Vergebung an', heißt es im Nottingham Date Book.
Am Tag der Hinrichtung, dem 16. März 1802, 'sangen über hundert Stimmen auf dem ganzen Weg zum Galgen und am Galgen Bussgesänge, und drei oder vier Personen (aus der Verbindung Halifax [Place]) fuhren freiwillig im Hinrichtungswagen mit'. Auf dem Schafott sagte Mary Voce: 'Das ist der schönste Tag, den ich je erlebt habe. Ich bin sehr glücklich. Ich würde lieber sterben als leben'. Als man ihr die Mütze aufsetzte, sagte sie: 'Ehre sei Jesus. Ich werde bald in der Herrlichkeit sein. Die Herrlichkeit hat in der Tat schon in meiner Seele begonnen, und die Engel Gottes sind um mich herum.'"  

Elizabeth Ann Evans wurde durch George Eliot im Buch "Adam Bede" als Dinah Morris verewigt. Das Buch wurde ein Bestseller, und George Eliot zu einer der erfolgreichsten Autorinnen der Viktorianischen Zeit. Den Roman "Adam Bede" gibt es auch heute, 170 Jahre nach Veröffentlichung, immer noch im Buchhandel, sogar in deutscher Sprache, herausgegeben vom Reclam-Verlag.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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