Donnerstag, 2. Juni 2022

Fehlende Bodenhaftung

Ein Zitat

Ein Fussweg ohne Haftung führt durch das Sacktobel
Foto © Jörg Niederer
"Die Wandernden... müssen vielmehr darauf vertrauen, dass Geländer, Brücken, Leitern etc. ihrer Bestimmung entsprechend benutzt werden können." Leitfaden "Gefahrenprävention und Verantwortlichkeit auf Wanderwegen"

Ein Bibelvers - Psalm 23,4

"Und muss ich durch ein finsteres Tal, fürchte ich kein Unglück. Denn du bist an meiner Seite! Dein Stock und dein Stab schützen und trösten mich."

Ein Anregung

Sacktobel gibt es in der Schweiz in Eggersriet SG, in Furna, Grüsch und Luzein GR, in Lütisburg, Oberuzwil und Waldkirch SG, in Pfäffikon und Wetzikon ZH, sowie im Safiental GR.

Dasjenige "Sacktobel ohne Haftung" befindet sich bei Auslikon am Pfäffikersee, und ist tatsächlich nicht ganz ohne. Der privat von Emil Rutz und Reinhold Bär 1988 erstellte Weg ist nicht mehr im besten Zustand. Zuletzt wurden 2019 Instandstellungsarbeiten durchgeführt. 

Bei einem Sacktobel handelt es sich um einen "Geländeeinschnitt von sackartiger Form". Wir kämpften uns über steile Wegabschnitte mit Winterschäden hinunter zum namenlosen Bach in der kleinen Schlucht, fanden uns auf einem Wiesenweg in mannshohem Gras, überquerten fussbreite Profilblechbrücken und landeten schlussendlich vor dem Wegweiser mit dem Hinweis auf die fehlende, beziehungsweise abgelehnte Haftung. Ob die mehrdeutige Anschrift gewollt ist? An diesem relativ trockenen Tag war die Bodenhaftung gut, die Gefahr auszugleiten klein. 

Mit der rechtlichen Haftung sieht es da schon viel komplizierter aus. In der Schweiz gibt es vom Bundesamt für Strassen ASTRA den fast 100 seitigen Leitfaden "Gefahrenprävention und Verantwortlichkeit auf Wanderwegen". Bezugnehmend auf das Bundesgesetz über Fuss- und Wanderwege (FWG) wird darin grundsätzlich festgehalten: "Wanderwege sollen 'möglichst gefahrlos' begangen werden können (Art. 6 Abs. 1 Bst. b FWG)". Jedoch heisst es dann in dieser Wegleitung: "Die Eigenverantwortung der Wandernden hat... traditionell einen hohen Stellenwert." Dies gilt ausdrücklich für die sorgfältige Planung, die an die eigenen Fähigkeiten angepasste Routenwahl, die passende Ausrüstung und die Beachtung der Wetterverhältnisse. Und weiter steht da geschrieben: "Ein umfassender Schutz kann auf keinem Weg erwartet werden." 

Ob aber mit einem Hinweis auf dem Wegweiser jede Haftung der Wegerbauer abgelehnt werden kann? Ich zweifle daran.

Wie die Haftungsfrage auf den "Glaubens- und Lebenswegen" aussieht, was man an Verantwortung auf Gott abschieben kann und wofür man selbst verantwortlich ist, ist eine andere, nachdenkenswerte Frage? Auch da habe ich den Eindruck, dass die Eigenverantwortung gross geschrieben ist.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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