Donnerstag, 16. September 2021

Respekt vor dem Heiligen

Ein Zitat

Altarraum der Kathedrale Notre-Dame-de-la-Treille in Lille, Frankreich
Foto © Jörg Niederer
"Die erste Wirkung der Liebe besteht darin, uns eine große Ehrfurcht einzuflößen." Blaise Pascal, französischer Mathematiker, Physiker und Philosoph (1623-1662)

Ein Bibelvers - 2. Mose 3,5

"Da rief ihn Gott mitten aus dem Dornbusch: 'Mose, Mose!' Er antwortete: 'Hier bin ich!' Gott sprach: 'Komm nicht näher! Zieh deine Schuhe aus! Der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land.'"

Ein Anregung

Katholiken, welchen eine Kirche betreten, benetzen sich mit Weihwasser, und bevor sie sich hinsetzen, verbeugen sie sich Richtung Altar und Hostie und schlagen dabei da Kreuz. Damit drücken sie ihre Ehrfurcht und den Respekt vor dem Heiligen aus. 

In der reformierten Kirche stellen sich die Gläubigen erst hin mit Blick nach vorn ins Kirchenschiff, sprechen ein stilles Gebet, und setzten sich erst danach. Damit drücken sie ihre Ehrfurcht und den Respekt vor dem Heiligen aus. 

In orthodoxen Kirchen küssen die Gläubigen die Ikonen. Damit drücken sie ihre Ehrfurcht und den Respekt vor dem Heiligen aus.

In enthusiastischeren Freikirchen ist die Zeit des Lobpreises der Moment, in dem sich die Singenden ganz Gott zuwenden, aufstehen, die Augen schliessen und ihre Hände gen Himmel erheben. Damit drücken sie ihre Ehrfurcht und den Respekt vor dem Heiligen aus. 

In anderen Freikirchen setzen sich die Gläubigen hin, sprechen ein stilles Gebet - oder auch nicht - und warten still, bis der Gottesdienst beginnt. Oder sie unterhalten sich mit der Banknachbarin über das Wetter, die Kinder, die Tagespläne, die abwesenden Mitchristen. Damit drücken sie - ja was drücken sie damit aus? Einige Vorschläge:

  • Der Gottesdienst interessiert mich nicht besonders, ich komme wegen der Gemeinschaft.
  • In meinem Glauben ist der Alltag Teil des Gottesdienstes und soll in der Kirche vorkommen.
  • Wenn ich jetzt still bin, würde ich einschlafen. Also rede ich halt über irgendwas.
  • Meine Ehrfurcht vor dem Heiligen hat viel zu tun mit dem, was ich unter der Woche erlebe.
  • Ich halte die Stille nicht aus. Bei mir muss immer etwas laufen.
  • Warum merkt denn niemand, dass es mir heute nicht so gut geht.
  • Ein Sonntag ohne Gottesdienstbesuch ist kein Sonntag. Ist das denn nur bei mir so?
  • Was man nicht alles tut für einen Kaffee nach dem Gottesdienst.
  • ... 

Und du? Wie zeigst du (oder besser: wie lebst du) deine Ehrfurcht und den Respekt vor dem Heiligen?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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