Montag, 12. Juli 2021

Warum es den Andern immer besser geht?

Ein Zitat

Chanel an der Bahnhofstrasse Zürich
Foto © Jörg Niederer
"Man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. Und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind." Charles-Louis de Montesquieu (1689-1755)

Ein Bibelvers - Römer 12,13

"Sorgt für alle in der Gemeinde, die Not leiden, und wetteifert in der Gastfreundschaft." (Gute Nachricht Bibel)

Eine Anregung

Menschen fühlen sich immer wieder benachteiligt. Den Andern geht es scheinbar besser. Und das selbst dann, wenn es ihnen in Wirklichkeit schlechter geht. Ein schönes Beispiel findet sich im Buch "Im Fallen lernt die Feder fliegen" von Usama Al Shahmani. Dort vergleicht sich ein aus einer bekannten Familie stammende irakische Spross mit den Beduinen, die er verklärend idealisiert, ähnlich wie das auch in der Schweiz bei den Fahrenden geschah (siehe Lied "Lustig ist das Zigeunerleben"). Da sinniert er: "So sind die Beduinen. sie haben schon immer ihre Freiheit gefunden. Vielleicht in den Sternen, an denen sie sich orientieren. Auch wenn Wolken sie verdecken, glauben sie daran, dass das nicht lange andauern wird. Bei den Beduinen bewegt sich alles, nichts steht still. Auch der Sand, die Dünen wandeln sich unaufhörlich. Wie schön, wenn wir wie die Beduinen wären. Sie tragen ihre Häuser mit sich, auch im Tod sind sie frei, sie haben keine Friedhöfe, keine Kriege. Ihre Verstorbenen begraben sie, wo sie sich niedergelassen haben, danach ziehen sie weiter." (Seite 103)

Neid gegenüber den Reichen, den Gutverdienenden, das verstehe ich noch. Doch Neid gegenüber den Diskriminierten, den Flüchtlingen, den Hilfeempfangenden! Das verstehe ich nicht.

Sind vielleicht gar nicht die Andern das Problem, ob sie nun reicher oder freier oder schöner oder beliebter oder frühpensionierter oder sozialhilfeabhängiger sind?

Vieles von dieser Neidkultur würde verschwinden, wenn unsereiner sich darum bemühen würde, der grosszügigste und toleranteste Mensch zu werden. Wie wäre es, wenn wir einander in der Liebe zu überbieten versuchen. Wer der liebevollste Mensch sein will, wird vor allem auf sich selbst achten, und sich vor jedem Vergleich mit Andern hüten.

Frage: Bist du neidisch?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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